Landtag von Baden-Württemberg - Landtag Baden Württemberg
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(Ministerpräsident Teufel)<br />
<strong>Landtag</strong> <strong>von</strong> <strong>Baden</strong>-<strong>Württemberg</strong> – 12. Wahlperiode – 57. Sitzung – Mittwoch, 9. Dezember 1998<br />
Meine Damen und Herren, eigene Kompetenz hat Vorrang<br />
vor Beteiligung. Sie muß auch den <strong>Landtag</strong>en wieder mehr<br />
Gesetzgebungszuständigkeiten bringen. Mischfinanzierte<br />
Aufgaben sind abzuschaffen. Wir sind für die Ausweitung<br />
der Finanz- und Steuerautonomie der Länder.<br />
(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP/<br />
DVP – Zuruf des Abg. Walter Bündnis 90/Die<br />
Grünen)<br />
Der Erfolg oder Mißerfolg eigenverantworteter Wirtschafts-<br />
und Strukturpolitik eines Landes muß für die Bürger,<br />
für die Arbeitnehmer und für die Unternehmen eines<br />
Landes sichtbar sein. Der Abbau der Politikverflechtung ist<br />
für mich auch eine Frage der Durchsichtigkeit und der demokratischen<br />
Kontrolle. Erfolg und Mißerfolg müssen für<br />
den Bürger zurechenbar sein, wenn er seine Wahlentscheidung<br />
trifft.<br />
Gemeinsam mit meinen Ministerpräsidentenkollegen Biedenkopf,<br />
Stoiber und Vogel habe ich im Juli dieses Jahres<br />
eine Enquetekommission der Verfassungsorgane des Bundes<br />
über eine Neugestaltung des Föderalismus, über eine<br />
Stärkung der Länderkompetenzen und der Gesetzgebung<br />
der Länderparlamente und über eine größere Finanzautonomie<br />
vorgeschlagen. Ich habe mich in einem Brief mit<br />
den drei Kollegen an die Verfassungsorgane des Bundes<br />
gewandt. Wir werden alles tun, um Bewegung in ein Zentralanliegen<br />
der Länder zu bringen, in dem es bisher nur<br />
Einbahnverkehr <strong>von</strong> den Ländern in Richtung Bonn gab.<br />
Meine Damen und Herren, <strong>Baden</strong>-<strong>Württemberg</strong> zahlt nicht<br />
nur aus der Staatskasse den Länderfinanzausgleich und<br />
Aufbauhilfe für die neuen Länder. Die Bürger, die Handwerker<br />
und die Unternehmer unseres Landes zahlen auch<br />
1 660 Millionen DM in den Krankenversicherungsausgleich<br />
West; sie zahlen 200 Millionen DM in den Krankenkassenstrukturausgleich<br />
Ost und 600 Millionen DM in<br />
die Pflegekassen anderer deutscher Länder.<br />
Meine Damen und Herren, Betriebskrankenkassen, Innungskrankenkassen<br />
und Ersatzkassen zahlen immer höhere<br />
Ausgleichsbeträge für ihre Mitglieder. In <strong>Baden</strong>-<strong>Württemberg</strong><br />
könnte man die Lohnzusatzkosten für Arbeitnehmer<br />
und Arbeitgeber sofort und nennenswert senken,<br />
(Abg. Drexler SPD: Um wieviel?)<br />
wenn Arbeitnehmer und Arbeitgeber nur in ihre eigenen<br />
Versicherungssysteme einzahlen müßten und nicht hohe<br />
Millionensummen, Milliardensummen in die Versicherungskassen<br />
anderer Länder zahlen müßten. Dies wäre eine<br />
lohnende Aufgabe für ein Bündnis für Arbeit.<br />
(Lebhafter Beifall bei der CDU und der FDP/DVP<br />
– Abg. Döpper CDU: Jawohl! – Zuruf des Abg.<br />
Dr. Hildebrandt Bündnis 90/Die Grünen)<br />
Meine Damen und Herren, wir werben deshalb mit Nachdruck<br />
für die Dezentralisierung in den sozialen Sicherungssystemen.<br />
