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Fremde Bilder - Stiftung Bildung und Entwicklung

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Von Heiden <strong>und</strong> Negerlein: Einführungstext<br />

de die Lehre der christlichen Trinität zu<br />

erklären scheint. Umgeben ist die Gruppe<br />

von einer exotischen Szenerie, wobei aber<br />

unklar bleibt, ob sich die Gruppe nun in<br />

Afrika, Südamerika oder Asien befindet.<br />

Der Entwurf wurde in Einsiedeln von einem<br />

Lithografen des Verlags auf den Lithographiestein<br />

übertragen, worauf einige<br />

Probeabzüge angefertigt wurden. Dieser<br />

Entwurf wurde dem K<strong>und</strong>en vorgelegt.<br />

Dieser war mit dem Bild weitgehend einverstanden,<br />

wünschte aber folgende Änderungen:<br />

1. Sollte das Kreuz des Missionars<br />

besser zur Geltung kommen, 2. sollten die<br />

Knöpfe am Gewand des Missionar anders<br />

gezeichnet werden, 3. wurde die rechte<br />

Hand der Christusfigur als „verzeichnet“<br />

kritisiert <strong>und</strong> sollte korrigiert werden <strong>und</strong><br />

4. sollten die Gesichter der beiden „Negerknaben“<br />

dunkler gemacht werden, „jedoch<br />

nicht ganz schwarz“. 14<br />

Bei der Endversion des Bildchens wurde<br />

die Aufschrift „Lasset die Kinderlein zu mir<br />

kommen!“ hinzugefügt. Auf der Rückseite<br />

wurde zudem bei einem Teil der <strong>Bilder</strong><br />

folgender Text abgedruckt: „Zum Andenken<br />

an das von Ihnen adoptierte Heidenkind,<br />

welches heute zu ……… auf den Namen<br />

……… getauft worden ist, erlaube ich mir,<br />

Ihnen dieses Bildchen mit dem Ausdrucke des<br />

innigsten Dankes zu übersenden. Lome : Togo<br />

: den 191… ……“ Offenbar war das Missionsbildchen<br />

als eine Art Dankeskarte für<br />

Leute gedacht, die dem Orden Geld für die<br />

Adoption eines Kindes in der Missionsarbeit<br />

in Togo gespendet hatten, wo die<br />

„Societas verbum divini“ seit 1892 eine<br />

Niederlassung besass.<br />

Das Bildchen war eine Massenware: Es<br />

wurde in einer Auflage von 15`000 Exemplaren<br />

gedruckt. Dieses konkrete Beispiel<br />

zeigt, wie in den Missionsbildchen<br />

<strong>Bilder</strong> der „fremden Heiden“ konstruiert<br />

14<br />

Unterlagen dazu: Archiv Museum Fram Einsiedeln,<br />

Zaa 104-780.<br />

wurden. Ihr Aussehen richtete sich nach<br />

einem bestimmten Zweck, der damit verfolgt<br />

wurde, <strong>und</strong> wurde in einem Austauschprozess<br />

ausgehandelt, an dem verschiedene<br />

Akteure beteiligt waren – durchaus<br />

auch über Landes- <strong>und</strong> Kontinentgrenzen<br />

hinweg.<br />

Drei Bemerkungen<br />

1. Um die Anliegen der Mission in der<br />

europäischen Heimat zu verbreiten, wurden<br />

bereits ab Mitte des 19. Jahrh<strong>und</strong>erts<br />

auch fotografische <strong>Bilder</strong> eingesetzt, die vor<br />

allem gegen Ende des Jahrh<strong>und</strong>erts massenhaft<br />

Verbreitung in missionarischen Zeitschriften<br />

<strong>und</strong> anderen Publikationen fanden.<br />

Das Medium der Fotografie scheint<br />

damals wie heute eine faktische, objektive<br />

Berichterstattung zu ermöglichen. Tatsächlich<br />

zeigen aber auch Fotografien immer<br />

nur einen konstruierten Ausschnitt der<br />

realen Welt. Um sie als historische Quellen<br />

sinnvoll nutzen zu können, verlangen sie<br />

nach einer umfassenden Kontextualisierung<br />

des Entstehungszusammenhangs <strong>und</strong> des<br />

Verwendungszwecks, die an dieser Stelle<br />

nicht geleistet werden kann. Auf die Ergänzung<br />

des Quellenmaterials mit historischen<br />

Fotografien aus der Mission wurde deshalb<br />

weitgehend verzichtet. 15<br />

2. Die Mehrheit des ausgewählten Quellenmaterials<br />

stammt im weiteren Sinn aus<br />

der Missions-Werbung. Die darin öffentlich<br />

dargestellten Afrika-<strong>Bilder</strong> folgen also<br />

spezifischen Interessen. Bei Missionarinnen<br />

<strong>und</strong> Missionaren, die in Afrika oft jahre-<br />

<strong>und</strong> jahrzehntelang mit der einheimischen<br />

Bevölkerung zusammenlebten, in engem<br />

Kontakt zu ihr standen <strong>und</strong> oft auch die<br />

einheimische Sprache beherrschten, ist es<br />

15 Zur Missionsfotografie siehe Kittel, Andrea: Missonsfotografie<br />

– das Ferne wird nah. In: Der ferne<br />

Nächste. <strong>Bilder</strong> der Mission – Mission der <strong>Bilder</strong><br />

1860-1920, Katalog zur Ausstellung im Landeskirchlichen<br />

Museum Ludwigsburg, 1996, S. 139-150.<br />

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