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Landtag von Baden-Württemberg - Landtag Baden Württemberg

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(Renate Thon)<br />

<strong>Landtag</strong> <strong>von</strong> <strong>Baden</strong>-<strong>Württemberg</strong> – 12. Wahlperiode – 57. Sitzung – Mittwoch, 9. Dezember 1998<br />

Die bestehende Altfallregelung, die 1996 entstanden ist, ist<br />

völlig unzureichend. Sie sieht vor, daß Familien, welche<br />

sich vor dem 1. Juli 1990, und Alleinlebende, welche sich<br />

vor dem 1. Januar 1987 im Bundesgebiet aufgehalten haben,<br />

einen Aufenthaltsstatus erhalten sollen. Diese Zeiträume<br />

sind eindeutig zu lang und tragen der tatsächlichen Integration,<br />

die stattgefunden hat, keineswegs Rechnung. Wir<br />

wollen daher für die Bundesebene eine neue Stichtagsregelung<br />

für Alleinlebende mindestens auf den 1. Januar 1990<br />

und für Familien mindestens auf den 1. Juli 1993 und fordern<br />

hier in <strong>Baden</strong>-<strong>Württemberg</strong> für diese Personengruppen<br />

die vorläufige Aussetzung des Abschiebevollzugs.<br />

Im übrigen wird in Rheinland-Pfalz seit dem 30. Oktober<br />

dieses Jahres bereits so verfahren.<br />

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen – Zuruf des<br />

Abg. Rapp REP)<br />

Stellv. Präsident Weiser: Das Wort hat Herr Abg.<br />

Schmid.<br />

Abg. Roland Schmid CDU: Herr Präsident, meine Damen<br />

und Herren! Wir verstehen natürlich, daß es die Grünen<br />

kaum mehr auf den Stühlen hält. Endlich in der Regierung,<br />

wollen sie möglichst schnell die Welt in ihrem Sinn neu<br />

ordnen, aber diese große Eile – ich glaube, das kann man<br />

so sagen, meine Damen und Herren – hat sich doch eigentlich<br />

in den letzten Wochen nicht allzusehr bewährt.<br />

(Beifall der Abg. Dr. Inge Gräßle CDU)<br />

Sie verkünden ständig Neues, ohne sich vorher in der Koalition<br />

verabredet zu haben. Sie machen im Rausch Ihrer<br />

neuen Möglichkeiten Fehler, vor denen wir Sie hier in <strong>Baden</strong>-<strong>Württemberg</strong><br />

bewahren wollen.<br />

(Beifall bei der CDU)<br />

Deshalb werden wir Sie in Ihrem vorauseilenden Gehorsam<br />

auch bremsen. Abgesehen da<strong>von</strong>, daß eine erneute<br />

Altfallregelung keinen Sinn macht, sollte man zunächst<br />

einmal zumindest wissen, in welche Richtung dieser Zug<br />

eigentlich abfahren soll.<br />

(Abg. Renate Thon Bündnis 90/Die Grünen: Das<br />

habe ich gesagt! Sie haben nicht zugehört!)<br />

Aber Sie wissen es ja selbst nicht ganz genau. Der Verweis<br />

auf den Koalitionsvertrag ist nicht ausreichend, denn darin<br />

steht vieles, was später anders gemacht wird.<br />

(Abg. Renate Thon Bündnis 90/Die Grünen: Sprechen<br />

Sie <strong>von</strong> Ihren Koalitionspartnern in <strong>Baden</strong>-<br />

<strong>Württemberg</strong>?)<br />

Bei Ihnen ist da ziemlich viel durcheinander. Wenn ich nur<br />

einmal daran denke, was Herr Schily alles gesagt hat und<br />

was demgegenüber im Koalitionsvertrag steht, dann erkenne<br />

ich durchaus Defizite in der Realität. Bei Ihnen geht es<br />

vor und zurück, und dabei machen wir nicht mit.<br />

Die CDU in <strong>Baden</strong>-<strong>Württemberg</strong> ist auch nicht dazu da,<br />

eine falsche Politik der Bundesregierung zu sanktionieren.<br />

(Abg. Pfisterer CDU: Sehr gut!)<br />

Wir machen es auch nicht mit, alles über Bord zu werfen,<br />

was mühsam in kleinen Schritten und überwiegend im Wege<br />

des Kompromisses in der Ausländerpolitik in den letzten<br />

Jahren erreicht werden konnte. Frau Thon, dazu gehört<br />

die im März 1996 <strong>von</strong> der Innenministerkonferenz beschlossene<br />

