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(66 LEiWBERG
ihnen die Lust vergehe, sich als Faktor im Lande aufzuspielen.
Der polnische Kleinbürger und der polnische Soldat dachten^
ihrer primitiven Veranlagung gemäss, den Gedanken zu Ende:
Man muss die Juden totschlagen und sie berauben, denn die
Juden sind ja — die polnische öffentliche Meinung, die polnischen
Führer, die polnischen Offiziere haben es hundertmal gesagt
— an allem schuld.
Das waren die politischen und seelischen Voraussetzungen
des Lemberger Judenpogroms. Die Zahl der Opfer wird wohl
niemals genau festgestellt werden können, denn die meisten
Leichen befinden sich noch unter den Trümmern der verbrannten
Häuserzeilen. Im allgemeinen schwanken die von vorsichtigen
Schätzern angegebenen Zahlen zwischen 2 500 und 3 000.* Der
materielle Schaden beläuft sich auf viele Millionen und steigert
sich täglich, weil die Plünderungen bis heute noch nicht aufgehört
haben.
Als ich Mittwoch den 27. d. früh Lemberg verliess, brannten
in der Judenstadt noch viele Häuser und man hörte häufig
Gewehrschüsse. Viele Mitreisende erzählten, dass im Laufe des
Dienstag und in der Nacht von Dienstag auf Mittwoch weitere
Raubanfälle vorgekommen sind. Ein Verwandter, der Donnerstag
um die Mittagszeit von Lemberg abreiste und heute vormittag
in Wien eintraf, berichtete mir, dass auch am Mittwoch
und in der Nacht von Mittwoch auf Donnerstag Plünderungen
stattgefunden haben. Die Verhängung des Standrechtes und die
Verfolgung der Räuber führte zu keinem vollständigen Erfolge,
denn die polnischen Truppen sind gerade in der Durchführung
von Massnahmen zugunsten der Juden unverlässlich. In der
Leitung der polnischen Streitkräfte in Lemberg herrscht Uneinigkeit.
Der Kommandant der operierenden Streitkräfte, Brigadier
Roja, befahl, um ein Beispiel anzuführen, die internierten
jüdischen Milizsoldaten freizulassen. Der Stadtkommandant Maczynski,
ein Allpole, weigert sich, diesen Befehl durchzuführen.
Insgesamt sind bis gestern 1 700 Personen wegen Raubes und
Plünderung verhaftet worden ; darunter nach polnischen Angaben
60 Proz. Ukrainer und über 10 Prozent Juden. Charakteristisch
• Diese Zahl ist zu hoch gegriffen.
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