125_Philosophie, nordisch-deutsche Geistigkeit - Kosmoterik.pdf
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NEUE GEMEINSCHAFT VON PHILOSOPHEN<br />
Grundlagen der <strong>deutsche</strong>n Weltanschauung und Religion<br />
Die Juden machten um die Zeit Jesu eine nachhaltige Sinnkrise durch, neue Einflüsse<br />
machten sich breit, Althergebrachtes wurde in Frage gestellt, man suchte nach<br />
dem wahren religiösen Gesetz. Die verzweifelte Suche nach Sinn führte zu einer neuen<br />
Sehnsucht nach spirituellen Dingen, nach religiöser Wahrheit und neuen Wegen, mit<br />
Gott in Verbindung zu treten. Propheten mit apokalyptischen Ermahnungen und<br />
Schreckensrhetorik zogen durchs Land, fundamentalistische Lehren, Wundergläubigkeit<br />
und Mystizismus wucherten, religiöse Bewegungen und Kulte von verblüffender<br />
Vielfalt tauchten auf.<br />
In dieser Periode gab es kaum noch einen normativen Judaismus, sondern nur<br />
noch zahlreiche, miteinander wetteifernde religiöse Gruppierungen (siehe Neusner,<br />
Judaism in the Beginnig of Christianity, S. 29), unter denen die herodianischen<br />
Sadduzäer und die Pharisäer den Machtspielraum zu nutzen und zu bewahren versuchten,<br />
der ihnen von den Römern gewährt wurde. Neben diesen gab es damals noch die<br />
puristischen Sadduzäer, die nicht mit den Römern kollaborierten, darüber hinaus noch<br />
die Gemeinschaften der Zadokiden, der Zeloten, der Essener und der Nazarener, deren<br />
Priesterschaften mit den etablierten Sadduzäern und Pharisäern, aber auch mit den römischen<br />
Besatzern in einem ständig schwelenden Konflikt standen, welcher sich nur<br />
wenige Jahrzehnte später in einen offenen Kriegszustand zuspitzte. Vor allem die militanten<br />
Zeloten („eifrig für das Gesetz“ – griech. zelos = Eifer) machten der römischen<br />
Besatzungsmacht mit militärischen Schlägen und Terror immer wieder schwer zu<br />
schaffen. Mit der Zeit entwickelte sich die Stimmung unter den Menschen zu einer<br />
regelrechten apokalyptischen Hysterie mit unterschiedlichsten Messiaserwartungen –<br />
einige religiöse Gruppierungen erwarteten einen politischen bzw. national-religiösen<br />
Messias, andere sehnten sich zunehmend nach einem echten spirituellen Führer.<br />
Im Widerstandskampf gegen das sadduzäisch-pharisäische Establishment waren die<br />
Ambitionen innerhalb der verschiedenen aufständischen Gemeinschaften anfangs noch<br />
unterschiedlich gelagert. Während die Essener und Nazarener einen rein religiösen<br />
Kampf gegen die mosaische Gesetzesreligion und deren heuchlerische Vertreter führten,<br />
für sie aber politische Interessen zweitrangig waren, führten die Zeloten und Zadokiden<br />
einen politisch ambitionierten national-religiösen Kampf gegen die sadduzäisch-pharisäische<br />
Vasallenherrschaft und die römischen Besatzer – sie verstanden die<br />
Verwirklichung des Himmelreichs auf Erden in erster Linie politisch und versuchten<br />
Jesus als einen nationalen Messias im Sinne alter jüdischer Prophezeiungen darzustellen.<br />
Die Anhängerschaft Jesu setzte sich also aus unterschiedlichen Gruppierungen<br />
zusammen! Erst später – nach Jesu Kreuzigung – hat sich zwischen den verschiedenen<br />
revolutionären Lagern ein engeres Bündnis entwickelt.<br />
Die jüdischen Oberen hatten schon früh erkannt, welche Faszination von der idealistischen<br />
spirituellen Lehre Jesu ausging und daß die damals von einer extremen Endzeitstimmung<br />
geprägten und nach einem Messias Ausschau haltenden Menschen – Juden<br />
wie Nichtjuden – für die Lehre des Nazareners empfänglich waren. Seit Beginn der<br />
römischen Besatzung hatten die Juden zunehmend auf einen politischen Messias gehofft,<br />
der aber auch nach einer für sie unerträglich langen Zeit des Wartens unter für<br />
sie (das „auserwählte Volk Gottes“) erniedrigenden politischen Verhältnissen nicht<br />
erschienen war. Und nun tauchte da ein unbequemer religiöser Aufständischer aus Galiläa<br />
auf, der zudem nicht einmal Jude war, dem der Ruf vorauseilte, daß er der Messi-<br />
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