spezialzukunft personal - Haufe.de
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32<br />
MANAGEMENT<br />
PERSONENBEURTEILUNG<br />
Menschen sich <strong>de</strong>n gelten<strong>de</strong>n Spielregeln<br />
einer Gruppe anzupassen. Letzteres ist die<br />
Folge <strong>de</strong>s Konformitätsdrucks von Gruppen,<br />
wie er in <strong>de</strong>n 50er-Jahren unter an<strong>de</strong>rem<br />
von Solomon Asch erforscht wur<strong>de</strong>:<br />
Menschen treffen in diesen Experimenten<br />
offensichtliche Fehlurteile, wenn die<br />
Gruppe falsch liegt, die sie bei Einzelentscheidungen<br />
nicht treffen. Es ist aber auch<br />
Folge <strong>de</strong>r Anpassung an soziale Normen,<br />
die durch hierarchisch überstellte Personen<br />
geprägt wer<strong>de</strong>n, wie sie <strong>de</strong>r Soziologe<br />
Talcott Parsons beschrieben hat. Dieses<br />
Verhalten kann dann gänzlich an<strong>de</strong>rs sein,<br />
als das Verhalten, das gezeigt wird, wenn<br />
sich die Person unbeobachtet fühlt. Entspricht<br />
dieses Verhalten nicht <strong>de</strong>r eigenen<br />
Persönlichkeit, zeigt dieses „Rollenspiel“<br />
bereits nach kurzer Zeit Brüche. Die maximale<br />
Leistungsfähigkeit – zum Beispiel<br />
im Assessment-Center gezeigt – korrespondiert<br />
dann nur wenig mit <strong>de</strong>r in <strong>de</strong>r<br />
Praxis gezeigten Leistung, da Motive,<br />
Werte und Einstellungen zum Tragen<br />
<strong>personal</strong>magazin 09 / 10<br />
kommen. Professor Julius Kuhl aus Osnabrück<br />
zeigt, dass die klassischen Instrumente<br />
hier versagen: Fragebögen zur<br />
Motivmessung haben eine <strong>de</strong>utlich geringere<br />
Vorhersagekraft als die lange Zeit<br />
geschmähten projektiven Bil<strong>de</strong>rtests, die<br />
Karriere, Berufserfolg und Einkommen<br />
besser vorhersagen.<br />
Beurteilen im Dreischritt<br />
Um diesen menschlichen Verzerrungen<br />
zu begegnen, sind Systeme <strong>de</strong>r Personalauswahl<br />
und –beurteilung entwickelt<br />
wor<strong>de</strong>n, <strong>de</strong>ren Kern in einem<br />
Dreischritt besteht: Klassifi zieren, Kategorien<br />
bil<strong>de</strong>n und Interpretieren. Beim<br />
Klassifi zieren wird festgelegt, was beurteilt<br />
wer<strong>de</strong>n soll. Hierfür wer<strong>de</strong>n in <strong>de</strong>r<br />
Praxis Anfor<strong>de</strong>rungsprofi le erstellt und<br />
anhand dieser Anfor<strong>de</strong>rungen benötigte<br />
Kompetenzen abgeleitet. Die daraus<br />
entstehen<strong>de</strong>n Kategorien wer<strong>de</strong>n mit<br />
Ankerbeispielen belegt, sodass die Interpretation<br />
möglichst objektiviert wer<strong>de</strong>n<br />
WAHRNEHMUNGSFEHLER<br />
Selektive Wahrnehmung<br />
Unser persönlicher Erfahrungsschatz lässt uns bestimmte Dinge wahrnehmen und<br />
an<strong>de</strong>re nicht. Dies gilt beson<strong>de</strong>rs bei hoher Informationsdichte.<br />
Projektion<br />
Eigene Eigenschaften wer<strong>de</strong>n auf <strong>de</strong>n an<strong>de</strong>ren übertragen. Ist uns eine Person<br />
in einem wichtigen Merkmal ähnlich, übertragen wir gerne auch weitere eigen<br />
Eigenschaften auf diese Person.<br />
Halo-Effekt<br />
