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Landtag von Baden-Württemberg - Landtag Baden Württemberg

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(Maurer)<br />

<strong>Landtag</strong> <strong>von</strong> <strong>Baden</strong>-<strong>Württemberg</strong> – 12. Wahlperiode – 57. Sitzung – Mittwoch, 9. Dezember 1998<br />

In der Schule, liebe Kolleginnen und Kollegen, Herr Ministerpräsident,<br />

werden Sie daran gemessen, wie sich die Unterrichtsversorgung<br />

real entwickelt, und nicht an den Zahlen,<br />

mit denen Sie hier hantiert haben. Die Realität ist: Die<br />

Unterrichtsversorgung wird schlechter.<br />

(Abg. Pfister FDP/DVP: Oje!)<br />

– Sie wird seit Jahren schlechter, Herr Kollege Pfister.<br />

(Abg. Pfister FDP/DVP: Oje, oje!)<br />

Die Stundenzahl des ausfallenden Unterrichts nimmt zu,<br />

die Lehrkörper werden immer älter, und die Klassengrößen<br />

steigen. Sie müssen endlich einmal lernen, diese Fragen<br />

der Schulpolitik aus der Sicht der Eltern zu betrachten. Für<br />

die Eltern ist es ziemlich uninteressant, welche ziselierten<br />

Arabesken Sie zum Thema Oberstufenreform drehen, wobei<br />

Sie sich ja nicht einmal in Ihrer eigenen Koalition einig<br />

sind, und wie viele Modelle Sie herab- und heraufreichen.<br />

Nein, es interessiert folgendes: Nimmt das Unterrichtsangebot<br />

zu, oder nimmt es ab? Nimmt die Zahl der ausgefallenen<br />

Stunden zu, oder nimmt sie ab? Nimmt der Altersdurchschnitt<br />

der Lehrerinnen und Lehrer zu, oder nimmt er<br />

ab? Das ist das, was interessant ist, und da zeigt die Entwicklung<br />

in <strong>Baden</strong>-<strong>Württemberg</strong> nach unten und nicht zum<br />

Besseren. Darüber muß im <strong>Landtag</strong> geredet werden, und<br />

alles andere interessiert die Menschen zu Recht nicht.<br />

(Beifall bei der SPD – Abg. Drautz FDP/DVP: Wo<br />

ist da der Ländervergleich?)<br />

Nach vorn weisend wäre eine Debatte über Ganztagsbetreuungsangebote<br />

an unseren Schulen. Ich biete Ihnen ein<br />

Bündnis in diesem <strong>Landtag</strong> wenigstens für eine verläßliche,<br />

garantierte Halbtagsschule in <strong>Baden</strong>-<strong>Württemberg</strong> an.<br />

Das wäre schon ein Fortschritt für die Eltern. Das können<br />

Sie mit uns bekommen.<br />

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten des Bündnisses<br />

90/Die Grünen)<br />

Da sind andere weiter als <strong>Baden</strong>-<strong>Württemberg</strong>. Ich sage Ihnen:<br />

Es nützt nichts, die Gewalt bei Kindern und Jugendlichen<br />

zu beklagen, wenn man weiß, daß es nicht überall in<br />

der Gesellschaft funktionierende Familienstrukturen gibt.<br />

Wer das beklagt, muß endlich über ein flächendeckendes<br />

ganztägiges Betreuungsangebot auch im Schulbereich<br />

nachdenken und muß sich <strong>von</strong> seinen ideologischen Barrieren<br />

lösen. Das ist die Antwort auf die Phänomene in dieser<br />

Gesellschaft.<br />

(Beifall bei der SPD und des Abg. Dr. Salomon<br />

Bündnis 90/Die Grünen)<br />

Das bedeutet dann Chancengleichheit für Kinder und Jugendliche,<br />

die aus nicht voll funktionsfähigen Familienstrukturen<br />

kommen, wo nur ein Elternteil vorhanden ist<br />

und arbeiten muß oder – aus welchen Gründen auch immer<br />

– beide arbeiten müssen. Wir wollen, daß es Chancengleichheit<br />

in der Bildung gibt und keine Gleichmacherei.<br />

Aber dann muß der staatliche Sektor auch so ausgestaltet<br />

sein, daß er Chancengleichheit ermöglicht. In <strong>Baden</strong>-<strong>Württemberg</strong><br />

ist das nicht der Fall.<br />

(Beifall bei der SPD – Zuruf des Abg. König REP)<br />

Wir werden vielleicht in der zweiten Runde noch einiges<br />

bereden können, Herr Ministerpräsident Teufel. Sie haben<br />

auch noch etwas über Frauenpolitik gesagt. Ich sage<br />

Ihnen nur: <strong>Baden</strong>-<strong>Württemberg</strong> gibt für Frauenhäuser<br />

