Dezember - Anwaltsblatt
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AnwBl 12/2005 735<br />
Aufsätze MN<br />
durch besondere Vereinbarungen (HV 929/17) gelöst. Geregelt<br />
ist, welchem der Sozien unterschiedlicher Profession<br />
der Versicherungsfall zugerechnet wird, und für den Fall,<br />
dass mehrere Sozien mit unterschiedlichen Bedingungen<br />
betroffen sind, wird eine an § 12 AVB angelehnte Durchschnittsleistung<br />
anvisiert. Ein Sozius mit Mehrfachqualifikationen<br />
erhält Deckung nach dem Bedingungswerk, nach<br />
dem der Versicherungsfall gedeckt ist.<br />
Hat ein Versicherer die gesamte Sozietät einheitlich<br />
nach dem selben Regelwerk versichert, so ist evident, dass<br />
der Versicherungsschutz angesichts der unterschiedlichen<br />
Vorgaben für die einzelnen Berufsträger von der jeweiligen<br />
Pflichtversicherung abweichen muss. Die Versicherung<br />
muss sich dann einheitlich nach den strengsten Bedingungen<br />
richten und darf nur die geringst möglichen Ausschlüsse<br />
vorsehen. Der Summe nach muss die Mindestversicherungssumme<br />
des Berufsträgers mit der höchsten<br />
Mindestpflichtversicherungssumme erreicht werden. Es ist<br />
aber genau so möglich, eine Sozietät nach Maßgabe des für<br />
die einzelnen Sozien unterschiedlicher Berufsgruppen jeweils<br />
notwendigen Mindestversicherungsschutzes zu versichern.<br />
2.4 Internationale Sozietäten<br />
Internationale Sozietäten haben notwendigerweise mit<br />
dem Recht verschiedener Staaten zu tun. Zu beachten ist,<br />
dass hier immer der Ausschluss des 2.1 a BBR-RA gilt,<br />
nach der Standarddeckung also die Tätigkeit über in anderen<br />
Staaten auch in europäischen – eingerichtete oder unterhaltene<br />
Kanzleien oder Büros nicht versichert ist.<br />
2.4.1 Der deutsche Anwalt, der in einer Salzburger Sozietät<br />
auftritt und von dort aus berät – auch wenn es im deutschen<br />
Recht ist -, hat nach der Standardpolice keinen Deckungsschutz.<br />
Sehr fraglich ist, ob er ihn über die Kanzlei<br />
der Salzburger Kollegen hat. Das wäre von dort aus zu prüfen<br />
und sollte möglichst vor Übernahme einer Beratung geschehen.<br />
Solange er als deutscher Anwalt im Ausland auftritt,<br />
muss er seine deutsche Pflichtversicherung nach § 51<br />
BRAO aufrecht erhalten, weil er ansonsten seine Zulassung<br />
als Anwalt verliert. Das gilt auch, wenn er seine Beratungstätigkeit<br />
grundsätzlich nur von seiner ausländischen Kanzlei<br />
aus ausübt. Diese gewährt ihm jedoch für die oben erwähnte<br />
Tätigkeit vom Salzburger Büro aus keine Deckung.<br />
2.4.2 Ob der deutsche Versicherer ihm nach Salzburg<br />
oder sonst ins Ausland folgen und ihn also gegen die dortigen<br />
Haftpflichtgefahren für Vermögensschäden versichern<br />
kann, hängt einmal davon ab, ob das betreffende Land die<br />
Tätigkeit ausländischer Versicherer für diese Versicherungssparte<br />
überhaupt zulässt und zum anderen davon, ob sein<br />
Versicherer in diesem Land für die entsprechende Sparte<br />
eine Zulassung hat. In Ländern, in denen ausländische Versicherer<br />
nicht zugelassen sind – sog. Non-Admitted-Länder<br />
– muss für Versicherungsschutz vor Ort gesorgt werden.<br />
Im Bereich der EU scheint es kein Problem zu sein, für<br />
die Berufshaftpflichtversicherung im Ausland zugelassen<br />
zu werden. Die Versicherung „vor Ort“ kann aber schon<br />
deshalb praktikabel sein, weil der dortige Versicherer im<br />
Haftungsfall mit dem Recht seines Landes besser umgehen<br />
kann.<br />
Mit unterschiedlichen Bedingungen muss dann freilich<br />
gerechnet werden. Ein ausländischer Anwalt, der sich in<br />
Deutschland niederlässt, und der nach §§ 206f., 51 BRAO<br />
