Das Sonderthema - Stadt Kehl
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In den 52 Wohnungen mit einer<br />
Grundfläche von 40 bis 118<br />
Quadratmetern sollen sich<br />
sowohl deutsche als auch französische<br />
Mieter wohlfühlen.<br />
Was für die Türen<br />
gilt, ist bei den<br />
Fenstern nicht anders<br />
und auch unter<br />
behindertengerechten<br />
Wohnungen verstehen<br />
der deutsche<br />
und der französische<br />
Gesetzgeber<br />
etwas völlig anderes.<br />
Während in<br />
Deutschland gilt,<br />
dass bei Wohngebäuden<br />
mit mehr<br />
als vier Wohneinheiten<br />
die Wohnungen<br />
eines Geschosses<br />
barrierefrei zu erreichen<br />
sein müssen, muss nach<br />
französischen Vorschriften<br />
jede Wohnung rollstuhlgerecht umzubauen<br />
sein, ohne dass eine Wand versetzt<br />
oder herausgebrochen werden muss. Wenn<br />
in Frankreich ein Bauvorhaben mit den<br />
städte baulichen Vorgaben übereinstimmt,<br />
bekommt der Bauherr die Baugenehmigung.<br />
<strong>Das</strong>s in Deutschland detaillierte Pläne des<br />
Architekten Grundlage für die Erteilung der<br />
Baugenehmigung sind, hat Jean-Marc Eich<br />
überrascht: „Es ist hinterher viel schwieriger,<br />
noch etwas zu verändern“, bedauert er.<br />
Nachdem die Ausschreibung der einzelnen<br />
Lose nach europäischem Recht erfolgte, hätte<br />
es eigentlich – könnte man meinen – keine<br />
Probleme geben dürfen. Doch die deutsche<br />
Vergabeordnung Bau (VOB) ist „deutlich restriktiver<br />
als die französischen Regelungen“,<br />
musste Jean-Marc Eich feststellen. Um sich<br />
zurechtzufinden, hat Habitation Moderne<br />
eine deutsch-französische Rechtsanwaltskanzlei<br />
beauftragt und die Vergabeordnung<br />
Bau ins Französische übersetzen lassen. „<strong>Das</strong><br />
Recht ermöglicht allein schon viele Interpretationen“,<br />
seufzt Jean-Marc Eich, wenn dann<br />
noch Anwälte aus zwei Ländern und unterschiedliche<br />
Sprachen hinzukommen, kann es<br />
richtig kompliziert werden. So kompliziert,<br />
dass die Kosten allein für die Rechtsberatung<br />
in die Zehntausende gehen.<br />
20 000 Euro hat Habitation Moderne allein<br />
für die Ausschreibungen in den Zeitungen<br />
ausgegeben – trotzdem ist für vier Lose kein<br />
einziges Angebot eingegangen. Für weitere<br />
fünf Lose hat das Unternehmen nur ein<br />
oder zwei Angebote erhalten. „In Frankreich<br />
bekommen wir bei ähnlich großen Projekten<br />
150 bis 170 Angebote“, zieht Jean-Bernard<br />
Dambier den Vergleich.<br />
Um Kostensicherheit zu bekommen, hat<br />
Habitation Moderne alle Lose gleichzeitig<br />
ausgeschrieben und mit Kostengrenzen versehen.<br />
In Frankreich ist es durchaus üblich,<br />
mit den Unternehmen Pauschalpreise zu<br />
vereinbaren. Gelingt es dem Auftragnehmer,<br />
die Arbeiten kostengünstiger auszuführen,<br />
erhöht er seinen Gewinn, überschreitet er<br />
den Kostenrahmen, dann geht das zu seinen<br />
Lasten. Die deutschen Unternehmen zierten<br />
sich, aber „wir wollten uns nicht auf ein<br />
Abenteuer einlassen“, erklärt Jean-Bernard<br />
Dambier, warum Habitation Moderne lange<br />
verhandelt hat, um auch bei den deutschen<br />
Partnern Pauschalpreise durchzusetzen.<br />
Selbst ein Unternehmen für den Rohbau des<br />
Großprojektes zu finden, war nicht einfach:<br />
Acht deutsche Unternehmen hat das Architekturbüro<br />
Grossmann im Auftrag von Habitation<br />
Moderne angeschrieben, zwei französische<br />
hat die Wohnungsbaugesellschaft selber<br />
kontaktiert. Am Ende sind zwei Unternehmen<br />
übriggeblieben, mit denen weiter verhandelt<br />
wurde: ein deutsches und ein französisches.<br />
Für die Klempner- und die Schreinerarbeiten<br />
hat Habitation Moderne lange gar kein Unternehmen<br />
gefunden, das Gleiche galt für die<br />
Eindeckung des Flachdaches.<br />
„Vieles ist ähnlich und doch nicht gleich“, sagt<br />
Jean-Bernard Dambier. „Man lernt viel“, fügt<br />
Jean-Marc Eich hinzu, leichte Resignation<br />
schwingt in der Stimme mit. Ob Habitation<br />
Moderne noch weitere Projekte in <strong>Kehl</strong> verwirklichen<br />
wird – der Generaldirektor möchte<br />
darüber erst mal nicht sprechen. Zunächst<br />
will er abwarten, wie sich die Bauphase gestaltet<br />
und wie sich die Wohnungen vermieten<br />
lassen.<br />
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