Altfallregelung, die <strong>von</strong> allen Beteiligten damals<br />

ausdrücklich als die letzte ihrer Art aufgefaßt wurde.<br />

Mit diesem Beschluß haben sich Bund und Länder doch<br />

geradezu dahin gehend verständigt, daß die Rückführung<br />

<strong>von</strong> Ausländern ohne Bleiberecht konsequent vollzogen<br />

werden muß<br />

(Abg. Renate Thon Bündnis 90/Die Grünen: Die<br />

Zeiten haben sich geändert, Herr Schmid!)<br />

und künftige Härtefallregelungen nicht mehr in Betracht<br />

kommen sollen. Vor diesem Hintergrund erklärt es sich<br />

auch, daß jetzt im November, als die Innenminister wieder<br />

zusammensaßen, kein neuer Beschluß gefaßt wurde – anders,<br />

als Sie das gesagt haben – und sich auch kein Beschluß<br />

mit den <strong>von</strong> Ihnen genannten Kriterien konkret abzeichnet.<br />

Es wurde nur eine Arbeitsgruppe eingesetzt.<br />

Im Grunde genommen kommt es Ihnen auch nicht auf die<br />

Altfälle an, sondern Sie verfolgen mit diesem Vehikel Ihr<br />

altes Ziel, Deutschland zum Einwanderungsland zu machen.<br />

(Abg. Walter Bündnis 90/Die Grünen: Es ist doch<br />

eines!)<br />

Was Sie wollen, ist sozusagen die Prämierung des unrechtmäßigen<br />

Aufenthalts. Sie wollen prämieren, wenn sich jemand<br />

hier unrechtmäßig aufhält,<br />

(Abg. Renate Thon Bündnis 90/Die Grünen: Dann<br />

haben sie aber einen anderen unrechtmäßigen Aufenthalt!)<br />

denn Sie begünstigen ja gerade diejenigen, die unter dem<br />

Vorwand angeblicher Verfolgung und damit unter Mißbrauch<br />

des Asylrechts nach Deutschland gekommen sind,<br />

die durch Verfahrensverzögerung und durch die Einlegung<br />

<strong>von</strong> Rechtsmitteln oder einfach dadurch, daß sie sich weigern,<br />

ihrer Ausreisepflicht nachzukommen, eine faktisch<br />

längere Aufenthaltsdauer erreichen konnten.<br />

(Abg. Käs REP: So ist es!)<br />

Die <strong>von</strong> Ihnen geforderte Festlegung belohnt Mißbrauch<br />

des Asylrechts durch Gewährung eines Daueraufenthaltsrechts,<br />

und das können wir nicht wollen. Wer dies fordert,<br />

löst im übrigen auch eine ganz erhebliche und letztendlich<br />

unverantwortliche Sogwirkung auf Ausländer aus, die noch<br />

in ihrem Heimatland leben.<br />

(Zuruf des Abg. Walter Bündnis 90/Die Grünen)<br />

– Natürlich, bei diesen Leuten wird die Hoffnung gestärkt,<br />

man könne ohne Rücksicht auf politische Verfolgung nach<br />

Deutschland kommen und dort auf Dauer Aufnahme finden.<br />

Dies lösen Sie doch damit aus. Es muß sich die Ansicht<br />

verfestigen, daß man, wenn man erst einmal hier ist<br />

und nur lange genug bleibt, auch eine begründete Aussicht<br />

auf eine Legalisierung hat. Das können Sie wollen; wir<br />

wollen das nicht.<br />

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