Deckungsschutz haben muss, ist deshalb gem. § 7 EuRAG<br />
gehalten nachzuweisen, dass seine Versicherung der in § 51<br />
BRAO Beschriebenen gleichwertig ist. Sofern es daran<br />
fehlt, muss er eine DIC-Zusatzversicherung abschließen<br />
(Difference-In-Conditions). Der deutsche Rechtsanwalt mit<br />
ausländischer Niederlassung kommt damit nur aus, wenn er<br />
seine Standardpolice auf die Tätigkeit vom ausländischen<br />
Standort aus erweitert hat. Das Problem, dass bisher die<br />
DIC-Policen, soviel ich weiß, bei den Zulassungsbehörde<br />
noch nicht allgemein anerkannt sind und dass auch noch<br />
keine auf dem Markt sind, ist ein anderes.<br />
2.4.3 Von der Deckung unterschieden werden muss die<br />
Frage der Haftung der internationalen Sozietät. Hier ist so<br />
gut wie alles ungeklärt. Viel kommt auf die Gesellschaftsform<br />
an, die aber meist nicht aus Haftungsgründen gewählt<br />
wird, sondern aus ganz anderen Erwägungen, wie der steuerlich<br />
günstigsten Art für Pensionsrückstellungen13 . Sogar<br />
in Deutschland gibt es Gesellschaftsformen mit gesetzlicher<br />
Haftungsbeschränkung, nämlich die Partnerschaftsgesellschaft.<br />
Sie hat sich aber trotz ihrer Vorzüge, insbesondere<br />
der haftungsrechtlichen Privilegierung und Haftungsbeschränkung<br />
auf den handelnden Anwalt, immer noch<br />
nicht durchgesetzt. Für Haftung nach allen Seiten offen ist<br />
die Gesellschaft bürgerlichen Rechts, in der fast immer<br />
noch fast alle Anwälte in Deutschland organisiert sind. Bei<br />
internationalen Sozietäten ohne gesetzliche Haftungsbeschränkung<br />
muss ebenso mit voller gesamtschuldnerischer<br />
Haftung gerechnet werden.<br />
Die Wahl einer Gesellschaftsform mit gesetzlichen Haftungsbeschränkungen<br />
ist jedoch im Ausland verbreiteter als<br />
bei uns. Ob gesellschaftsrechtlich eine Handelnden-Haftung<br />
und gleichzeitig eine Haftungsprivilegierung für die übrigen<br />
Gesellschafter besteht, hängt jedoch vom jeweils geltenden<br />
Recht ab. Selbst in den USA sind einzelne Bundesländer<br />
in der Ausgestaltung der Rechte und Pflichten<br />
unterschiedlich. Eine LLC (Limited Liability Company)<br />
und eine LLP (Limited Liability Partnership) führt nicht in<br />
jedem Bundesstaat zu dem selben Haftungsregime14 . Der<br />
Modelcode in den USA für alle freien Berufe geht jedoch<br />
von der Unverzichtbarkeit der persönlichen Haftung des<br />
Anwalts für seine eigenen Fehler aus.<br />
Für die einzelnen europäischen Länder kann ich diese<br />
Frage hier nicht vertiefen. Deckung besteht, sofern die internationalen<br />
Teile der internationalen Sozietät auf Grund<br />
der Vereinbarung mit gedeckt sind, für die Beratung im Bereich<br />
Europas und für die Tätigkeit vor den Gerichten Europas,<br />
für weitere Beratungstätigkeit nur auf Grund besonderer<br />
Vereinbarung.<br />
Für außereuropäische Länder sind besondere Einschlüsse<br />
notwendig, wenn Deckung bestehen soll: Für die<br />
Beratung von dortigen Kanzleien aus ebenso wie für die<br />
Beratung in außereuropäischem Recht und für das Auftreten<br />
vor einem Gericht oder einer Behörde außerhalb Europas.<br />
Versicherer prüfen dabei in der Regel auch das subjektive<br />
Risiko ihrer Versicherungsnehmer.<br />
2.5 Internationale interprofessionelle Sozietäten<br />
Internationale interprofessionelle Sozietäten sind nicht<br />
überall erlaubt. In Amerika wurde zwar diskutiert, ob man<br />
sie zulassen sollte15 . Seit dem Arthur Anderson Skandal<br />
sind sie jedoch durch die Sarbanes Oxley Gesetze ausdrücklich<br />
verboten worden. Fast könnte man sagen: glück-<br />
13 Henssler, AnwBl 2002, 557, 564.<br />
14 Vgl. Henssler, AnwBl 2002, 557 ff., 564.<br />
15 Henssler, AnwBl 2002, 565.