Landtag von Baden-Württemberg - Landtag Baden Württemberg
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(Carla Bregenzer)<br />
<strong>Landtag</strong> <strong>von</strong> <strong>Baden</strong>-<strong>Württemberg</strong> – 12. Wahlperiode – 57. Sitzung – Mittwoch, 9. Dezember 1998<br />
stens decken Studiengebühren nur einen sehr geringen Anteil<br />
der Gesamtkosten ab.<br />
(Abg. Deuschle REP: Eben!)<br />
Zum anderen hat sich überall dort, wo Studiengebühren<br />
eingeführt wurden, der Staat in fast gleichem Maße zurückgezogen.<br />
Wenn mit Studiengebühren keine Studierenden<br />
vom Studium abgehalten werden sollen, wenn also mit Stipendien<br />
und entsprechender Studienförderung gesichert<br />
werden soll, daß auch Kinder aus Familien mit geringerem<br />
Einkommen studieren können, dann müssen sich Staat und<br />
Wirtschaft intensiv engagieren. Warum dann nicht gleich<br />
ins Hochschulsystem, warum dann indirekt?<br />
Falsch ist das Argument, daß nichts wert wäre, was nichts<br />
koste; denn es macht das Geld zum Maß aller Dinge. Logischerweise<br />
werden wir demnächst mit dem gleichen Argument<br />
Schulgeld einführen und hohe Vereinsbeiträge für die<br />
Nutzung <strong>von</strong> Sporthallen und Sportplätzen verlangen. Außerdem<br />
suggeriert dieses Argument eine Kostenfreiheit, die<br />
es nicht gibt. Erzählen Sie das einmal Studierenden, die<br />
heute zu 69 % mit eigenem Verdienst zur Studienfinanzierung<br />
beitragen, die im Monat immerhin fast 1 300 DM bedeutet.<br />
(Abg. Pfisterer CDU: Das machen Handwerker<br />
auch!)<br />
Wer behauptet, daß gute Hochschulen belohnt und schlechtere<br />
zu besseren Leistungen angespornt würden, wenn die<br />
Studierenden über Gebühren mitfinanzierten, der hat vergessen,<br />
daß das schon in den siebziger Jahren nicht funktioniert<br />
hat, weshalb das Hörergeld wieder abgeschafft<br />
wurde. Er vergißt natürlich auch, daß Studienentscheidungen<br />
<strong>von</strong> ganz anderen Bedingungen abhängen, zum Beispiel<br />
<strong>von</strong> den Arbeitsmarktchancen, die ein bestimmtes Berufsbild<br />
zum gegenwärtigen Zeitpunkt verspricht, <strong>von</strong> den<br />
Möglichkeiten, die eine Abiturnote bietet, oder ob er oder<br />
sie es sich leisten kann, wohnungsfern oder wohnungsnah<br />
zu studieren. Auch hier zeigt sich: Die Befürworter nehmen<br />
nicht die Wirklichkeit in den Blick.<br />
Eine breit angelegte, möglichst hoch qualifizierende Bildung<br />
für möglichst viele Bürgerinnen und Bürger zu bieten,<br />
die Bedingungen für international konkurrenzfähige<br />
Forschung zu schaffen, das ist eine gesamtgesellschaftliche<br />
Aufgabe, die <strong>von</strong> der Solidargemeinschaft zu erfüllen ist.<br />
Sie ist ein Teil des Generationenvertrages. Wer will, daß<br />
junge Menschen nach der Berufsausbildung eine Familie<br />
gründen, der darf sie nicht mit Schulden in diese Zukunft<br />
entlassen.<br />
Die eigentliche Gerechtigkeitslücke besteht auch nicht in<br />
den fehlenden Studiengebühren. Die eigentliche Gerechtigkeitslücke<br />
besteht in den Ungerechtigkeiten unseres Steuersystems.<br />
(Beifall bei der SPD – Zuruf des Abg. Pfisterer<br />
CDU)<br />
Wer dieses Steuersystem reformiert, der wird Akademikerinnen<br />
und Akademiker dazu bringen, daß sie hundert und<br />
viel mehr zusätzliche Steuermark zahlen und damit auch<br />
Geld für die Hochschulen da ist.<br />
(Abg. Hauk CDU: Wie bringen Sie das mit der<br />
Ökosteuer in Einklang? Sie belasten doch damit<br />
die Studenten mit einem Vielfachen!)<br />
Zum Schluß noch ein Gedanke. Wenn dann im übrigen der<br />
Rechnungshof einmal untersuchen wird, welche gigantischen<br />
Kosten die Trothaschen Langzeitstudiengebühren<br />
in den Universitäten erzeugt haben und in welchem Mißverhältnis<br />
dazu die Einnahmen stehen, werden die Gebühren<br />
– –<br />
(Abg. Hauk CDU meldet sich zu einer Zwischenfrage.<br />
– Abg. Hauk CDU: Herr Präsident!)<br />
Stellv. Präsident Weiser: Frau Abgeordnete, gestatten Sie<br />
eine Zwischenfrage des Herrn Abg. Hauk?<br />
Abg. Carla Bregenzer SPD: Ich bin beim letzten Satz.<br />
In absehbarer Zeit wird es eine bundeseinheitliche Regelung<br />
geben – –<br />
(Unruhe)<br />
Stellv. Präsident Weiser: Die Frau Abgeordnete war gefragt.<br />
Abg. Carla Bregenzer SPD: Ich habe gesagt: „Ich bin<br />
beim letzten Satz.“ Ich will diesen letzten Satz beenden.<br />
Stellv. Präsident Weiser: Gut. Dann führen Sie ihn zu Ende.<br />
Abg. Carla Bregenzer SPD: In absehbarer Zeit wird es<br />
eine bundeseinheitliche Regelung geben, die Studiengebühren<br />
zumindest für das Erststudium ausschließen wird.<br />
(Abg. Pfisterer CDU: Aha!)<br />
Ich bin zuversichtlich, daß wir spätestens dann wieder über<br />
Inhalte reden werden.<br />
(Beifall bei der SPD – Abg. Pfisterer CDU: So<br />
wird bei der SPD differenziert! Immer Spagat, sowohl<br />
– als auch!)<br />
Stellv. Präsident Weiser: Das Wort hat Herr Abg. Dr. Salomon.<br />
(Im Plenarsaal ertönt der Gong. – Abg. Nagel<br />
SPD: Was ist denn jetzt? – Zurufe: Mittagspause!<br />
– Vereinzelt Heiterkeit)<br />
Abg. Dr. Salomon Bündnis 90/Die Grünen: Herr Präsident,<br />
meine Damen und Herren! Ich kann es nicht verhehlen:<br />
Der Antrag der Republikaner erzeugt eine gewisse Unlust.<br />
Die Begründung, warum diese Unlust da ist, hat Frau<br />
Bregenzer gebracht. Ich bin jetzt sechseinhalb Jahre im<br />
<strong>Landtag</strong>, und in sechseinhalb Jahren hat die Fraktion der<br />
Republikaner noch nicht einen vernünftigen Antrag gebracht.<br />
(Zuruf des Abg. Deuschle REP)<br />
Jetzt schreibt sie irgend etwas <strong>von</strong> anderen Fraktionen ab,<br />
sattelt noch 500 DM drauf und meint, jetzt das Ei des Kolumbus<br />
gefunden zu haben.<br />
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