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Europas Aufstieg und Verrat

Wie Gott Geschichte macht Ein Auszug von 480 Seiten als Leseprobe

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VII. Vordenker der Gottlosigkeit | Nietzsche (1844-1900) – „Wir haben Gott getötet!“<br />

Gott geflucht <strong>und</strong> war zugleich über sein eigenes Tun entsetzt. Und er hat<br />

das Furchtbare <strong>und</strong> die innere Leere der Gottlosigkeit unseres Jahrh<strong>und</strong>erts<br />

voraus erlebt <strong>und</strong> vorausgeschaut. Er nahm in mancher Hinsicht unsere<br />

Zeit vorweg.<br />

Friedrich Nietzsche wurde am 1. Oktober 1844 in Röcken bei Lützen in<br />

der preußischen Provinz Sachsen in einem lutherischen Pfarrhaus geboren.<br />

In den Familien beider Elternteile gab es viele Geistliche. Auf Gr<strong>und</strong> seiner<br />

besonderen Begabungen konnte er das angesehene Internat Schulpforta<br />

besuchen, wo er neben der Arbeit für gute Noten Zeit fand zum Dichten<br />

<strong>und</strong> Komponieren. Im Alter von 24 Jahren wurde er zum Professor für Klassische<br />

Philologie in Basel berufen. Bereits nach zehn Jahren legte er wegen<br />

Krankheiten sein Amt nieder. Von da an reiste er als heimatloser <strong>und</strong> eher<br />

unbekannter Autor in Frankreich, Italien, Deutschland <strong>und</strong> der Schweiz<br />

umher. Mit etwa 45 Jahren brach seine Geisteskrankheit aus. Die letzten elf<br />

Jahre verbrachte Nietzsche in der Pflege seiner frommen Mutter <strong>und</strong> seiner<br />

Schwester. Erst in dieser Zeit erlangten seine Schriften größere gesellschaftliche<br />

Beachtung. Er starb am 25. August 1900 in Weimar.<br />

Jesusliebe <strong>und</strong> Gottessehnsucht<br />

Im Pfarrhaus Nietzsche gehörte der Glaube <strong>und</strong> die persönliche Liebe zu<br />

Jesus zum Alltag, <strong>und</strong> zwar in Ablehnung der liberalen Theologie <strong>und</strong> des<br />

Entmythologisierungs-Programm von David Friedrich Strauss. Der junge<br />

Nietzsche wurde vom Bibelglauben dieser lutherisch-pietistischen Erweckungsbewegung<br />

besonders tief ergriffen. Sein Konfirmator Buddensieg<br />

bestätigt, dass für Nietzsche während seiner Zeit im Internat Schulpforta<br />

Sündenerfahrung, Bekehrung <strong>und</strong> Wiedergeburt in Christus zentrale Inhalte<br />

seines Glaubens waren. Dabei war für Nietzsche die erfahrbare Heilsgewissheit<br />

bedeutsamer als dogmatische Richtigkeit der Lehre. In Schulpforta<br />

wurde die noch aus der Zeit der Zisterzienser Mönche stammende, fortlaufende<br />

Bibellektüre gepflegt. 81 Übrigens eine Gewohnheit, an der Nietzsche<br />

trotz seiner Gottlosigkeit bis zum Ausbruch seines Wahnsinns festhielt. Als<br />

Gymnasiast sehnte er sich nach Heiligung <strong>und</strong> Errettung, denn nur ein heiligmäßiges<br />

Leben ist dazu geeignet, das Dasein zu rechtfertigen. 82 Von ergreifender<br />

Innigkeit ist ein Gedicht des jungen Nietzsche:<br />

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