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Dezember - Anwaltsblatt

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748<br />

MN KOMMENTA R<br />

Mit Rat und vor<br />

allem mit Tat –<br />

weil es nötig ist<br />

Rechtsanwalt Micha Guttmann, Köln, Vorsitzender<br />

des Kuratoriums der DAV Stiftung<br />

contra Rechtsextremismus und Gewalt.<br />

Sie sind nicht im Bundestag und<br />

sie haben keine Chancen, Einfluss auf<br />

wichtige politische Entscheidungen zu<br />

nehmen. Die Rechtsextremisten gehören<br />

zu den eindeutigen Verlierern der<br />

Bundestagswahl. Dies ist ein gutes Ergebnis,<br />

das in der Analyse der Experten<br />

und der Kommentatoren in den<br />

Medien viel zu kurz kam.<br />

Doch beruhigen darf uns dieses Ergebnis<br />

nicht. Denn in einigen Landesparlamenten<br />

und einer Reihe von<br />

Kommunen sind sie weiter vertreten.<br />

Auch wenn sie ihren öffentlichen Auftritt<br />

verändert haben und heute nicht<br />

mehr in Springerstiefeln, sondern mit<br />

Anzug und Krawatte auftreten, bleibt<br />

doch, dass Programm und Personen<br />

des gesamten rechtsextremen Spektrums<br />

unserem demokratischen und<br />

auf Toleranz beruhenden Staats- und<br />

Gesellschaftsverständnis diametral entgegen<br />

stehen. Und ihre menschenverachtenden<br />

Thesen haben immer noch<br />

Erfolg – mehr als wir ahnen und aus<br />

den Medien erfahren.<br />

Die Meldungen stehen zwar nur<br />

noch selten auf der ersten Seite der Tageszeitungen.<br />

Und in den Fernseh-<br />

Gegen Rechtsextremismus<br />

und Gewalt – Anwälte<br />

engagieren sich<br />

Nachrichtensendungen erscheinen sie<br />

überhaupt nicht mehr. Doch die gewalttätigen<br />

Übergriffe sind nicht weniger<br />

geworden und die Vorfälle gehören<br />

heute schon fast zum Alltag, so dass<br />

wir sie so richtig kaum noch zur<br />

Kenntnis nehmen: Mit der Frage „Was<br />

willst Du Neger hier?“, schlagen nach<br />

einem Diskothekenbesuch sechs junge<br />

Männer einen Sudanesen zusammen<br />

und verletzen ihn schwer. Mehrere Jugendliche<br />

bespucken in der Bahn einen<br />

Mann aus Angola, greifen ihn tätlich<br />

an und verletzen ihn am Kopf und<br />

am Brustkorb. Und eine junge Studentin<br />

– Deutsche, Tochter eines äthiopischen<br />

Vaters und einer deutschen<br />

Mutter – wird zum zweiten Mal wegen<br />

ihrer Hautfarbe Opfer brutaler Gewalt,<br />

als sie mit ihrer Mutter in der<br />

Berliner S-Bahn fährt. „Du Scheißausländer“<br />

hört sie noch, dann trifft sie<br />

eine 1,5 Literflasche am Kopf. „Die<br />

Erfahrung, ganz allein zu sein, ist am<br />

schlimmsten“, sagt die junge Frau<br />

nach der brutalen Tat.<br />

Menschenverachtende Vorfälle dieser<br />

Art können und dürfen Anwälte<br />

nicht abseits stehen lassen, gerade<br />

weil sie sich als Teil der dritten Gewalt<br />

verstehen, deren Aufgabe es ist, hier<br />

lebenden Menschen Schutz vor Willkür<br />

und Gewalt zu garantieren. Hier<br />

wollen, hier müssen wir helfen. Der<br />

Deutsche Anwaltverein hat deshalb<br />

die „DAV Stiftung contra Rechtsextremismus<br />

und Gewalt“ gegründet. Sie<br />

hilft den Opfern, anwaltlichen Rat zu<br />

bekommen. Die Stiftung legt großen<br />

Wert darauf, dass die Gewaltopfer einen<br />

Anwalt ihres Vertrauens wählen<br />

können. Wer weiß es besser als An-<br />

AnwBl 12/2005<br />

wälte, dass Menschen, die Opfer von<br />

Gewalt wurden, Vertrauenspersonen<br />

dringend benötigen. Gerade weil die<br />

Betroffenen sich oft kaum artikulieren<br />

können und auch keine Erfahrungen<br />

mit unserem Justizsystem haben, ist es<br />

wichtig, dass Anwälte beraten und Nebenklagen<br />

vertreten – und letztlich<br />

auch zivilrechtliche Ansprüche geltend<br />

machen. Vor allem aber: Die Anwaltschaft<br />

sorgt mit der Stiftung dafür,<br />

dass die Opfer schnell und ohne bürokratische<br />

Hürden den notwendigen<br />

Rechtsbeistand erhalten können.<br />

Die Stiftung trägt die Kosten, wenn<br />

es keine gesetzliche Kostenübernahme<br />

gibt. Ein Kuratorium überprüft die Vorgänge.<br />

Der DAV hat der Stiftung einen<br />

Grundbetrag von 51.000 E zur Verfügung<br />

gestellt. Doch die Erträge reichen<br />

für die zahlreichen Anfragen<br />

nicht aus. Die Stiftung ist auf Spenden<br />

und Zahlungen aus Auflagen angewiesen.<br />

So können auch die Gerichte über<br />

§ 153 a Strafprozessordnung die Not<br />

der Opfer extremistischer Gewalt lindern.<br />

Wir würden es begrüßen, wenn<br />

die Gerichte hiervon verstärkt Gebrauch<br />

machen.<br />

Doch die Stiftung ist mehr als nur<br />

ein juristisches Konstrukt, das Gelder<br />

verwaltet und finanzielle Hilfen zur<br />

Verfügung stellt. Die DAV Stiftung ist<br />

Beweis dafür, dass Anwälte sich für<br />

eine wehrhafte Gesellschaft engagieren,<br />

die nicht dulden wird, dass rechtsextremistische<br />

Gewalttaten für uns<br />

zum Alltag gehören. Die im Deutschen<br />

Anwaltverein organisierten Anwälte<br />

wollen daher bewusst nicht wegschauen<br />

und die Opfer mit sich allein<br />

lassen: Sie wollen vielmehr, dass in<br />

Deutschland lebende Menschen wissen,<br />

dass Anwälte in vorderster Linie<br />

stehen, wenn es darum geht, sich in<br />

unserer Gesellschaft öffentlich und aktiv<br />

für Toleranz und gegen Gewalt zu<br />

engagieren.<br />

Setzen auch Sie ein Zeichen<br />

Das Engagement der gemeinnützigen<br />

„DAV Stiftung contra Rechtsextremismus<br />

und Gewalt“ können<br />

Sie mit Ihrer Spende unterstützen:<br />

Dresdner Bank Bonn,<br />

Konto-Nr. 2 078 296 01,<br />

BLZ 370 800 40.

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