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(oder wer) ist alt? - Berliner Behindertenzeitung

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Alles vorbei?<br />

Am Anfang war für mich alles sinnlos, alles vorbei. Ich konnte mich<br />

nicht bewegen, ich wurde gefüttert wie ein Baby. Am liebsten hätte<br />

ich mich erschossen <strong>oder</strong> aufgehängt. Aber das hätte ich nicht<br />

einmal selber gekonnt, auch dabei hätte mir jemand helfen müssen.<br />

Mitleid habe ich von der ersten Stunde an gehasst. Leute, die mir am<br />

Krankenbett etwas vorheulten, habe ich nach Hause geschickt.<br />

Mein langes Leben im Rollstuhl ging durch viele Höhen und Tiefen.<br />

Bis ich mit meiner Behinderung einigermaßen zurechtkam, vergingen<br />

viele Jahre. Medizin und Technik waren logischerweise längst nicht<br />

so ausgereift wie heute, damit musste ich mich, wie viele andere,<br />

auseinander setzen. Es wäre auch eine Lüge zu behaupten, ich hätte<br />

mich mit meiner Rollstuhlsituation abgefunden. Zu oft <strong>wer</strong>de ich mit<br />

Problemen, die ein Fußgänger womöglich nicht hat, konfrontiert. Ich<br />

habe mich entschlossen, nachdem ich das Gröbste überstanden<br />

hatte, zu überleben und bewusster zu leben. Viele haben mich dazu<br />

ermutigt.<br />

Zu neuen Ufern aufbrechen<br />

Nachdem ich meiner Ehefrau und dem Wohn- und Pflegeheim in<br />

Hamburg den Rücken gekehrt hatte, begann ich in Heidelberg mit<br />

meiner Ausbildung zum Industriekaufmann. Ziemlich frustrierend<br />

waren nach dem Abschluss die Absagen auf unzählige Be<strong>wer</strong>bungen,<br />

die ich an verschiedene Betriebe schickte. Nach über neun Jahren –<br />

in dieser Zeit m<strong>alt</strong>e ich ständig und hatte viele Ausstellungen mit<br />

meinen Aquarellen – hatte ich Glück und bekam eine Anstellung in<br />

einer Spedition. Dieser Glücksfall dauerte aber nur ein knappes Jahr.<br />

Danach schickte man mich in Er<strong>wer</strong>bsunfähigkeitsrente.<br />

Meine Malerei, mein Garten und die jungen Leute, die mich auch<br />

heute noch rund um die Uhr betreuen und mir die Möglichkeit geben,<br />

autonom zu leben, lassen eigentlich keine Langeweile aufkommen.<br />

Ehrenamtliche Tätigkeiten wie in der Gemeinde im Technischen<br />

Ausschuss, die Mitarbeit bei der Erstellung der „Grünen Blätter" und<br />

die frühere Vereinstätigkeit in der „Nicaragua Solidarität" füllten<br />

einen Teil meines Lebens aus. Mit dem eigenen Auto bin ich oft mit<br />

netten Betreuern in Urlaub gefahren. Oftmals waren die Wohnorte<br />

meiner Freunde in Ungarn, ebenfalls Rollis, meine Urlaubsziele.

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