Landtag von Baden-Württemberg - Landtag Baden Württemberg
Landtag von Baden-Württemberg - Landtag Baden Württemberg
Landtag von Baden-Württemberg - Landtag Baden Württemberg
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
(Dr. Salomon)<br />
<strong>Landtag</strong> <strong>von</strong> <strong>Baden</strong>-<strong>Württemberg</strong> – 12. Wahlperiode – 57. Sitzung – Mittwoch, 9. Dezember 1998<br />
(Zuruf des Abg. König REP – Abg. Deuschle REP:<br />
Dann können Sie doch zustimmen!)<br />
Dies ist, ehrlich gesagt, einigermaßen langweilig.<br />
Langweilig ist es auch deshalb, weil der Antrag völlig aus<br />
der Zeit ist, und zwar deshalb, weil man sich natürlich vor<br />
der Bundestagswahl mit Fug und Recht darüber streiten<br />
konnte, ob Studiengebühren eingeführt werden sollten oder<br />
nicht, und die Argumente austauschen konnte. Aber nun<br />
gibt es ja eine neue Bundesregierung, und es ist klar,<br />
(Abg. Haas CDU: Nichts ist klar!)<br />
daß die neue Bundesregierung zwar nicht mehr über das<br />
Hochschulrahmengesetz, aber über einen Staatsvertrag, wie<br />
es die Frau Ministerin Bulmahn gesagt hat, Studiengebühren<br />
erst einmal für eine bestimmte Zeit ausschließen will.<br />
Ich hoffe, daß sie damit Erfolg hat. Es hängt auch <strong>von</strong> der<br />
baden-württembergischen Landesregierung, insbesondere<br />
<strong>von</strong> Ihnen, Herr Minister, ab, ob sie damit Erfolg haben<br />
wird. Herr Zehetmair wird mitmachen, meine ich.<br />
Die Frage ist, ob <strong>Baden</strong>-<strong>Württemberg</strong> an diesem Punkt<br />
weiterhin eine Sonderrolle spielen will. Sie wollen diese<br />
Sonderrolle nicht spielen, um selbst Studiengebühren in<br />
dieser Legislaturperiode einzuführen. Das hat Kollegin<br />
Vossschulte noch einmal ausgeführt; Sie wollen sie aber<br />
doch spielen, um Ihre 1 000 DM zu retten, <strong>von</strong> denen Sie<br />
befürchten, daß sie unter diese Studiengebührenregelung<br />
fallen könnten. Meine Meinung dazu kennen Sie. Ich denke,<br />
daß diese 1 000 DM für Langzeitstudierende Strafgebühren<br />
und damit auch Studiengebühren sind. Letztendlich<br />
ist es ein terminologischer Streit, was das ist. Ich bin nur<br />
gespannt, welche Position Sie da generell einnehmen wollen.<br />
Wenn wir doch – und zwar zum 35. Mal – darüber debattieren,<br />
dann sollten wir zwei Fragen diskutieren, die meines<br />
Erachtens grundlegende Aspekte der Gerechtigkeit in<br />
dieser Gesellschaft berühren.<br />
Wenn es um den Zugang zur höheren Bildung geht, gibt es<br />
immer zwei Gerechtigkeitsaspekte in dieser Gesellschaft.<br />
Der erste betrifft die Gerechtigkeit beim Zugang zu höherer<br />
Bildung. Es ist zu fragen, wer in dieser Gesellschaft, die<br />
eine gerechte sein will, an die Hochschulen gehen kann<br />
und wer es nicht kann. Wer wird also da<strong>von</strong> abgehalten, an<br />
die Hochschulen zu gehen, und was sind die Kriterien für<br />
jemanden, der ein Hochschulstudium aufnehmen will?<br />
Die zweite Frage der Gerechtigkeit ist die nach der Verteilungsgerechtigkeit.<br />
Wer finanziert in dieser Gesellschaft<br />
wen, und wer profitiert übermäßig <strong>von</strong> den dann erzielten<br />