1 Million DM aus. Hinter dem Stichwort Frauenhaus verbirgt<br />

sich die Not <strong>von</strong> Kindern und <strong>von</strong> Frauen und auch<br />

die Not gegenüber Gewalt. <strong>Baden</strong>-<strong>Württemberg</strong> gibt 1 Million<br />

DM aus, Nordrhein-Westfalen – Sie lieben ja Ländervergleiche<br />

– 21,3 Millionen DM, das 21fache.<br />

(Unruhe)<br />

Kommunalfreundlichkeit, liebe Kolleginnen und Kollegen,<br />

mißt sich daran, was man real an Finanzpolitik gegenüber<br />

den Kommunen macht. Realität ist zwar, daß Sie das abgeschlossen<br />

haben, worauf der Ministerpräsident stolz ist;<br />

Realität ist aber auch, daß Sie in der ganzen Zeit davor den<br />

Staatshaushalt zu Lasten der Kommunen ausgeglichen haben.<br />

Es geht nicht, sich in die Brust zu werfen, zum Beispiel<br />

beim Schulhausbau, ohne zu sagen, daß dieser voll<br />

aus dem Kommunalen Investitionsfonds finanziert wird<br />

und nicht Leistung der Landesregierung ist.<br />

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten des Bündnisses<br />

90/Die Grünen)<br />

Zum Schluß, Herr Ministerpräsident, komme ich zu einer<br />

Frage, die ich für die Kernfrage halte.<br />

(Abg. Hans-Michael Bender CDU: Na?)<br />

Ich bin mir nicht ganz darüber im klaren – das heißt, ich<br />

erahne da Schlechteres –, was für eine Linie Sie in der nationalen<br />

Politik auch gegenüber der neuen Bundesregierung<br />

vertreten wollen. Vieles <strong>von</strong> dem, was Sie gesagt haben,<br />

hat mich an den berühmten Herrn Bossi aus Norditalien<br />

erinnert. Wenn Sie vorhaben, mit Bayern und <strong>Baden</strong>-<br />

<strong>Württemberg</strong> eine Neuauflage der Lega Lombarda zu machen<br />

(Abg. Weimer SPD: Lega Süd!)<br />

und daraus eine Lega Süd zu machen, dann teilen Sie uns<br />

das rechtzeitig mit, damit wir uns darauf einstellen können.<br />

(Abg. Dr. Puchta SPD: Lega Diavolo! – Heiterkeit<br />

bei der SPD)<br />

Ich sage Ihnen, dies wäre mit Sicherheit der falsche Weg.<br />

Auch <strong>Baden</strong>-<strong>Württemberg</strong> ist dringend auf die Zusammenarbeit<br />

mit dem Bund und mit den anderen Ländern angewiesen.<br />

Sie sollten auch nicht so tun, als wären wir die<br />

Hauptgebeutelten der bundesstaatlichen Lösung in<br />

Deutschland. Ich sage Ihnen, Hessen zahlt pro Kopf das<br />

Vierfache unseres Beitrags in den Länderfinanzausgleich.<br />

(Abg. Pfister FDP/DVP: Deshalb klagen sie auch!)<br />

Es sind auch sozialdemokratisch geführte Länder, wie<br />

Nordrhein-Westfalen, die eine Änderung wollen.<br />

(Abg. Pfister FDP/DVP: Richtig!)<br />

Sie wären gut beraten, jetzt nicht in süddeutschem Separatismus<br />

zu machen, sondern zum Beispiel mit Hessen und<br />

Nordrhein-Westfalen den Schulterschluß für Verbesserungen<br />

in diesen Fragen zu suchen. Sie wären auch gut beraten,<br />

mit der neuen Bundesregierung, die, ob es Ihnen gefällt<br />

oder nicht, halt einmal gewählt worden ist,<br />

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