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Europas Aufstieg und Verrat

Wie Gott Geschichte macht Ein Auszug von 480 Seiten als Leseprobe

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III. Früchte der Freiheit | Ketzer <strong>und</strong> vorreformatorische Bewegungen<br />

sich als von Gott Beauftragter verstand. Er <strong>und</strong> seine Nachfolger anerkannten,<br />

wenn auch unter Zwang, dass die adeligen Lehensherren unveräußerliche<br />

Rechte hatten, die auch der König respektieren musste. Diese Rechte wurden<br />

schließlich jedem Bürger zugestanden. Sie ergaben sich aus der Gottebenbildlichkeit<br />

<strong>und</strong> der damit verb<strong>und</strong>enen unverlierbaren Würde jedes Menschen.<br />

Die Entstehung <strong>und</strong> die historische Wirkung der Magna Charta ist<br />

nur verständlich, wenn man das christliche Gottes- <strong>und</strong> Menschenbild als für<br />

alle Schichten des Volkes verpflichtend voraussetzt. Darum ist sie weit mehr<br />

als ein politisches Dokument. Sie beweist vielmehr, dass letztlich das Selbstverständnis<br />

eines Volkes von seinem Kult geprägt wird <strong>und</strong> dessen gesellschaftliche<br />

<strong>und</strong> politische Entwicklung bestimmt. Der von Gott zur Freiheit<br />

bestimmte Mensch schafft eine freie Gesellschaft.<br />

5. Ketzer <strong>und</strong> vorreformatorische Bewegungen<br />

Die erstarkte Kirche im Hochmittelalter stand in der Gefahr, für sich selber<br />

zu leben <strong>und</strong> immer weniger Salz der Erde zu sein. Die Orden wirkten diesem<br />

Trend entgegen, respektierten jedoch die Autorität der Kirche in Lehre<br />

<strong>und</strong> Hierarchie. Andere taten das nicht. Auch sie nutzten die Möglichkeiten<br />

zur Erneuerung der Kirche von unten. Aber sie stellten beides, die Lehrautorität<br />

<strong>und</strong> die geistliche Struktur der Kirche, in Frage oder erklärten sie<br />

für ungültig <strong>und</strong> gründeten eigene Kirchen. Es waren Bewegungen, welche<br />

in letzter Konsequenz für sich religiöse Selbstbestimmung, also Religionsfreiheit<br />

in Anspruch nahmen. Die damalige Kirche meinte, in Verantwortung<br />

vor Gott den Gr<strong>und</strong>satz durchsetzen zu müssen, dass nur die Wahrheit<br />

erlaubt ist. Um die ihr anvertrauten Schäfchen vor der Hölle zu bewahren,<br />

hat sie alles, auch Gewalt, eingesetzt, um die rechte Lehre zu bewahren <strong>und</strong><br />

gleichzeitig ihre eigenen Privilegien zu verteidigen. Dabei darf auch eine kirchenkritische<br />

Sicht dieser Ereignisse nicht übersehen, dass die Auffassung,<br />

die Kirche habe die Pflicht, über der Einheit der Gesellschaft im Glauben<br />

zu wachen, vom Grossteil der Bevölkerung geteilt wurde. Dennoch haben<br />

die vorreformatorischen Bewegungen angefangen, die von Kirche <strong>und</strong> Staat<br />

erzwungene Einschränkung der Freiheit aufzubrechen <strong>und</strong> konnten oft mit<br />

der Sympathie breiter Bevölkerungsteile rechnen.<br />

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