Landtag von Baden-Württemberg - Landtag Baden Württemberg
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(Dr. Schlierer)<br />
<strong>Landtag</strong> <strong>von</strong> <strong>Baden</strong>-<strong>Württemberg</strong> – 12. Wahlperiode – 57. Sitzung – Mittwoch, 9. Dezember 1998<br />
reits auf 42,3 % herabgesunken. Noch drastischer fällt diese<br />
Entwicklung im Bereich des verarbeitenden Gewerbes<br />
aus. Hier fiel der Anteil der bis zu fünf Jahre alten Ausrüstungsgüter<br />
<strong>von</strong> 44,2 auf 38,9 %. Sie haben eine spiegelbildliche<br />
Entwicklung im Bereich der Investitionen der Betriebe<br />
im verarbeitenden Gewerbe. Auch hier haben Sie einen<br />
deutlichen Rückgang.<br />
Ähnlich ist die Entwicklung in dem Bereich, Herr Ministerpräsident,<br />
der für die Infrastruktur nach Ihrer Ansicht<br />
besondere Bedeutung hat, nämlich im Bereich des Verkehrs<br />
und der Nachrichtenübermittlung – Stichwort Informationsgesellschaft.<br />
Betrug hier der Anteil der bis zu fünf<br />
Jahre alten Ausrüstungsgüter 1992 noch 41,3 %, so lag er<br />
1995 nur noch bei 36,9 %.<br />
Nun kann man natürlich sagen: „Ja, gut, das sind irgendwelche<br />
Prozentsätze. Das interessiert mich nicht.“ Aber<br />
man muß doch eines feststellen, meine Damen und Herren:<br />
Diese Zahlen sind durchaus alarmierend. Der Kapitalstock<br />
ist für eine Volkswirtschaft bekanntlich <strong>von</strong> großer Bedeutung.<br />
Der Bestand an Produktionsanlagen verkörpert nämlich<br />
nicht nur einen wesentlichen Teil unseres Volksvermögens,<br />
sondern er prägt darüber hinaus auch in hohem Maße<br />
die wirtschaftliche Leistungskraft unseres Landes und die<br />
Produktivität unserer Arbeitsplätze.<br />
Darüber hinaus ist der Kapitalstock ein wichtiges Vehikel<br />
für den technischen Fortschritt und eröffnet damit die<br />
Wachstums- und Realeinkommensspielräume, die wir in<br />
der Zukunft benötigen. Es sind gerade die mit dem Kapitalstock<br />
einhergehenden Beschäftigungschancen, die den besonderen<br />
wirtschaftspolitischen Stellenwert des Anlagevermögens<br />
unterstreichen. Hier sehen wir, wo wir stehen. Wir<br />
sind weit da<strong>von</strong> entfernt, in diesem entscheidenden Punkt,<br />
Herr Ministerpräsident, da<strong>von</strong> reden zu dürfen, daß wir<br />
modernstes Land in Europa werden.<br />
(Beifall bei den Republikanern)<br />
Wer mir das nicht abnehmen will, dem kann ich nur empfehlen,<br />
einmal nachzulesen. Wir haben aus dem Statistischen<br />
Landesamt eine hervorragende Arbeit <strong>von</strong> Frau<br />
Dr. Walter. Ihr können Sie Vergleiche entnehmen, wie der<br />
Altersaufbau des Ausrüstungsvermögens der Gesamtwirtschaft<br />
und des verarbeitenden Gewerbes in <strong>Baden</strong>-<strong>Württemberg</strong><br />
ist. Das ist für die Zukunft alles andere als vielversprechend.<br />
Hier, Herr Ministerpräsident, sind Initiativen<br />
der Landesregierung gefragt. Hier müssen Sie einmal klar<br />
und deutlich sagen, mit welchen Maßnahmen Sie sicherstellen<br />
wollen, daß wir in der Zukunft die Chance haben,<br />
mithalten zu können und tatsächlich modernstes Land in<br />
Europa zu werden.<br />
(Beifall bei den Republikanern)<br />
Vor diesem Hintergrund frage ich mich auch, wie die Ankündigung<br />
der Regierung Teufel, die Sicherung einer guten<br />
Zukunft für <strong>Baden</strong>-<strong>Württemberg</strong> erfordere Vorrang für Beschäftigung,<br />
eigentlich umgesetzt werden soll. Um dieses<br />
Ziel zu erreichen, wird – so steht es im Koalitionsvertrag<br />
