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91 DIE STELL UNO DER POLNISCHEN OESELLSCHAFT<br />
tergegangen. Wir verzeichnen auch die zu unserer Kenntnis<br />
gelangten polnischen Proteststimmen.<br />
Dr. L. Ritter von ßilinski,<br />
der frühere Finanzminister und Obmann des Potenklubs im<br />
österreichischen Reichsrat, einer der angesehensten und klügsten<br />
Führer der Polen Galiziens, äusserte sich vor einem Redakteur<br />
der „Neuen Freien Presse":<br />
„Ich kann die in manchen Orten Galiziens und insbesondere<br />
in Lemberg in so ausgedehntem Masse v<strong>org</strong>ekommenen Ausschreitungen<br />
gegen die jüdische Bevölkerung nur auf das tiefste beklagen.<br />
Einerseits müssen derartige Bedrängungen ganzer Menschengruppen<br />
vom Standpunkt der Menschlichkeit und der christlichen<br />
Religion verurteilt werden. Andererseits aber geben sie den politischen<br />
und nationalen Gegnern des polnischen Volkes eine<br />
mächtige Handhabe, um dasselbe vor den Völkern der gpsitteten<br />
Welt und gegenwärtig in erster Linie vor den Ententemächten<br />
als einen Feind der Zivilisation hinzustellen.<br />
„Ich bin überzeugt, dass, so sehr die gewaltsame Überrumpelung<br />
Lembergs durch die ükrainer die Chancen dieser letzteren<br />
vor der Friedenskonferenz verschlechtert hatte, in einem noch<br />
viel höheren Masse die Ausschreitungen in Lemberg vorn 22. und<br />
23. d. J. die Lage der polnischen Vertreter auf der Konferenz<br />
bei der Behandlung der ostgalizischen Frage erschweren werden."<br />
(„Neue Freie Presse", 28. Nov.)<br />
Im vollsten Gegensatz zum obenzitierten Aufruf des Lemberger<br />
Arbeiterrates der Polnischen Sozialistischen Partei* erklärte<br />
ein Vertreter dieser Partei auf der Sitzung des Lemberger<br />
Gemeinderates vom 27. November,<br />
Olanski:<br />
„Die Freude über die Befreiung Lembergs verdunkeln die<br />
Erscheinungen, die in den letzten Tagen sich ereignet haben<br />
Als Sozialdemokraten haben wir die Pflicht, im Namen der geschändeten<br />
Menschheit, im Namen der elementaren Grundsätze<br />
menschlicher Kultur und im Interesse der hohen Volksideale<br />
gegen diese Ereignisse, die in der Geschichte unserer alten Stadt<br />
noch nicht dagewesen sind, Stellung zu nehmen.<br />
Als Sozialdemokraten haben wir die Pflicht, den Opfern<br />
unser tiefes Mitgefühl auszusprechen und unserer Empörung<br />
* Siehe Seite 75.<br />
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