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Europas Aufstieg und Verrat

Wie Gott Geschichte macht Ein Auszug von 480 Seiten als Leseprobe

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VII. Vordenker der Gottlosigkeit | Immanuel Kant (1724-1804) – der Pseudoretter des Glaubens<br />

warum er alles gemacht hat.“ 55 Doch der lebendige <strong>und</strong> heilige Gott offenbart<br />

sich dem Menschen nicht als Denkmöglichkeit, nicht als Urwesen, sondern<br />

als Herr <strong>und</strong> liebender Vater, der mit den Menschen Gemeinschaft<br />

haben will. Da Kant Gott als Urwesen definiert, ist der Mensch auch nicht<br />

Ebenbild Gottes, sondern ein Tier, allerdings ein vernünftiges Tier (animal<br />

rationale). 56 Lange vor Darwin schreibt Kant unmissverständlich: „Der<br />

Mensch ist ein Tier, das, wenn es unter anderen seiner Gattung lebt, einen<br />

Herrn nötig hat. Denn er missbraucht gewiss seine Freiheit… Er bedarf also<br />

eines Herrn, der ihm den eigenen Willen breche, einen allgemeingültigen<br />

Willen, dabei jeder frei sein kann, zu gehorchen.“ 57 Dieser Herr über den<br />

Menschen kann nur der Mensch selber sein. Er ist das Tier, das sich selbst<br />

zu erziehen hat. Er muss sein eigenes Vorbild sein. 58 Da Gott ein <strong>und</strong>efinierter<br />

Urgr<strong>und</strong> ist, der sich nicht um die Menschen kümmert, der Mensch<br />

jedoch Vernunft hat, ist er zur Selbstgesetzgebung aufgerufen, also zur Autonomie.<br />

59 Dementsprechend muss der Mensch auch den Sinn seiner Existenz<br />

selber finden: „Es bleibt also wohl nichts übrig als der Wert, den wir unserem<br />

Leben selbst geben...“ 60<br />

Kants kategorischer Imperativ hat Millionen begeistert <strong>und</strong> tut es noch.<br />

Sie finden, wie sie meinen, in diesem Imperativ die letzte <strong>und</strong> gültige Zusammenfassung<br />

der Bibel. Gerade die Tatsache, dass Kant nicht die Existenz<br />

Gottes leugnete, verleitet viele dazu, ihn als christlichen Denker zu verstehen.<br />

Es klingt ja auch so gut, wenn bei Kant Freiheit, Vernunft, Mensch <strong>und</strong><br />

Menschlichkeit eine Einheit bilden <strong>und</strong> Menschlichkeit <strong>und</strong> Freiheit sich aus<br />

der Vernunft des „sich selbst bildenden Individuums“ begründen. 61 Dabei<br />

übersieht man vollständig, dass Kants kategorischer Imperativ es den Menschen<br />

überlässt, den Inhalt dessen zu bestimmen, was als allgemeine Gesetzgebung<br />

gelten könnte.<br />

Auch Lenin <strong>und</strong> Hitler haben ihre Ideologie „zum Prinzip einer allgemeinen<br />

Gesetzgebung“ erhoben. Die Vernunft ohne Gott oder mit einem<br />

selbst gemachten Gott kann auch einen Völkermord begründen. Kant hätte<br />

selbstverständlich solche Konsequenzen weit von sich gewiesen. Dafür war<br />

er selber viel zu sehr von christlichen Ethikvorstellungen durchdrungen. Das<br />

zeigt sich beispielsweise in seinem Buch „Die Religion innerhalb der Grenzen<br />

der bloßen Vernunft“. Aber der Weg, den er gewiesen hat, <strong>und</strong> die von<br />

ihm geforderte Autonomie des Menschen veranlassten Millionen, jeden<br />

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