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Dezember - Anwaltsblatt

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MN<br />

1.6 Deckungserweiterung<br />

Eine rechtzeitige Deckungserweiterung oder zumindest<br />

Klarstellung des Deckungsumfangs erscheint daher für Anwälte,<br />

die in internationale Bereiche vordringen wollen, angebracht.<br />

Man kann zu Gunsten des Versicherungsnehmers<br />

den Deckungsumfang nach dessen Bedürfnissen gestalten.<br />

Es sei noch erwähnt, dass im Bedingungswerk der Allianz<br />

für Notare das Problem erkannt und (§ 4 Ziff. 1, 2. Hs.) wie<br />

oben von mir für richtig gehalten gelöst wurde. Es heißt<br />

dort: „Es sei denn, dass die Amtspflichtverletzung darin besteht,<br />

dass die Möglichkeit der Anwendbarkeit dieses<br />

Rechts nicht erkannt wurde“.<br />

2.Von den Ausschlüssen betroffen ist:<br />

2.1 Der Einzelanwalt<br />

Nicht nur weltweit operierende Sozietäten, auch Einzelanwälte<br />

können von Deckungslücken betroffen sein: Zwei<br />

Türken werden in Deutschland nach türkischem Recht geschieden<br />

– das zählt glücklicherweise zum eingeschlossenen<br />

europäischen Bereich. Aber für zwei in Deutschland lebende<br />

Japaner, Koreaner, Amerikaner, kann durchaus<br />

außereuropäisches IPR und Scheidungs- sowie Eherecht in<br />

Frage kommen, auch wenn der Gerichtsstand in Deutschland<br />

liegt.<br />

Vorsorge sollte dafür getroffen werden, dass wenigstens<br />

für den Anwaltsvertrag deutsches Recht angewendet wird<br />

und ein deutscher Gerichtsstand besteht. Das ist nicht unbedingt<br />

selbstverständlich bei Sachverhalten mit Auslandsbezug.<br />

Bei Verträgen mit Verbrauchern gibt es durch die komplizierte<br />

Vorschrift des Art. 29 EGBGB – von dem man<br />

noch immer nicht weiß, ob er für Anwälte gilt, aber er gilt<br />

jedenfalls für Dienstleistungen – Einschränkungen, die dahin<br />

zielen, dem Verbraucher, also dem Mandanten, den<br />

Schutz des Rechtes seines gewöhnlichen Aufenthalts nicht<br />

zu entziehen. Bei der Gerichtsstandsvereinbarung ist<br />

Art. 17 EuGVO zu beachten, der die Wahl des deutschen<br />

Gerichtsstandes – jedenfalls bei gewöhnlichem Aufenthalt<br />

von Anwalt und Mandant in Deutschland – nicht verhindert.<br />

Art. 27 EGBGB erlaubt im Übrigen die freie Rechtswahl,<br />

während Art. 28 EGBGB nur auf Umwegen zu dem<br />

erstrebten Ziel führt 5 .<br />

2.2 Rein inländische Anwaltssozietäten<br />

Rein inländische Anwaltssozietäten stehen vor dem selben<br />

Problem wie Einzelanwälte und sind durch die Rechtsprechung<br />

des II. Zivilsenats des BGH 6 mit der grundsätzlich<br />

akzessorischen Haftung beschwert. Die gesamtschuldnerische<br />

Haftung war allerdings bereits seit der BGH-Entscheidung<br />

vom 6.7.1971 7 anerkannt. Neu und noch nicht durch<br />

den für die Anwaltshaftung zuständigen IX. Zivilsenat bestätigt<br />

ist die Haftung neu eintretender Gesellschafter in eine<br />

BGB-Gesellschaft für bereits entstandene Haftpflichtansprüche<br />

in analoger Anwendung des § 130 HGB. Das Urteil des<br />

2. Zivilsenats vom 7.4.2003 8 lässt die Frage für den Bereich<br />

der Berufshaftpflicht offen, weil auch andere analoge Anknüpfungsmöglichkeiten<br />

