Europas Aufstieg und Verrat

VI. Missionierung der Welt | Frühe Mission über die Grenzen Roms hinaus
gemacht im Noahbund und dem Bild des Regenbogens (1. Mose 8-9), gilt
auch den Menschen in der Gottferne. Christen haben den Auftrag, auch
dann Gutes zu tun, wenn damit keine Hoffnung auf Bekehrung verbunden
werden kann. Gott lässt die Sonne scheinen und den Regen fallen über
Gute und Böse. (Matth. 5,14). Am deutlichsten wird dieser bedingungslose
Auftrag zum guten Werk im Gleichnis vom Weltgericht und dessen zentraler
Aussage: „Was ihr einem dieser meiner geringsten Brüder getan habt,
das habt ich mir getan.“ (Matth. 25,40) Das gilt, wohlgemerkt, unabhängig
davon, ob diese Menschen durch die geleistete Hilfe zum Glauben kommen
oder nicht. Durch die Christen Europas wollte Gott das Heil in Jesus
Christus allen Menschen verkündigen und sie zur Entscheidung rufen. Aber
er wollte auch allen Völkern Gutes tun und sie ein Stück weit aus religiösen
Ängsten, aus Sklaverei, Hunger, Krankheit und Tyrannei befreien. Christen
sollten mit dem Evangelium auch Gottes Schöpfungsordnung, persönliche
Freiheit, Wohlstand und rechtsstaatliche Demokratie allen Völkern bringen.
1. Frühe Mission über die Grenzen Roms hinaus
Wie die ersten Christen vom Missionsauftrag Jesu bewegt waren, bezeugen die
Apostelgeschichte und die Briefe des Neuen Testaments. Und wir haben gesehen,
dass das Römische Reich trotz blutiger Verfolgungen der Christen besonders
gute Voraussetzungen zur Ausbreitung des Christentums bot. Weniger
bekannt ist, dass Christen das Evangelium schon früh weit über die Grenzen
Roms hinaustrugen. Schon am Ende des zweiten Jahrhunderts war das Christentum
syrische Staatsreligion. Unter König Tiridates III wurde Armenien 301 ein
christliches Königtum. Um das Jahr 525 war das Christentum in der arabischen
Halbinsel fest etabliert. 1 Nach der Überlieferung wanderte der Apostel Thomas
nach Indien, wo im dritten Jahrhundert die Mar Thomaskirche bezeugt ist. 2 Die
Christianisierung Äthiopiens begann Mitte des vierten Jahrhunderts. Und die
byzantinische Kaiserin Theodora (ca. 497-548) sandte Missionare nach Nubien,
in den heutigen Sudan, wo noch Ruinen von grossen Kirchen erhalten sind.
Für die Mission in Europa war Patrick, besonders einflussreich. In
England um das Jahr 389 geboren, wurde er als Gefangener nach Irland
gebracht. Dort gelang ihm die Flucht, nach Frankreich, wo er in einem
276