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SERIE: PSYCHOLOGIE IN HR<br />

MANAGEMENT<br />

PERSONENBEURTEILUNG<br />

Von <strong>de</strong>r Wahrnehmung zum Urteil<br />

SERIE. Psychologen haben keinen Röntgenblick. Aber sie haben das Wissen, um<br />

Menschen professionell beurteilen zu können. Das brauchen auch Personaler.<br />

Von Axel Schweickhardt<br />

Wo beurteilt wird, passieren<br />

Fehler. Personalauswahl<br />

und Personalentwicklung<br />

sind davon beson<strong>de</strong>rs<br />

betroffen. Emotionen, persönliche Motive,<br />

<strong>de</strong>r eigene Erfahrungshintergrund<br />

färben unser Urteilsvermögen ein. Beson<strong>de</strong>rs<br />

wirkt die Sympathie: Augenkontakt,<br />

Lächeln und Kopfnicken erhöhen<br />

die Chancen von Bewerbern. Die psychologische<br />

Forschung kennt zahlreiche<br />

Wahrnehmungsfehler (siehe Kasten auf<br />

Seite 32). Durch teilweise fehlerhafte<br />

Wahrnehmungen bil<strong>de</strong>t <strong>de</strong>r Beurteiler<br />

Hypothesen über <strong>de</strong>n Beurteilten, die<br />

wie<strong>de</strong>rum die Wahrnehmung dahin<br />

lenken, diese Hypothesen zu bestätigen<br />

(„Selffulfi lling Prophecy“). So wirkt sich<br />

Vorinformation über Bewerber auf die<br />

anschließen<strong>de</strong> Bewertung aus. Am En<strong>de</strong><br />

fi n<strong>de</strong>n wir die Eier, die wir selbst versteckt<br />

haben.<br />

Unbewusste Stereotype<br />

Eine beson<strong>de</strong>re Form <strong>de</strong>r Wahrnehmungsfehler<br />

sind Stereotype. Stereotype sind<br />

Vereinfachungen <strong>de</strong>r sozialen Umwelt,<br />

in<strong>de</strong>m Mitglie<strong>de</strong>rn verschie<strong>de</strong>ner Gruppen<br />

(Frauen, Arbeiter, Manager et cetera)<br />

ähnliche Eigenschaften zugeschrieben<br />

wer<strong>de</strong>n. Sie leiten die Wahrnehmung, die<br />

Bewertung von Gruppen und das Han<strong>de</strong>ln<br />

und erleichtern so die Informationsaufnahme.<br />

Die Wahrnehmungsverzerrung<br />

durch Stereotype ist ein automatisierter<br />

und unbewusster Vorgang, <strong>de</strong>r <strong>de</strong>r eigenen<br />

bewussten Einstellung wi<strong>de</strong>rsprechen<br />

kann. Allerdings kann man sich<br />

SERIE<br />

● Ausgabe 8/2010:<br />

Psychologe statt Menschenkenner<br />

● Ausgabe 9/2010:<br />

Personenbeurteilung<br />

● Ausgabe 10/2010: Motivation<br />

● Ausgabe 11/2010: Führung<br />

● Ausgabe 12/2010: Gruppenarbeit<br />

gegen diese schützen, wenn die Stereotype<br />

bekannt sind und durch bewusste<br />

Bewertungsprozesse ersetzt wer<strong>de</strong>n.<br />

Beson<strong>de</strong>rs auffällige Merkmale, wie Kleidung,<br />

Hautfarbe o<strong>de</strong>r auch ein Name, aktivieren<br />

Stereotypisierungen.<br />

Das Bewusstsein, einer Gruppe anzugehören,<br />

die aufgrund von Stereotypen<br />

Nachteile zu befürchten hat, kann dabei<br />

auch die Testleistung min<strong>de</strong>rn, wie Clau<strong>de</strong><br />

Steele, Professor für Sozialpsychologie<br />

an <strong>de</strong>r Columbia University, zeigen konnte.<br />

Das gilt vor allem dann, wenn durch<br />

die Rahmenbedingungen vorurteilsbela<strong>de</strong>ne<br />

Bewertungen zu befürchten sind. Eine<br />

rein männliche Beobachtergruppe in<br />

einem Assessment-Center stellt damit für<br />

Frauen einen potenziellen Nachteil dar.<br />

Der mittlerweile verstorbene Henri<br />

Tajfel, Professor für Sozialpsychologie in<br />

Bristol, hat in seiner Theorie <strong>de</strong>r sozialen<br />

I<strong>de</strong>ntität die soziale Funktion von<br />

Stereotypen beleuchtet, wonach die eigene<br />

Gruppe gegenüber <strong>de</strong>r Fremdgruppe<br />

durch Vorurteile aufgewertet wird.<br />

Stereotype sind weitverbreitet, und<br />

weil sie von vielen geteilt wer<strong>de</strong>n, beson<strong>de</strong>rs<br />

wirksam. Beson<strong>de</strong>rs die Gleichbehandlung<br />

lei<strong>de</strong>t darunter, so wer<strong>de</strong>n<br />

leistungsstarke weibliche Azubis eher<br />

als fl eißig, leistungsstarke männliche<br />

Azubis als begabt eingestuft, o<strong>de</strong>r auch<br />

ältere Mitarbeiter als weniger leistungsfähig<br />

angesehen.<br />

Daneben kommen beim Beurteilen<br />

persönliche Ten<strong>de</strong>nzen <strong>de</strong>r Mil<strong>de</strong>, <strong>de</strong>r<br />

Strenge o<strong>de</strong>r die Ten<strong>de</strong>nz zur Mitte zum<br />

Tragen. Zumeist wird daher nicht die gesamte<br />

Skala eines Beurteilungssystems<br />

ausgenutzt, und die Beurteilungen über<br />

mehrere Beurteiler hinweg sind nur<br />

schwer vergleichbar, zum Leidwesen <strong>de</strong>r<br />

Personalentwicklung.<br />

Auch die persönlichen Erfahrungen<br />

<strong>de</strong>s Beobachters spielen eine Rolle bei<br />

<strong>de</strong>r Urteilsbildung – sogar eine größere<br />

als die tatsächlichen Charakteristiken<br />

einer Person. In<strong>de</strong>m Personen ihre Erfahrungen<br />

systematisieren, bil<strong>de</strong>n sie<br />

kognitive Konstrukte, durch die sie<br />

ihr Umfeld wahrnehmen. Dieses angesammelte<br />

Wissen beeinfl usst sämtliche<br />

Merkmalszuschreibungen. Eine solche<br />

Theorie <strong>de</strong>r persönlichen Konstrukte<br />

entwickelte zum Beispiel <strong>de</strong>r US-Psychologe<br />

George Alexan<strong>de</strong>r Kelly.<br />

Reaktion <strong>de</strong>s Beobachteten<br />

Aber auch <strong>de</strong>r beobachtete Mensch verhält<br />

sich in <strong>de</strong>r Beobachtungssituation<br />

an<strong>de</strong>rs. So sind etwa die für Empathie<br />

maßgeblichen Hirnstrukturen (Spiegelneuronen)<br />

in Drucksituationen weniger<br />

leistungsfähig. Neben <strong>de</strong>m aktiven Versuch,<br />

sich gut darzustellen, versuchen<br />

09 / 10 <strong>personal</strong>magazin<br />

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