Landtag von Baden-Württemberg - Landtag Baden Württemberg
Landtag von Baden-Württemberg - Landtag Baden Württemberg
Landtag von Baden-Württemberg - Landtag Baden Württemberg
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
(Minister <strong>von</strong> Trotha)<br />
<strong>Landtag</strong> <strong>von</strong> <strong>Baden</strong>-<strong>Württemberg</strong> – 12. Wahlperiode – 57. Sitzung – Mittwoch, 9. Dezember 1998<br />
Im übrigen wird auch selten hinzugefügt, wofür das Geld<br />
verwandt wird, nämlich – gesetzlich vorgegeben – für eine<br />
Verbesserung <strong>von</strong> Lehre und Forschung. Das müßte eigentlich<br />
im Interesse aller sein.<br />
Wir hatten in <strong>Baden</strong>-<strong>Württemberg</strong> etwa 11 000 Studierende<br />
im 20. oder in einem höheren Semester. Dies ist unter<br />
Leistungsgesichtspunkten wie auch im Hinblick auf einen<br />
verantwortungsbewußten Umgang mit Steuergeldern ein<br />
Zustand, der so nicht bleiben kann. Wir haben ihn mit dem<br />
Bildungsguthabenmodell wirkungsvoll bekämpft.<br />
Mehr junge Menschen haben sich jetzt entschlossen, ihr<br />
Examen abzulegen. Wir haben sowohl im Vergleich mit<br />
anderen Bundesländern als auch im Vergleich zu früheren<br />
Semestern einen weit überproportionalen Rückgang an<br />
Studierenden im 14. oder einem höheren Hochschulsemester.<br />
Damit zeigt sich, daß das Bildungsguthabenmodell bereits<br />
jetzt ein großer Erfolg ist.<br />
Die Landesregierung ist sich darin einig – Frau Kollegin<br />
Vossschulte und Herr Kollege Pfister haben das für ihre<br />
Fraktionen bestätigt –, daß wir in dieser Legislaturperiode<br />
– und nur darüber können wir derzeit verantwortlich reden<br />
– keine allgemeinen Studiengebühren in <strong>Baden</strong>-<strong>Württemberg</strong><br />
einführen werden. Dies verdanken wir dem Solidarpakt,<br />
der den Universitäten ihre Sachmittel garantiert, unabhängig<br />
da<strong>von</strong>, wie sich die öffentlichen Haushalte entwickeln.<br />
Dies ist eine Privilegierung unserer Universitäten,<br />
die einmalig ist und selbst <strong>von</strong> Ignoranten und Böswilligen<br />
nicht in Frage gestellt werden kann.<br />
Vor der Bundestagswahl, meine Damen und Herren, hat<br />
die SPD die Stimmen der Studierenden mit der Behauptung<br />
geködert, sie werde ein striktes Verbot <strong>von</strong> Studiengebühren,<br />
auch der Langzeitstudiengebühren, durchsetzen.<br />
Dazu gibt es jetzt noch eine interessante Parallele ähnlich<br />
wie bei der Einschreibgebühr: Vor der Wahl war man dagegen,<br />
aber nach der Wahl führt Niedersachsen jetzt eine<br />
Einschreibgebühr ein.<br />
(Abg. Beate Fauser FDP/DVP: Ha, ha, ha! – Zurufe:<br />
Was? – Abg. Deuschle REP: Richtig!)<br />
– So ist es. – Jetzt, nach der Wahl, hört man <strong>von</strong> Frau Bulmahn<br />
wesentlich moderatere und besonnenere Töne. Allerdings:<br />
Ich bin noch etwas skeptisch, und ich bitte zu verstehen,<br />
daß diese Skepsis nicht ohne Grund vorhanden ist.<br />
Was Frau Bulmahn jetzt vorschlägt, nämlich einen Staatsvertrag,<br />
hatte ich ihr im Sommer dieses Jahres vorgeschlagen,<br />
aber sie hat das Angebot damals strikt abgelehnt.<br />
(Abg. Pfister FDP/DVP: Aha! Sie kann ja dazulernen,<br />
die junge Dame!)<br />
Wenn es allerdings der neuen Bundesministerin und ihren<br />
Kolleginnen und Kollegen in den Ländern gelingen sollte,<br />
