Katalog 2003 (PDF) - DOK.fest München
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Werkstatt<br />
Russenbus<br />
Irina Roerig (Regie) und Axel Brandt (Kamera & Produnktion)<br />
Bei diesem von der Abteilung für Dokumentarfilm und Fernsehpublizistik<br />
der HFF <strong>München</strong> organisierten Werkstattgespräch<br />
läuft der Film Russenbus – Fremde Brüder. Das Exposé erhielt den<br />
PLANET-Dokumentarfilmpreis. Regisseurin Irina Roerig und Kameramann<br />
und Produzent Axel Brandt berichten über die Entstehung<br />
des Films, über Recherche, Dreharbeiten, Schnitt und Montage.<br />
»Russenbus gehen etwa zehn Jahre an eigenen Erfahrungen auf<br />
dem »Grenzweg« zwischen Russland und Deutschland voraus.<br />
Als Quereinsteiger, vom Theater (Choreographie, Regie) her kommend,<br />
suchte ich nach Parallelen zwischen Bühne und Film: Drehen<br />
ist einer dauernden Premiere ähnlich, Schneiden gleicht eher<br />
dem Probenprozess. Da im Film teilweise mehr mechanische Arbeit<br />
erforderlich ist, ist es eine Herausforderung, inspiriert zu bleiben<br />
und sich immer wieder zu fragen: Ist dieser Schnitt nur mechanisch<br />
oder auch künstlerisch notwendig? Um zu der Dichte, die<br />
am Ende zwingend ist, zu gelangen, gab es nicht nur unzählige<br />
schriftliche Vorarbeiten, sondern auch Zeichnungen, die sich<br />
möglichst nah an die Menschen vor der Kamera heranzutasten<br />
versuchten. Ohne dieses ›Voraus-Choreographieren‹ der Situationen<br />
wäre es zum Beispiel nicht möglich gewesen, das richtige<br />
›Bühnenbild‹ für die Menschen zu finden.<br />
Dreharbeiten und Montage standen unter großem Zeitdruck, da<br />
wir von der Auszeichnung, die uns die Realisation ermöglichte, bis<br />
zur Premiere nur fünf Monate Zeit hatten. Auch deshalb war ein<br />
genaues Konzipieren und Voraus-Imaginieren notwendig: Es wäre<br />
zum nachträglichen ›Verdauen‹ des Materials keine Zeit gewesen.<br />
Das Bewusstsein, nur eine einzige Busreise auf der Strecke<br />
Berlin-Moskau für den Dreh zur Verfügung zu haben, machte die<br />
Fahrt zu einer einzigen Hochspannungssituation: Die 36 Stunden<br />
bis Moskau waren viel zu kurz.<br />
Zwei Moskaus erwarteten uns: Das alte Rubel-Moskau und das<br />
neue Dollar-Moskau. Sie bestehen unvereint nebeneinander. Jene<br />
Drehmomente, die sich als menschliches und dokumentarisches<br />
Geschenk erwiesen, fanden immer im alten Moskau statt (z. B. in<br />
den Metrogängen), während das neue Moskau sich zu Wucherpreisen<br />
(z. B. für Drehgenehmigungen) anbot.<br />
Die wunderbaren Begegnungen mit den Menschen wären nicht<br />
möglich gewesen, wenn wir als neugierige Fremde erschienen<br />
wären. Die Leute haben uns als Gleichgesinnte wahrgenommen,<br />
die über den selben Fragen verzweifeln und sich nicht hinter ihrem<br />
Metier zurückziehen. Dass bei 60 Stunden Material viele wertvolle<br />
Szenen und Gespräche nicht in den Film durften, war schmerzlich.«<br />
Irina Roerig<br />
Filmbeschreibung Russenbus – Fremde Brüder siehe Seite 86<br />
Werkstattgespräch<br />
Do, 08.05., ab 10.00 Uhr, HFF<br />
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