Einkommen? – Das sind die zwei Fragen, die wir stellen<br />
müssen.<br />
Da, wo die Republikaner abgeschrieben haben, haben sie<br />
etwas abgeschrieben, was sich mittlerweile herumspricht.<br />
Es ist mittlerweile Allgemeingut – das ist eine Frage der<br />
sozialen Gerechtigkeit –, daß Akademiker in dieser Gesellschaft<br />
doppelt profitieren.<br />
(Abg. Deuschle REP: Eben!)<br />
Es gibt meines Erachtens nach wie vor den Eigenwert eines<br />
Studiums, der sich an Begriffen wie kultureller Kompetenz<br />
bemißt. Egal, was man studiert, hat ein Studium einen Eigenwert,<br />
der auch nicht in Geld aufgewogen werden kann.<br />
(Abg. Deuschle REP: Die Arbeitnehmer sollen es<br />
bezahlen!)<br />
Was aber in Geld aufgewogen werden kann und was man<br />
vielleicht vor 20 Jahren in anderer Terminologie noch als<br />
Tauschwert des Studiums definiert hätte, das ist das Einkommen,<br />
das in der Regel für den Akademiker daraus resultiert.<br />
(Abg. Deuschle REP: Eben!)<br />
Da trifft es sehr wohl verteilungspolitisch zu – das haben<br />
Untersuchungen ergeben –, daß der immer kleiner werdende<br />
Anteil <strong>von</strong> Nichtakademikern in der Gesellschaft den<br />
immer größer werdenden Anteil <strong>von</strong> Akademikern in der<br />
Gesellschaft mitfinanziert.<br />
(Abg. Deuschle REP: Eben! Also! – Abg. Christa<br />
Vossschulte CDU: Gute Einsicht!)<br />
Das heißt, andersherum ausgedrückt, daß Akademiker<br />
überproportional <strong>von</strong> ihrem Studium profitieren, und zwar<br />
entgegen ihrem landläufigen Selbstvorurteil, daß sie ja später<br />
mehr Steuern zahlen würden und damit alles zurückgezahlt<br />
würde. Dem ist nicht so.<br />
Was folgt daraus?<br />
Stellv. Präsident Weiser: Herr Abg. Dr. Salomon, gestatten<br />
Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abg. Hauk?<br />
Abg. Dr. Salomon Bündnis 90/Die Grünen: Aber gern,<br />
Herr Hauk, wenn es denn sein muß.<br />
Abg. Hauk CDU: Herr Kollege Salomon, Sie haben vorhin<br />
zwei Fragen zum Thema Gerechtigkeit gestellt. Deshalb<br />
frage ich Sie: Erfüllt die <strong>von</strong> Ihnen jetzt auf Bundesebene<br />
geplante sogenannte Ökosteuer gerade im Hinblick<br />
auf Studenten dieses <strong>von</strong> Ihnen selbst aufgestellte Kriterium<br />
der sozialen Gerechtigkeit, oder ist es nicht so, daß gerade<br />
Studenten darunter besonders leiden? Haben Sie das<br />
einmal insgesamt bilanziert und dem gegenübergestellt,<br />
was in <strong>Baden</strong>-<strong>Württemberg</strong> geplant war?<br />
Abg. Dr. Salomon Bündnis 90/Die Grünen: Ich könnte<br />
diese Frage jetzt zurückweisen und sagen, der Zusammenhang<br />
sei nicht gegeben, aber ich nehme jetzt einmal an, den<br />
Zusammenhang gäbe es. Ich sage Ihnen folgendes: Der<br />
Umfang der Ökosteuer ist so bescheiden,<br />
(Lachen bei den Republikanern und bei Abgeordneten<br />
der CDU)<br />
daß auch ein Student, der sich ökologisch vernünftig verhält,<br />
gar nicht unbedingt mit Mehrkosten belastet wird. Das<br />
hat aber mit dem hier diskutierten Thema erst einmal überhaupt<br />
nichts zu tun.<br />
(Abg. Birk CDU: 60 DM im Monat, Herr Salomon!)<br />
– Den Studenten, der im Jahr 25 000 Kilometer fährt, müssen<br />
Sie mir einmal zeigen.<br />
4529