mehr Geld für die Qualitätssicherung und die Leistungsfähigkeit<br />
<strong>von</strong> Lehre und Forschung und auch für die Förderung<br />
der Studierenden bereitzustellen, können wir über diese<br />
Frage in der Tat sehr viel gelassener nachdenken. Dies<br />
allerdings werde ich so lange anmahnen, bis Bund und<br />
Länder den Standard erreicht haben, der bei uns selbstverständlich<br />
ist und den wir im Interesse der Zukunftsfähigkeit<br />
der Bundesrepublik auch für unverzichtbar halten.<br />
Nun zu den Studiengebühren als ordnungspolitisches Mittel.<br />
Es ist ein hohes gesellschaftliches und überaus sinnvolles<br />
Ziel, mit der Intelligenz unserer jungen Leute intelligent<br />
umzugehen.<br />
(Abg. Brechtken SPD: Schöner Spruch!)<br />
Das heißt konkret: jeden einzelnen nach seinen Fähigkeiten<br />
und Neigungen bestmöglich zu qualifizieren, und dies<br />
selbstverständlich völlig unabhängig da<strong>von</strong>, ob er über die<br />
erforderlichen Finanzmittel verfügt.<br />
Übrigens, Herr Kollege Salomon: Seit den sechziger Jahren<br />
hat sich die Zahl der Studierenden verfünffacht, und sie<br />
ist nicht etwa zurückgegangen.<br />
(Abg. Dr. Salomon Bündnis 90/Die Grünen: Entschuldigung!<br />
Habe ich das behauptet?)<br />
– Sie haben gesagt, es gebe jetzt viele junge Leute, die<br />
nicht mehr auf die Hochschule gehen könnten. So habe ich<br />
Sie jedenfalls verstanden.<br />
(Abg. Dr. Salomon Bündnis 90/Die Grünen: Das<br />
ist aber etwas ganz anderes!)<br />
– Nein. Ich behaupte, daß wir eine steigende Zahl <strong>von</strong> Studierenden<br />
hatten und nicht eine abnehmende.<br />
(Abg. Dr. Salomon Bündnis 90/Die Grünen: Nein!)<br />
Das ist doch wohl das Gegenteil dessen, was Sie behauptet<br />
haben, und ich habe dafür auf bekannte Zahlen verwiesen.<br />
(Zurufe der Abg. Dr. Salomon Bündnis 90/Die<br />
Grünen und Brechtken SPD)<br />
Wie auch immer; die Hochschulen erbringen zugunsten der<br />
Studierenden kostspielige und wertvolle Leistungen. Neben<br />
einem hohen gesellschaftlichen Nutzen profitieren da<strong>von</strong><br />
auch die Betroffenen in besonderer Weise. Das ist hier<br />
schon mehrfach gesagt worden. So sind Akademiker nach<br />
wie vor vergleichsweise dem geringsten Arbeitsmarktrisiko<br />
ausgesetzt, sie haben die besten Aufstiegschancen und erreichen<br />
das höchste durchschnittliche Lebensarbeitseinkommen.<br />
Und dann kann man auch noch den kulturellen<br />
Mehrwert dazurechnen, den Sie erwähnt haben.<br />
Stellv. Präsident Weiser: Gestatten Sie eine Zwischenfrage<br />
des Herrn Abg. Dr. Salomon?<br />
Minister für Wissenschaft, Forschung und Kunst <strong>von</strong><br />
Trotha: Aber bitte schön.<br />
Stellv. Präsident Weiser: Sie haben das Wort, Herr Abg.<br />
Dr. Salomon.<br />
Abg. Dr. Salomon Bündnis 90/Die Grünen: Herr Minister,<br />
sind Sie, um unser Mißverständnis auszuräumen, bereit,<br />
zur Kenntnis zu nehmen, daß die letzte Erhebung des Deutschen<br />
Studentenwerks ergeben hat, daß bei den Studenten<br />
der Anteil der Kinder aus Arbeiterfamilien oder aus anderen<br />
Familien mit geringem Einkommen seit Jahren zurückgeht,<br />
obwohl der Anteil der Kinder aus den gleichen Familien,<br />
die Abitur machen, viel weniger zurückgeht, und diese<br />
Schere immer größer wird und daraus gefolgert werden<br />
4532