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Europas Aufstieg und Verrat

Wie Gott Geschichte macht Ein Auszug von 480 Seiten als Leseprobe

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V. Abwehr der islamischen Expansion | Die Zweite Belagerung von Wien 1683<br />

9. Die Zweite Belagerung von Wien 1683<br />

Der Sieg der christlichen Armeen vor Wien von 1683 gehört zu den ganz<br />

grossen Wendepunkten in der Geschichte des Abendlandes <strong>und</strong> damit auch<br />

der Weltgeschichte. Die Expansionspolitik der Osmanen hatte damals ihren<br />

Höhepunkt erreicht. Im Osten herrschten sie über weite Teile der Ukraine,<br />

über Moldavien, Persien <strong>und</strong> Armenien, im Süden über Palästina <strong>und</strong> Nordafrika<br />

von Ägypten bis Algier. Der größte Teil des Königreiches Ungarn<br />

unterstand ihrer Kontrolle. 63 . Der „Goldene Apfel“, wie die Moslems Wien<br />

nannten, war zum Greifen nahe. Aus militärischer Sicht war Wien zum flachen<br />

Ungarn hin schwer zu verteidigen. Die Donau stand Angreifern <strong>und</strong><br />

Verteidigern als Nachschubweg zur Verfügung, für die Verteidiger allerdings<br />

nur, solange Wien nicht umzingelt war. Strategisch gesehen war die Stadt<br />

nach dem Fall von Konstantinopel ein Symbol für die ganze Christenheit.<br />

Militärisch war die Stadt das entscheidende Bollwerk gegen das Vordringen<br />

des osmanischen Reiches. Für den Islam war Wien das Tor zum ganzen<br />

christlichen Westen. In Wien hatte man aus der Belagerung von 1529<br />

gelernt. Die Verteidigungsanlagen entsprachen dem modernsten Standard.<br />

Im Vorfeld des Angriffs spielten sich in der christlichen Welt Dinge ab, die<br />

man heute nur mit Kopfschütteln zur Kenntnis nehmen kann. Die christlichen<br />

Mächte, Frankreich unter Ludwig XIV. <strong>und</strong> Kaiser Leopold I., waren vor allem<br />

mit sich selber beschäftigt <strong>und</strong> kämpften um die Vorherrschaft in Europa. Am<br />

11. August 1682, als sich die Möglichkeit eines türkischen Angriffs auf Wien<br />

abzeichnete, berief Kaiser Leopold einen Kriegsrat. Man war sich einig, dass<br />

man nicht nach zwei Seiten – gegen Frankreich <strong>und</strong> die Türken gleichzeitig<br />

– Krieg führen konnte. Frankreich wurde als die größere Gefahr eingestuft,<br />

<strong>und</strong> man beschloss, den Frieden mit den Türken auch unter noch so schweren<br />

Bedingungen aufrecht zu halten. 64 Der Kaiser wollte sich lieber allen Forderungen<br />

der Türken <strong>und</strong> des abtrünnigen ungarischen Grafen Emerich Tököly<br />

beugen, als einen Sonderfrieden mit Frankreich eingehen. Dies obwohl der<br />

österreichische Botschafter in Istanbul dringend riet, man solle mit Frankreich<br />

Frieden schließen <strong>und</strong> sich auf einen Krieg vorbereiten, „ denn weder<br />

Gründe, noch Geld, noch Landabtretung, wenn nicht überragend groß, können<br />

noch den Frieden erhalten.“ 65 Zur Täuschung allerdings ließ Großwesir<br />

Kara Mustafa dennoch weiter über den Frieden verhandeln.<br />

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