geschrieben – ein radikales Umdenken <strong>von</strong> Staat, Wirtschaft<br />
und <strong>von</strong> jedem Bürger gefordert. Jetzt frage ich<br />
mich nach diesen zweieinhalb Jahren: Wo haben wir eigentlich<br />
das radikale Umdenken? Was ist das spezifisch<br />
Neue in dieser Regierungserklärung? Was ist eigentlich radikales<br />
Umdenken des Staates, hier repräsentiert durch die<br />
Regierung? Reicht da denn das bloße Bekenntnis zu kommenden<br />
Herausforderungen der Informations- und Dienstleistungsgesellschaft<br />
aus? Meiner Ansicht nach nicht.<br />
Die Landesregierung erwartet insbesondere im Dienstleistungssektor<br />
neue Arbeitsplätze. In der Tat wird im Rahmen<br />
der konjunkturellen Erholung, <strong>von</strong> der ich schon<br />
sprach, im Moment vor allem ein Personalabbau im<br />
Dienstleistungsbereich vorgenommen. Dennoch sollten wir<br />
uns da einige kritische Fragen stellen. Herr Ministerpräsident,<br />
gerade im Bereich der Banken und Versicherungen<br />
werden wir auch mit den geplanten Fusionen und der sich<br />
in diesem Sektor abzeichnenden Entwicklung keinesfalls<br />
da<strong>von</strong> ausgehen können, daß der Beschäftigungsstand erhalten<br />
wird oder gar noch erhöht wird. Wir müssen eher<br />
da<strong>von</strong> ausgehen, daß er niedriger wird.<br />
(Beifall bei den Republikanern)<br />
Im übrigen können Sie das auch hier vor Ort sehen. Die<br />
Stuttgarter Bank will beispielsweise <strong>von</strong> ihren 48 Filialen<br />
bis zum Jahr 2000 21 abbauen. Das spricht nicht dafür,<br />
daß wir in diesem Dienstleistungssektor mehr Arbeitsplätze<br />
haben werden. Im Gegenteil: Es werden weniger sein.<br />
(Beifall bei den Republikanern)<br />
Ich glaube daher, daß die erwartete Expansion im Dienstleistungssektor<br />
mehr ein Wunsch als Realität ist. Ich weiß<br />
nicht, Herr Ministerpräsident, ob Sie die Fusionen, die als<br />
Gedanke in der Tat nichts Neues sind, nun als Ausweis radikalen<br />
Umdenkens gedeutet wissen wollen. Aber eines<br />
muß ich Ihnen ganz offen sagen: Glaube an schiere Größe<br />
allein ersetzt keine Politik.<br />
(Beifall bei den Republikanern)<br />
Die Vorstellung, daß man durch diese Fusion, die wir auch<br />
begrüßt haben, alle Probleme schon gelöst hätte, ist falsch.<br />
Die Führungsproblematik hängt immer noch in der Luft.<br />
Wir wissen immer noch nicht, ob dieses Institut die hohen<br />
Erwartungen, die an es gerichtet werden, tatsächlich erfüllen<br />
kann.<br />
Ich weiß auch noch keineswegs, ob sich die Regierungsfraktionen<br />
einig sind, was die neue Landesbank eigentlich<br />
alles leisten soll. Denn ich habe heute <strong>von</strong> den Sprechern<br />
der CDU- und der FDP/DVP-Fraktion ganz unterschiedliche<br />
Vorstellungen erfahren. Ich kann nur eines sagen: Die<br />
hohen Erwartungen sind das eine, und die Realität wird<br />
wahrscheinlich nachher das andere sein. Ich kann nur hoffen<br />
– ich sage es noch einmal –, daß die neue Landesbank<br />
mehr sein wird als nur die addierten Teile und Bilanzsummen,<br />
die wir bisher bei den Einzelinstituten hatten.<br />
(Beifall bei den Republikanern)<br />
Zu der Frage, ob die Fusion im Bereich des öffentlichrechtlichen<br />
Rundfunks radikales Umdenken darstellt, muß<br />
ich bei der Gelegenheit auch eines deutlich machen: Das<br />
beabsichtigte Ziel, mit dieser Fusion über Synergieeffekte<br />
zu Kosteneinsparungen zu kommen, ist nicht erreicht worden.<br />
(Beifall bei den Republikanern)<br />
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