Das Sonderthema - Stadt Kehl
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oder Zollkontrolle im Nachbarland, dass er<br />
seinen Führerschein oder Ausweis vergessen<br />
hat, so muss er normalerweise mit eingehenden<br />
Überprüfungen rechnen. Der Polizist vor<br />
Ort muss erst den richtigen Ansprechpartner<br />
im Herkunftsland finden und das kann im<br />
Zweifelsfall mehrere Stunden dauern. Nicht<br />
so an der deutsch-französischen Grenze<br />
entlang des Rheins: Mit einem einzigen Anruf<br />
kann ein französischer Polizist zu jeder<br />
Tages- und Nachtzeit innerhalb<br />
von ein paar Minuten<br />
herausfinden, ob zu einem<br />
kontrollierten deutschen<br />
Bürger polizeiliche Erkenntnisse<br />
vorliegen und ob er im<br />
Besitz einer gültigen Fahrerlaubnis<br />
ist – dank des gemeinsamen<br />
Zentrums in <strong>Kehl</strong>.<br />
<strong>Das</strong> GZ hat sich im Laufe<br />
der Zeit als „notwendiges<br />
Element“ durchgesetzt, darüber<br />
sind sich Anne Gindensperger<br />
und Albrecht Endres einig. „Wir<br />
sind der Beweis dafür, dass die deutschfranzösische<br />
Freundschaft nicht nur symbolisch<br />
ist, sondern die Zusammenarbeit<br />
im Alltag wirklich funktioniert. Immer<br />
gibt es neue Herausforderungen, neue<br />
Fallkonstellationen, die den Mehrwert der<br />
Kooperation unter Beweis stellen“, sagt Albrecht<br />
Endres. Die enge Zusammenarbeit<br />
im gemeinsamen Zentrum gehe weit über<br />
die Kooperation der Sicherheitsbehörden in<br />
anderen Grenzgebieten hinaus, für die das<br />
Schengener Durchführungsübereinkommen<br />
von 1990 das Fundament gelegt habe. Beschäftigt<br />
sind im GZ gleich mehrere Einheiten<br />
aus beiden Nationen: Auf der deutschen<br />
Seite beteiligen sich Landespolizisten, Bundespolizisten<br />
und Zollbeamte, während auf<br />
der französischen Seite die Gendarmerie<br />
Nationale, die Schutzpolizeidirektion für das<br />
Département Bas-Rhin in Straßburg und die<br />
französische Kriminalpolizei vertreten sind.<br />
Auch sprachlich ist die Kooperation im<br />
Gemeinsamen Zentrum kein Problem: Die<br />
Mitarbeiter schreiben und sprechen in ihrer<br />
Albrecht Endres<br />
Muttersprache, aber „jeder versteht jeden“,<br />
berichten die beiden Ordnungshüter, zudem<br />
gebe es auch zweisprachige Mitarbeiter.<br />
Auch wenn es noch kleine nationale Eigenheiten<br />
gebe, passe man sich insgesamt in der<br />
Zusammenarbeit sehr gut an, meint die französische<br />
Koordinatorin: „On a gommé nos<br />
différences“, sagt sie, sie hätten die Unterschiede<br />
„ausradiert“. Ein großer Vorteil sei die<br />
Lage des Zentrums an der <strong>Kehl</strong>er Hafenstraße.<br />
Die unmittelbare Nähe<br />
der Grenze ermöglicht es den<br />
französischen Mitarbeitern<br />
beispielsweise, französische<br />
Informationssysteme und Telefonnetze<br />
zu verwenden und<br />
somit effektiver zu arbeiten<br />
und Kosten zu sparen. „Wir<br />
arbeiten hier, als stünde unser<br />
Schreibtisch mit zwei<br />
Beinen in Frankreich und mit<br />
zwei Beinen in Deutschland“,<br />
sagt Anne Gindensperger.<br />
Dabei beschränkt sich die Arbeit des Gemeinsamen<br />
Zentrums nicht auf das unmittelbare<br />
Grenzgebiet. Etwa die Hälfte der Anfragen<br />
kommt aus ganz Frankreich und dem<br />
gesamten Bundesgebiet. So kann ein Polizist<br />
aus Marseille, der dringend Informationen<br />
über einen deutschen Bürger oder Ausländer<br />
mit deutschem Aufenthaltsrecht braucht,<br />
seinen Fall so effizient klären, als befände<br />
sich seine Dienststelle im Grenzgebiet. Ein<br />
Fall, der viel öffentliches Aufsehen erregte,<br />
war eine Entführung 2012: Die 15-jährige<br />
Chloé Rodriguez aus der Nähe der französischen<br />
<strong>Stadt</strong> Nîmes war spurlos verschwunden.<br />
In der Region wurde tagelang nach ihr<br />
gesucht – ohne Erfolg. Zur selben Zeit wurde<br />
der deutschen Polizei ein Computerdiebstahl<br />
auf einem Parkplatz in der Nähe von<br />
Offenburg gemeldet. Als das Auto des Verdächtigen<br />
lokalisiert war, begann eine Verfolgungsjagd,<br />
die mit einem Unfall des verfolgten<br />
Autos endete. Die Polizisten öffneten<br />
den Kofferraum und fanden ein Mädchen:<br />
Chloé Rodriguez berichtete den Polizisten,<br />
dass sie in Südfrankreich entführt worden<br />
sei. Um ihre Identität zu überprüfen, schick-<br />
Seit 2012 arbeiten Deutsche und<br />
Franzosen in der ersten völlig<br />
integrierten grenzüberschreitenden<br />
Wasserschutzpolizeieinheit<br />
Europas – mit Sitz in <strong>Kehl</strong> –<br />
zusammen.