Landtag von Baden-Württemberg - Landtag Baden Württemberg
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<strong>Landtag</strong> <strong>von</strong> <strong>Baden</strong>-<strong>Württemberg</strong> – 12. Wahlperiode – 57. Sitzung – Mittwoch, 9. Dezember 1998<br />
Ministerpräsident Teufel: Besinnen Sie sich auf die Rolle,<br />
für die Sie gewählt sind! Das möchten Sie nicht hören,<br />
aber ich sage es noch als Schlußsatz: Besinnen Sie sich auf<br />
den Auftrag, den Sie <strong>von</strong> den Wählern <strong>Baden</strong>-<strong>Württemberg</strong>s<br />
bekommen haben! Sie sind nicht Anwalt der rotgrünen<br />
Bundesregierung in <strong>Baden</strong>-<strong>Württemberg</strong>, sondern Sie<br />
müssen Anwalt <strong>Baden</strong>-<strong>Württemberg</strong>s bei der rotgrünen<br />
Bundesregierung in Bonn sein!<br />
(Anhaltender starker Beifall bei der CDU und der<br />
FDP/DVP – Abg. Nagel SPD: Sie waren Anwalt<br />
der schwarzgelben Bundesregierung! – Abg. Drexler<br />
SPD: 15 Jahre war er ruhig! 15 Jahre!)<br />
Stellv. Präsident Weiser: Das Wort hat Herr Abg. Maurer.<br />
Abg. Maurer SPD: Herr Präsident, meine sehr geehrten<br />
Damen und Herren! Ich bin absolut sicher, daß man das<br />
Ausmaß der Loyalität der CDU-Fraktion zum Ministerpräsidenten<br />
gerade am Beifall erkennen konnte.<br />
(Zurufe der Abg. Birk und Döpper CDU – Unruhe<br />
– Glocke des Präsidenten)<br />
Ich bin nur noch amüsiert, muß ich Ihnen sagen.<br />
(Abg. Birk CDU: Sie sollten lieber nicht <strong>von</strong><br />
Loyalität sprechen!)<br />
Aber Sie, Herr Teufel, sollten sich besser vorbereiten.<br />
(Zurufe <strong>von</strong> der CDU, u. a. Abg. Dr. Reinhart: Ich<br />
sage nur: „angesengte Hose“!)<br />
– Ja, ja. – Also, wie war das mit den Dienstleistungen? Ich<br />
zitiere mit Genehmigung des Herrn Präsidenten:<br />
Dagegen erhöhte sich im Berichtsjahr die Anzahl der<br />
Erwerbstätigen in den Dienstleistungsunternehmen in<br />
<strong>Baden</strong>-<strong>Württemberg</strong> um 1,8 % (früheres Bundesgebiet:<br />
2 %) auf rund eine Million.<br />
Das waren meine Zahlen, Herr Ministerpräsident. Jetzt bekommen<br />
Sie die Quelle: Bericht des Statistischen Landesamts,<br />
„Staatsanzeiger“ vom 23. November 1998.<br />
(Beifall und Heiterkeit bei der SPD – Zurufe <strong>von</strong><br />
der SPD: Oi!)<br />
Wenn ich Sie damit beleidige, daß ich aus Ihrem Regierungsorgan<br />
zitiere, dann muß ich sagen: Auf die Idee wäre<br />
ich wirklich nicht gekommen.<br />
(Zuruf des Abg. Haas CDU – Abg. Wettstein SPD:<br />
Das ist die „Prawda“!)<br />
– Nein, wirklich nicht. – Jetzt geht es weiter: Sie haben es<br />
sogar noch geschafft, meine Zahlen zu Lasten <strong>Baden</strong>-<br />
<strong>Württemberg</strong>s zu unterbieten. Da werde ich jetzt meinen<br />
Mitarbeiter, der das recherchiert hat, rügen. Ich habe nämlich<br />
vorhin in meiner Rede dem Land noch 900 Photovoltaikanlagen<br />
zugerechnet. Sie haben das jetzt auf 600 unterboten.<br />
Ich nehme das dankend zur Kenntnis.<br />
(Abg. Brechtken SPD: Herr Teufel unterschätzt<br />
das Land!)<br />
– Nein, nur damit man einmal die Qualität dieser Erwiderungen<br />
hier überprüft.<br />
(Abg. Birk CDU: Das ist ja lächerlich!)<br />
Also: Bereiten Sie sich wirklich besser vor, wenn Sie auf<br />
diese Art und Weise eine Auseinandersetzung aufnehmen<br />
wollen. Es sind, wie gesagt, Ihre Zahlen, und die Zahlen<br />
bei der Photovoltaik habe offensichtlich ich noch zugunsten<br />
des Landes <strong>Baden</strong>-<strong>Württemberg</strong> geschönt. Jetzt im<br />
Ernst: Sie können nicht so tun, als ob ich hier behauptet<br />
hätte, daß man mit Solarenergie den gesamten Strombedarf<br />
abdecken könnte – das habe ich überhaupt nicht gesagt –,<br />
(Zurufe <strong>von</strong> der SPD)<br />
sondern ich habe Ihnen nur gesagt: Wir haben in diesem<br />
Land die Grundlagenforschung betrieben – wie wahr –,<br />
und wir erleben heute, daß uns bei der Frage der Markteinführung<br />
und der industriellen Anwendung andere den Rang<br />
ablaufen.<br />
(Zurufe <strong>von</strong> der SPD, u. a.: So ist es!)<br />
Der Unterschied zwischen Marbach und Gelsenkirchen besteht<br />
darin: Das eine ist etwas, was Ihnen als Privatinitiative<br />
in den Schoß gefallen ist, und das andere ist ein Investment,<br />
das durch die Landesregierung <strong>von</strong> Nordrhein-Westfalen<br />
und die Bayerische Staatsregierung ausgelöst und begleitet<br />
wurde. Das ist ein großer Unterschied. So schlicht<br />
ist das.<br />
(Beifall bei der SPD)<br />
Das liegt im Bereich des Energiesparens,<br />
(Abg. Wieser CDU: Was privat ist, das ist bei Ihnen<br />
nichts, gell?)<br />
allein im Bereich der Wärmedämmung. Das ist ein riesiges<br />
Investitions- und Beschäftigungspotential. Jetzt rede ich<br />
nicht über Solarenergie, sondern über Wärmedämmung<br />
und Energiesparen, über neue Heizkessel und vieles andere.<br />
Dort liegt ein riesiges Investitions- und Beschäftigungspotential<br />
für das baden-württembergische Handwerk.<br />
Die einzigen, die objektiv kein betriebswirtschaftliches Interesse<br />
daran haben, sind natürlich die großen Stromerzeuger.<br />
Reden wir doch einmal Tacheles.<br />
(Abg. Haas CDU: Haben denn andere Bundesländer<br />
keine großen Stromerzeuger?)<br />
– Hören Sie doch zu.<br />
Wir sagen Ihnen, daß wir in diesem Bereich mit wenig Anschubfinanzierung<br />
Folgeinvestitionen im privaten Sektor in<br />
neunfacher Größenordnung mit enormen Beschäftigungswirkungen<br />
beim Handwerk auslösen können. Das sagen<br />
nicht nur wir, sondern das sagt auch das baden-württembergische<br />
Handwerk, und das ist zufällig richtig. Also halten<br />
Sie sich daran.<br />
Warum vergeben Sie diese Chance? Warum müssen Sie<br />
billig herumpolemisieren, statt zu sagen: „Darauf einigen<br />
wir uns; wir fördern das Energiesparen massiv“? Dann<br />
geht das.<br />
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