bestehen, wobei vor allem auf § 8<br />

Abs. 2 PartGG abgestellt ist, d.h. auf die dort normierte alleinige<br />

Handelnden-Haftung bei Berufsversehen.<br />

2.3 Interprofessionellen Sozietäten<br />

In interprofessionellen Sozietäten dürfen nach § 59a<br />

BRAO Patentanwälte, Steuerberater, Steuerbevollmächtigte,<br />

AnwBl 12 /2005<br />

Aufsätze<br />

Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer mit Rechtsanwälten<br />

zusammenarbeiten.<br />

2.3.1 Haftung<br />

Bis zu den Entscheidungen des BGH zur relativen<br />

Rechtsfähigkeit der BGB-Gesellschaft hatte sich die Rechtsprechung<br />

bei interprofessionellen Sozietäten damit beholfen,<br />

dass der Anwaltsvertrag als nur mit denjenigen Mitgliedern<br />

der Sozietät abgeschlossen galt, die rechtlich in<br />

der Lage und befugt waren, den Vertrag durchzuführen9 .In<br />

dem Vertrag über eine zivilrechtliche Rechtsberatung ohne<br />

steuerrechtliche Aspekte waren die assoziierten Steuerberater<br />

also gar nicht Vertragspartner. Mit der Rechtsprechung<br />

des II. Zivilsenats hat sich dies geändert. Vertragspartner ist<br />

jetzt die Sozietät. Die vertragsrechtliche Haftung der Sozien<br />

ist durch eine analog zu den §§ 128 ff HGB gebildete<br />

gesetzliche Haftung abgelöst worden. Die Frage, ob die<br />

nicht zur Beratung befugten interprofessionellen Sozien<br />

jetzt akzessorisch mithaften oder nicht, ist offen. Canaris<br />

hält in seinem Plädoyer „Die Übertragung des Regelungsmodells<br />

der §§ 125–130 HGB auf die Gesellschaft bürgerlichen<br />

Rechts als unzulässige Rechtsfortbildung contra legem“<br />

10 eine substanzielle, d.h. materiell begründende<br />

Ausweitung der Akzessorietät auf neue Tatbestände nicht<br />

für zulässig. Auch Beuthien11 erkennt, dass die Akzessorietät<br />

an und für sich keinen selbstständigen Haftungsgrund<br />

bildet. Der Sozius einer interprofessionellen Sozietät nach<br />

bürgerlichem Recht befindet sich auf schwankendem Boden<br />

und tut gut daran, eine Haftungskonzentration auf die namentlich<br />

zu benennenden Berufsträger, die das Mandat ausführen<br />

sollen, zu vereinbaren. Wie schon angesprochen, unterscheiden<br />

sich die besonderen Bedingungen für<br />

Rechtsanwälte von denen für Steuerberater und denen für<br />

Wirtschaftsprüfer in einigen Punkten. Dazu gehört z. B. der<br />

nur für Anwälte bestehende Schutz für Auszahlungsfehler<br />

bei Anderkonten. Dazu gehören aber auch viele Bereiche<br />

der Auslandsdeckung12 .<br />

2.3.2 Deckungsschutz<br />

Für den Deckungsschutz kann maßgeblich sein, ob eine<br />

Inanspruchnahme als Gesamtschuldner erfolgt. Der Versicherer<br />

ist dann zumindest zur Abwehr verpflichtet. Die<br />

davon unabhängige Durchschnittsleistung im Versicherungsfall<br />

bezieht sich nach den AVB – jedenfalls denen der<br />

Allianz – nur auf Berufsangehörige. Das ergibt sich aus<br />

der Verweisung des § 12 AVB auf § 1 III AVB, wo Sozien<br />

im Sinne dieser Bedingungen als Berufsangehörige, die ihren<br />

Beruf nach außen hin gemeinschaftlich ausüben, definiert<br />

werden. Berufsangehörige sind aber nur entweder<br />

deutsche Rechtsanwälte oder Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer.<br />

Eine Zugunsten-Versicherung der am Verstoß<br />

nicht beteiligten Sozien außerhalb der betroffenen Berufsgruppe<br />

gibt es nicht. Das bedeutet: Bei einer Inanspruchnahme<br />

wird Deckung nur nach der jeweiligen Einzelpolice<br />

gewährt. Folglich bedarf es einer Interpretation, nach welcher<br />

Police Deckung zu gewähren ist. Die Allianz hat dies<br />

5 Vgl. hierzu eingehend Lindner, AnwBl 2003, 227 ff.<br />

6 NJW 2001, 1056.<br />

7 NJW 1971, 1801.<br />

8 NJW 2003, 1803.<br />

9 BGH NJW 2000, 1333.<br />

10 ZGR 2004, 69 ff.<br />

11 NJW 2005, 855.<br />

12 S. u. 2.5.

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