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Das Sonderthema - Stadt Kehl

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l’Emploi. Weder die Sprache, noch das System<br />

zu kennen, nicht wirklich zu wissen, worauf<br />

sie sich einlassen, mit administrativen<br />

Problemen konfrontiert zu sein, wie zum Beispiel<br />

dem, dass man ein Konto bei einer deutschen<br />

Bank benötigt – „das war alles nicht so<br />

einfach“. Doch das Versprechen, dass sie bei<br />

der BAG nicht nur eine Ausbildung machen<br />

können, sondern, wenn sie diese mit guten Ergebnissen<br />

abschließen, auch Aussicht auf einen<br />

unbefristeten Arbeitsvertrag haben, hat<br />

die Jungs im Projekt REVE wirklich träumen<br />

lassen. „Für uns ist das eine große Chance“,<br />

sind sich Kévin und Amine einig. Wenn alles<br />

gut läuft, könnte im September eine weitere<br />

Gruppe von französischen Jugendlichen<br />

ein Einstiegsqualifizierungspraktikum nach<br />

gleichem Muster beginnen – Vincent Horvat<br />

und Bernd Wiegele arbeiten daran. Auf jeden<br />

Fall wird jede Phase, welche die sechs Jungs<br />

durchlaufen, genau evaluiert. „Vielleicht<br />

kann man das als Modell weitertragen“, hofft<br />

Bernd Wiegele, vielleicht kann es ein Modell<br />

für andere Betriebe, ja für den gesamten<br />

Oberrhein werden.<br />

Ein Jahr intensiver Vorbereitung hat es bedurft,<br />

bis die erste Gruppe starten konnte.<br />

Erfahrungen, die zeigen, wie viele Hürden<br />

zu überwinden sind, bis französische Jugendliche<br />

eine Ausbildung in Deutschland<br />

beginnen können. 23 Prozent arbeitslose<br />

Jugendliche im Elsass, Betriebe, die keine<br />

oder nicht genügend Auszubildende finden<br />

in Baden – warum die Gleichung nicht aufgeht,<br />

liegt für Jean-Claude Haller von der<br />

Straßburger Industrie- und Handelskammer<br />

auf der Hand: Für elsässische Jugendliche ist<br />

Deutschland „Volksmusik, dm, Bierfest, <strong>Kehl</strong><br />

und vielleicht noch Offenburg“, sagt er beim<br />

Eurodistrikt-Forum über Zweisprachigkeit<br />

und berufliche Ausbildung am 5. November.<br />

Wer elsässische Jugendliche für eine Ausbildung<br />

auf der deutschen Rheinseite gewinnen<br />

wolle, müsse die Eltern sensibilisieren – deren<br />

Deutschland-Bild sei jedoch in den 1970erund<br />

1980er-Jahren verhaftet. Den elsässischen<br />

Grenzgänger sähen sie immer noch als<br />

Fließband- oder Hilfsarbeiter. Die Eltern sagten<br />

sich: „Wenn mein Junger nach Deutschland<br />

geht, hat er zwar einen Job aber keine<br />

Aufstiegschancen.“<br />

„Eigentlich müsste es einen kulturellen Vorspann<br />

geben“, findet auch Bernd Wiegele,<br />

eine Möglichkeit für die Jugendlichen, mehr<br />

über Deutschland und die Gepflogenheiten<br />

auf der anderen Rheinseite zu erfahren. Auch<br />

für ihn ist manche Erfahrung neu: „Die Jungs<br />

stehen auf, wenn der Chef reinkommt“, hat<br />

er festgestellt, und wundern sich, wenn er an<br />

der Werkbank „einfach so“ mit ihnen spricht.<br />

Dazu kommt, dass die betriebliche Ausbildung,<br />

der Lehrberuf im Allgemeinen, in Frankreich<br />

ein schlechtes Ansehen genießt, was selbst elsässische<br />

Politiker wie Regionalrats präsident<br />

Philippe Richert bedauern. Michaël Schmidt,<br />

Straßburger Gemeinderat zuständig für grenzüberschreitende<br />

Zusammenarbeit, berichtet<br />

von Inhabern florierender Handwerksbetriebe<br />

im Elsass, die trotz hoher Arbeitslosigkeit im<br />

eigenen Land keinen Nachfolger finden. „Die<br />

Jungen lassen sich lieber von einem Wachdienst<br />

anstellen, als eine Ausbildung in einem<br />

Beruf zu beginnen, bei der sie sich die Hände<br />

schmutzig machen.“<br />

Über viele Jahre hinweg hat sich die französische<br />

Regierung bemüht, möglichst<br />

viele Schülerinnen<br />

und<br />

Schüler bis zum<br />

Abitur (auch zum<br />

berufsbezogenen)<br />

zu führen. Inzwischen<br />

schließen 80<br />

Prozent jedes Jahrgangs<br />

ihre schulische<br />

Ausbildung<br />

mit der Reifeprüfung<br />

ab – bevorzugen<br />

die „formation<br />

d’excellence“ gegenüber<br />

einer klassischen<br />

Lehre. Nur 25 Prozent<br />

der elsässischen Jugendlichen<br />

lassen sich<br />

noch für Lehrberufe<br />

begeistern.<br />

Mahmut und Dejvid gehören zu<br />

den sechs Straßburger Jugendlichen,<br />

die über das Projekt<br />

REVE zu den BAG kamen. Den<br />

Deutschkurs für die jungen Männer<br />

finanziert die Région Alsace.<br />

Die wichtigsten Werkzeuge<br />

haben die Ausbilder fotografiert<br />

und mit ihren deutschen Namen<br />

an die Pinnwand geheftet.<br />

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