Wir treten dafür ein, die Aufgaben der Bundesanstalt<br />
für Arbeit im Bereich der Arbeitsvermittlung zu regionalisieren.<br />
Mit Nachdruck fordern wir eine Organisationsreform der<br />
gesetzlichen Rentenversicherung. Die Aufgaben der Bundesversicherungsanstalt<br />
für Angestellte in der Rentenversicherung<br />
sollten soweit wie möglich auf die Landesversicherungsanstalten<br />
verlagert werden.<br />
Außerdem müssen zur Stärkung des föderalen Wettbewerbs<br />
in der gesetzlichen Krankenversicherung Strukturen<br />
geschaffen werden, die in den Ländern deutliche Wirtschaftlichkeitsanreize<br />
setzen und die Kosten im Gesundheitswesen<br />
senken. Hierfür müssen bei allen Krankenkassen<br />
regionale, auf die Länder bezogene Beitragssätze eingeführt<br />
werden. Es muß sich lohnen, wenn in <strong>Baden</strong>-<strong>Württemberg</strong><br />
gespart wird, und es darf nicht sein, daß wir die<br />
Überschüsse nur an andere Länder abführen müssen.<br />
(Lebhafter Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)<br />
Eine Verlängerung des Risikostrukturausgleichs Ost lehnen<br />
wir mit aller Entschiedenheit ab. Der Bund hat klare Zusagen<br />
für eine Befristung dieser Leistung gegeben. Eine neue<br />
Bundesregierung ist nach Treu und Glauben an solche Zusagen<br />
gebunden. Wir fordern, daß sie <strong>von</strong> der neuen Regierung<br />
eingehalten werden. Es wäre eine lohnende Aufgabe<br />
für SPD und Grüne in unserem Land, bei Ihrer Bundesregierung<br />
vorstellig zu werden, um zu erreichen, daß <strong>Baden</strong>-<br />
<strong>Württemberg</strong> gegenüber dem, was bisher geschehen ist,<br />
nicht benachteiligt wird.<br />
(Lebhafter Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)<br />
Meine Damen und Herren, <strong>Baden</strong>-<strong>Württemberg</strong> ist solidarisch<br />
und wird seine Verpflichtungen insbesondere für die<br />
neuen Länder im Rahmen des Solidarpakts einhalten. Aber<br />
Umfang und Ausmaß der derzeitigen Ausgleichssysteme<br />
sind nicht länger hinnehmbar.<br />
Wir haben seit Bestehen des Länderfinanzausgleichs<br />
51 Milliarden DM eingezahlt und keine einzige Mark aus<br />
dem Länderfinanzausgleich bekommen. Gäbe es den Länderfinanzausgleich<br />
nicht, stünden wir heute in <strong>Baden</strong>-<br />
<strong>Württemberg</strong> ohne eine einzige Mark Schulden da.<br />
(Unruhe bei der SPD und beim Bündnis 90/Die<br />
Grünen – Zuruf des Abg. Walter Bündnis 90/Die<br />
Grünen)<br />
– Das muß man einmal sagen.<br />
(Beifall bei der CDU – Anhaltende Unruhe)<br />
– Ich glaube schon, daß ein solcher Satz einige beunruhigt.<br />
(Abg. Jacobi Bündnis 90/Die Grünen: Freistaat!)<br />
Aber den verstehen die Bürger, meine Damen und Herren.<br />
(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/<br />
DVP)<br />
Von 100 DM zusätzlichen Steuereinnahmen geben wir aktuell<br />
74 DM, also drei Viertel, an andere Länder. Lediglich<br />
26 DM verbleiben im Land. Wir wehren uns gegen eine<br />
solche Totalnivellierung.<br />
(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)<br />
Wir wollen den Finanzausgleich reformieren und gerechter<br />
machen. Deshalb haben wir Klage beim Bundesverfas-<br />
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