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Europas Aufstieg und Verrat

Wie Gott Geschichte macht Ein Auszug von 480 Seiten als Leseprobe

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VII. Vordenker der Gottlosigkeit | Immanuel Kant (1724-1804) – der Pseudoretter des Glaubens<br />

3. Immanuel Kant (1724-1804) – der Pseudoretter des Glaubens<br />

Einen Höhepunkt dieser Verselbstständigung des Menschen in der Aufklärung<br />

finden wir in Immanuel Kant, der zu den bedeutendsten Philosophen<br />

der Geschichte gerechnet wird. Zu seinen Hauptschriften gehören „Kritik<br />

der reinen Vernunft“ <strong>und</strong> „Kritik der praktischen Vernunft“. Er bestärkt<br />

den aufgeklärten Menschen, in allen Dingen auf die Vernunft zu trauen. So<br />

schreibt er: „Aufklärung ist der Ausgang des Menschen aus seiner selbst verschuldeten<br />

Unmündigkeit. Unmündigkeit ist das Unvermögen, sich seines<br />

Verstandes ohne die Leitung eines anderen zu bedienen …Wage zu wissen!<br />

(Sapere aude).“ Habe den Mut, dich deines Verstandes zu bedienen, ist also<br />

der Wahlspruch der Aufklärung. 53 Mit dem Hinweis auf „die Leitung eines<br />

anderen“ hat Kant offensichtlich Gottes Offenbarung in der Bibel gemeint.<br />

Von einer solchen Fremdbestimmung will er nichts wissen. Dann, mit dem<br />

Blick in die Natur <strong>und</strong> im Hören auf die Stimme seines Gewissens, kommt<br />

er doch nicht ohne etwas Göttliches aus. In seiner zweiten Hauptschrift „Kritik<br />

der praktischen Vernunft“ hat er, gestützt auf die allgemeine Erfahrung<br />

des Menschen <strong>und</strong> im Blick auf „den gestirnten Himmel über mir <strong>und</strong> das<br />

moralische Gesetz in mir“ Gott als Denknotwendigkeit wieder eingeführt.<br />

Dieser Gott hat aber keine direkte Auswirkung auf das ethische Verhalten des<br />

Menschen. Der Mensch bestimmt selber, was gut ist. Dafür formuliert Kant<br />

für den mündig gewordenen Menschen seinen berühmten kategorischen<br />

Imperativ wie folgt: „Handle so, dass die Maxime deines Willens jederzeit<br />

zugleich als Prinzip einer allgemeinen Gesetzgebung gelten könnte.“ 54<br />

Kants Denken beeindruckt noch heute. Denn er war kein Gottesleugner.<br />

Es spricht manches dafür, dass er sich, gewissermassen neben seiner Philosophie,<br />

einen schlichten persönlichen Glauben an den offenbarten Gott der<br />

Bibel bewahrt hat. Für viele hat er Gott <strong>und</strong> den christlichen Glauben noch<br />

einmal gerettet, indem er ihn in der Kritik der praktischen Vernunft wieder<br />

einführte. Doch Kants Philosophie ist nur scheinbar eine Rettung des<br />

christlichen Glaubens. In Wahrheit widerspricht sein Gottesbegriff diametral<br />

jenem der Bibel. Der Philosoph Volker Gerhardt fasst Kants Gottesvorstellung<br />

so zusammen: „Für diesen weltumspannenden vernünftigen Zweck<br />

(Sinn des Universums) haben wir den Namen Gottes. Gott ist das Urwesen,<br />

bei dem wir völlig offen lassen können, wo <strong>und</strong> wie es ihn gibt, wann <strong>und</strong><br />

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