Landtag von Baden-Württemberg - Landtag Baden Württemberg
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(Christa Vossschulte)<br />
<strong>Landtag</strong> <strong>von</strong> <strong>Baden</strong>-<strong>Württemberg</strong> – 12. Wahlperiode – 57. Sitzung – Mittwoch, 9. Dezember 1998<br />
Wir möchten gerne beim Bund erreichen, daß die Erhebung<br />
<strong>von</strong> Studiengebühren Ländersache wird, daß die Bildungsguthaben<br />
erhalten bleiben und daß im Falle, daß die<br />
Bundesregierung ein Verbot dieser Studiengebühren aussprechen<br />
will, dieses verfassungsrechtlich überprüft wird.<br />
Dazu bringen wir noch einen Antrag ein.<br />
(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Abg.<br />
Pfisterer CDU: Sehr gut!)<br />
Stellv. Präsident Weiser: Das Wort hat Frau Abg. Bregenzer.<br />
Abg. Carla Bregenzer SPD: Herr Präsident, meine Damen<br />
und Herren! Zunächst ein Lob an den Wissenschaftsminister:<br />
Die lakonische Art, mit der Ihr Haus im September<br />
des vergangenen Jahres die Fragen der Republikaner beantwortet<br />
hat, entspricht am besten der Einfalt, mit der diese<br />
Herrschaften ihre Existenz im Landesparlament bestreiten.<br />
(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Lachen bei<br />
und Oh-Rufe <strong>von</strong> den Republikanern)<br />
Lehrreiche Beispiele dafür sind der vorliegende dünne Antrag,<br />
aber auch eine Pressemitteilung vom 3. Dezember, in<br />
der in halbgarem Deutschsprechgetue<br />
(Abg. Deuschle REP: Jetzt kommen Sie aber! –<br />
Zuruf des Abg. König REP)<br />
eine Neuformung des Finanzierungssystems der Hochschulen<br />
gefordert wird. Besser wird es auch nicht mit dem<br />
nachgeschobenen Beschlußantrag.<br />
(Abg. Deuschle REP: Leute, Leute!)<br />
Ich habe mir Mühe gegeben,<br />
(Abg. Wilhelm REP: Wenigstens das!)<br />
auch nur einen originellen Gedanken in der Pressemitteilung<br />
zu finden;<br />
(Abg. Deuschle REP: Das schaffen Sie nicht!)<br />
im Antrag findet sich ja keiner. Vertane Zeit! Sie ist nur ein<br />
mißglücktes Konglomerat<br />
(Abg. Wilhelm REP: Wie schreibt man denn das?)<br />
verschiedener Modelle. Bildungsgutscheine, Semestergebühren,<br />
staatliche Studienkreditbank, Bildungssparen, Kapitalmarkt<br />
– alles zusammengerührt mit unreflektiertem<br />
Ökonomismus, der Leistung als Begriff gröblich mißbraucht.<br />
Schlimm, unredlich und unparlamentarisch finde ich allerdings,<br />
(Abg. Rapp REP: Warum schwätzen Sie dann<br />
überhaupt darüber?)<br />
daß die Republikaner keine einzige der Quellen nennen,<br />
aus denen sie sich schamlos bedient haben,<br />
(Abg. Salomon Bündnis 90/Die Grünen: Das ist<br />
richtig! – Lachen bei den Republikanern – Abg.<br />
Dr. Salomon Bündnis 90/Die Grünen: Einführung<br />
der Quellensteuer!)<br />
und das dann gar noch hier als eigenen Vorschlag präsentieren.<br />
Damit sind die Herren aus der rechten Ecke aber hinreichend<br />
gewürdigt.<br />
(Abg. Ursula Haußmann SPD: Das würde ich auch<br />
sagen!)<br />
Der Ansatz, Studiengebühren vor allem unter dem Aspekt<br />
zu diskutieren, wie möglichst schnell möglichst viel Geld<br />
zur Finanzierung der Hochschulen gewonnen werden kann,<br />
ist eindimensional und falsch. Wir müssen das Thema in<br />
einen Gesamtzusammenhang stellen.<br />
Erinnern Sie sich daran, daß, als das Schulgeld und die<br />
Studiengebühren abgeschafft wurden, die Grundlage die<br />
gesamtgesellschaftliche Übereinkunft war, daß die Vermittlung<br />
<strong>von</strong> Bildung in möglichst breite Bevölkerungsschichten<br />
hinein eine der vornehmsten gesellschaftlichen<br />
Aufgaben zur Zukunftsfähigkeit der Menschen,<br />
(Zuruf der Abg. Christa Vossschulte CDU)<br />
zur Erhöhung des Lebensstandards und zur Wettbewerbsfähigkeit<br />
sei.<br />
(Zuruf des Abg. König REP)<br />
Damit wurde eine breite Bildungsbewegung angestoßen,<br />
die allerdings immer noch einen zu geringen Anteil der<br />
Kinder aus einkommensschwächeren Familien erreicht.<br />
(Abg. Deuschle REP: Eben!)<br />
Es wird ja niemand behaupten wollen, daß tatsächlich nur<br />
23 % der Kinder, deren Eltern weniger als 5 500 DM im<br />
Monat verdienen – und das sind drei Viertel aller Einkommensbezieher<br />
– intelligent genug sind, um zu studieren,<br />
(Abg. Deuschle REP: Vielleicht intelligenter als<br />
Sie!)<br />
während es bei den Eltern mit einem Verdienst <strong>von</strong> über<br />
5 500 DM im Monat 77 % sind.<br />
Heute schlägt das Pendel zurück, und besonders pikant ist,<br />
daß die, die selbst – und meist auch ihre Kinder – kostenlos<br />
und auch recht locker studiert haben, sich heute die Köpfe<br />
zerbrechen, wie und wann sie die jetzigen Studierenden zur<br />
Kasse bitten können.<br />
(Abg. Deuschle REP: Oh, so primitiv!)<br />
Dahinter sehen wir zum einen die Absicht, die Statusabsicherung<br />
für die eigenen Kinder zu gewährleisten, zum<br />
anderen das Bemühen, den Zustrom zu den Hochschulen<br />
zu stoppen. Die Studiengebührenbefürworter sagen ja auch<br />
in anerkennenswerter, offener Weise, Hochschulen seien<br />
zu Massenveranstaltungen verkommen und der Staat sei<br />
mit der Finanzierung dieser Massenveranstaltungen überfordert.<br />
Wer Studiengebühren als Allheilmittel ansieht, der unterliegt<br />
in mehrfacher Hinsicht, gewollt oder ungewollt, einem<br />
Irrtum. Falsch ist das Argument, nur durch Studiengebühren<br />
würde mehr Geld in die Hochschulen fließen. Er-<br />
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