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23 DIE VORBOTEN DER POGROME
Alle Bitten und Proteste der jüdischen Vorsteher wurden
mit kalter Grausamkeit ignoriert. Alle wussten, dass die jüdische
Bevölkernng wehrlos dastand, alle wussten auch, zu welchem
Zwecke sie wehrlos gemacht worden war. Die Entwaffnung der
jüdischen Selbstwehr war in den meisten Fällen eine stumme,
aber nicht misszuverstehende Aufforderung zu Pogromen.
Die Verratslegende.
Um für Pogrome und Erpressungen einen plausiblen Vorwand
zu haben, wurde polnisclierseits mit provokatorischer
Absicht das Gerücht in Umlauf gesetzt, die Juden hätten
im polnisch-ukrainischen Kampfe die von ihnen proklamierte
Neutralität gebrochen und wären gegen die Polen verräterisch
vorgegangen. Die Verratslegende der russischen Befehlshaber auf
dem östlichen Kriegsschauplatz und die Franktireur-Legende der
deutschen Befehlshaber in Belgien feierten ihr Wiederauferstehen
in dem wahnwitzigen polnisch-ukrainischen Kleinkrieg.
Das Märchen vom jüdischen Neutralitätsbruch, das, wie im
Abschnitt über Lemberg nachgewiesen wird, von offiziellen polnischen
Dokumenten Lügen gestraft wird, hat in der Lemberger
Katastrophe eine verhängnisvolle Rolle gespielt. In Przemyśl,
wo die polnischen Legionäre am 11. und 12. November die
Wiedereroberung der Stadt mit einem Judenpogrom gefeiert hatten
(siehe unten), wurde die jüdische Bevölkerung am 17. November
durch nachstehenden durch Maueranschlag bekannt
gemachten Ukas in Todesangst versetzt:
„AUFRUF
an die Bevölkerung Przemysls mosaischer Konfession.
Angesichts der notorischen Tatsache, dass die Juden im Kampfe um
die Eroberung von Przemyśl trotz versicherter Neutralität an der Seite der
Ukrainer massenhaft Anteil genommen und auf die stürmenden polnischen
Abteilungen geschossen haben, fordere ich die jüdische Gemeinde auf, im
Kreiskommando der polnischen Truppen in Przemyśl eine Kaution im Be
trage von 3 Millionen Kronen zu erlegen.
Obige Kaution verfällt im Falle schwerer Ausschreitungen der Bevölhttp://rcin.org.pl