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Europas Aufstieg und Verrat

Wie Gott Geschichte macht Ein Auszug von 480 Seiten als Leseprobe

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III. Früchte der Freiheit | Ketzer <strong>und</strong> vorreformatorische Bewegungen<br />

Schließlich wurden sie völlig besiegt <strong>und</strong> viele Anführer verbrannt. Der französische<br />

König profitierte insofern davon, als die Gebiete in Südfrankreich erst<br />

nach der Niederlage der Katharer in seinen Einflussbereich gerieten. Die letzte<br />

bekannte Verhaftung eines Katharers ist für 1342 in Florenz dokumentiert.<br />

Die Waldenser 64<br />

Die Verknöcherung oder Verbeamtung <strong>und</strong> der wachsende Reichtum der<br />

Kirche bewogen im ausgehenden 12. Jahrh<strong>und</strong>ert neben den Katharern eine<br />

zunehmende Zahl von Christen, sich selbst aktiv religiös zu betätigen <strong>und</strong> in<br />

freiwilliger Armut dem Vorbild der Apostel zu folgen <strong>und</strong> das Evangelium<br />

zu verkünden. Einer dieser Laien, Petrus Valdes, ein reicher Kaufmann aus<br />

Lyon gab nach einem Läuterungserlebnis sein Vermögen auf, organisierte um<br />

1176 Armenspeisungen <strong>und</strong> hielt mit seinen Anhängern Wanderpredigten auf<br />

Gr<strong>und</strong> volkssprachlicher Bibelübersetzungen. Es kam zwangsläufig zur Konfrontation<br />

mit der Kirche, weil diese das Recht auf Predigt als ihrem Klerus vorbehalten<br />

sah, <strong>und</strong> weil die Freigabe des Predigtrechts an Laien die Kirche in<br />

ihrer Existenz in Frage gestellt hätte. Nachdem Valdes das Predigtverbot des<br />

Lyoner Erzbischofs missachtet hatte, wurde er von diesem exkommuniziert<br />

<strong>und</strong> mit seinen Anhängern aus der Umgebung der Stadt vertrieben.<br />

Die frühen Anhänger von Valdes, Waldenser genannt, verzichteten auf<br />

persönlichen Besitz, lebten vom Betteln, trugen einfache Gewänder <strong>und</strong> Sandalen.<br />

Später, vor allem in Norditalien lebten sie von Handarbeit in Arbeitsgemeinschaften.<br />

Auf Gr<strong>und</strong> ihrer Lehre gehören die Waldenser zu den vorreformatorischen<br />

Kirchen. Sie ist gekennzeichnet durch eine hohe Bedeutung<br />

des persönlichen Bibelstudiums <strong>und</strong> der Beichte, Verbreitung des Evangeliums<br />

durch Laienprediger, Leben in freiwilliger Armut, Ablehnung der Heiligenverehrung,<br />

des Fegefeuers, des Ablasses, aller Kirchensatzungen, der<br />

weltlichen Gerichtsbarkeit, <strong>und</strong> der dualistischen Lehre der Katharer. Um<br />

1250 existierten bereits starke Waldenser Gemeinden in Österreich, Bayern,<br />

Schwaben, dem Rheinland, später auch in Polen, Tschechien, der Slowakei.<br />

Wie nicht anders zu erwarten, haben auch die Waldenser bescheidene kirchliche<br />

Strukturen entwickelt, in welcher der Zugang zum Predigtamt nur durch<br />

eine längere Ausbildung erreicht werden konnte. In einigen Gebieten gab es<br />

auch Bischöfe. Der Exkommunikation der Waldenser, die man zuerst als die<br />

„Armen von Lyon“, dann die „Lombardischen Armen“ bezeichnete, folgte<br />

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