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EINDRUCK DER KATASTROPHE AUF DAS JÜDISCHE VOLK 100<br />

Es ist uns heute nicht möglich,'zu überprüfen, inwieweit<br />

alle Einzelheiten der Berichte von Zeugen und Opfern dieser<br />

grauenerregenden V<strong>org</strong>änge der traurigen Wahrheit entsprechen.<br />

Aber wenn auch nur der zehnte Teil Wahrheit wäre, er wäre<br />

schon Grund genug für schreckliche Anklage.<br />

Dem Walten der geschichtlichen Gerechtigkeit verdankt Polen<br />

seine Auferstehung. Ist das die geziemende Feier für das<br />

Geburtsfest der Freiheit? Mehr als ein Jahrhundert bangte die<br />

Seele Polens dem Augenblick entgegen, in dem sie zu eigenem<br />

staatlichen Leben, zu schöpferischer Arbeit aller erwachen würde.<br />

Der Tag der Freiheit sollte die Vereinigung aller produktiven<br />

Kräfte bringen, um zu schaffen und zu bauen, nicht um zu zerstören<br />

und zu vernichten. Wir harrten des Tages, an dem eine<br />

Jahrhunderte alte, von Russland geknechtete Kultur zu neuem<br />

Leben wiedererstehen wiręl. Anstatt dessen feiert aus Russland<br />

verpflanzte Barbarei ihre furchtbaren Orgien. Als die ersten<br />

schmerzlichen Nachrichten über Gewalttaten gegen Juden eintrafen,<br />

nahmen wir an, das sei die Frucht der alten zaristischen<br />

Saat des Hasses, die Regierung werde das Unkraut ungesäumt<br />

ausjäten. Es gibt ja doch schon eine polnische Regierung! Unterdessen<br />

kam Chrzanów, es kamen Brzesko, Krosno, Baranów,<br />

Kielce, Groziska, Dubiecko, Jarosław, Przemyśl. Wir riefen nach<br />

sofortiger zielbewusster Abwehr. Vergebens! Es kam Lemberg,<br />

der Gipfelpunkt in der Reihe jener Orte von heute so blutigem<br />

Klange.<br />

Jetzt dürfen wir nicht schweigen. Nicht durch nacktes Ableugnen<br />

der Tatsachen, dem niemand in der Welt glauben wird,<br />

wird das Schreckliche gutgemacht, und auch nicht durch Versuche,<br />

die ungeheuerlichen Geschehnisse durch angebliche Ausschreitungen<br />

einzelner Juden zu rechtfertigen. Denn wenn für<br />

angebliche Taten eines Einzelnen die unschuldige Masse der<br />

Judenschaft zu blutiger Busse herangezogen werden dürfte, dann<br />

müsste mit gleichem Recht das ganze polnische Volk die Schandtaten<br />

verantworten, welche bewaffnete und unbewaffnete Horden,<br />

unwürdig des Namens Polen — und doch Polen, verübt<br />

haben.<br />

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