Wenige Merkmale und herausragen<strong>de</strong> Leistungen überstrahlen alles an<strong>de</strong>re. So<br />
wer<strong>de</strong>n attraktive Menschen intelligenter und sozial kompetenter eingeschätzt.<br />
Implizite Persönlichkeitstheorien<br />
Wahrnehmungen wer<strong>de</strong>n mit Eigenschaften und Bewertungen verknüpft (ein<br />
konservativer Kleidungsstil wird mit Gewissenhaftigkeit assoziiert und das weckt<br />
Vertrauen).<br />
Emotionsgeleitete Wahrnehmung<br />
Für Emotionen wie Angst und Liebe konnte nachgewiesen wer<strong>de</strong>n, dass unterschiedliche<br />
neuronale Muster <strong>de</strong>r Wahrnehmung aktiviert und zugleich an<strong>de</strong>re<br />
gehemmt wer<strong>de</strong>n. Eine objektive Wahrnehmung also gar nicht mehr möglich ist.<br />
Auch schwächere Emotionen lenken die Wahrnehmung.<br />
Bei Fragen wen<strong>de</strong>n Sie sich bitte an kristina.en<strong>de</strong>rle@<strong>personal</strong>magazin.<strong>de</strong><br />
SERIE: PSYCHOLOGIE IN HR<br />
kann. Durch Beobachterschulungen und<br />
die Diskussion in Gruppen wird zu<strong>de</strong>m<br />
eine Objektivierung erreicht. Diese Regeln<br />
wur<strong>de</strong>n für die Personalauswahl in<br />
<strong>de</strong>r DIN 33430 zusammengefasst.<br />
Ein <strong>de</strong>rzeit stark diskutiertes Thema<br />
ist auch die anonyme Bewerbung. Dabei<br />
sollen Name, Bild und Anschreiben nicht<br />
in <strong>de</strong>n Bewerbungsunterlagen auftauchen,<br />
um mögliche Wahrnehmungsverzerrungen<br />
auszuschließen. Gera<strong>de</strong> <strong>de</strong>r<br />
Einfl uss von Attraktivität auf die Bewerberauswahl<br />
wur<strong>de</strong> schon häufi g untersucht,<br />
zum Beispiel von Professor Heinz<br />
Schuler, Universität Hohenheim, o<strong>de</strong>r<br />
aktuell von Dr. Maria Agthe, Psychologin<br />
an <strong>de</strong>r Ludwigs-Maximilian-Universität<br />
in München.<br />
Studien belegen Wirkung von Intuition<br />
In letzter Zeit mehren sich die Befun<strong>de</strong>,<br />
dass in einer solchen objektivierten Beurteilung<br />
ein wesentlicher Kern menschlicher<br />
Urteilskraft übersehen wird: Die<br />
Intuition. Ap Dijksterhuis, Sozialpsychologe<br />
an <strong>de</strong>r Universität Nijmegen, kann<br />
zeigen, dass in komplexen Entscheidungssituationen<br />
die Objektivierung zu<br />
kurz greift. Seine Studien beziehen sich<br />
vor allem auf Kaufentscheidungen. Für<br />
Personalentscheidungen fehlen meines<br />
Wissens noch experimentelle Studien.<br />
In <strong>de</strong>r Hirnforschung wur<strong>de</strong> erkannt,<br />
ausgelöst durch die Split-Brain-Untersuchungen<br />
von Roger Sperry, <strong>de</strong>r 1981<br />
für diese Arbeit mit <strong>de</strong>m Nobelpreis<br />
ausgezeichnet wur<strong>de</strong>, dass die linke Hemisphäre<br />
für die rational geprägte Entscheidung<br />
zuständig ist. Sie verarbeitet<br />
sequenziell und hat eine begrenzte Aufnahmekapazität,<br />
dadurch ist sie entkoppelt<br />
von <strong>de</strong>r analogen, ganzheitlichen,<br />
komplexen und schnellen Verarbeitung,<br />
die <strong>de</strong>r Lebenserfahrung zugrun<strong>de</strong> liegt.<br />
Das wie<strong>de</strong>rum leistet die rechte Hemisphäre,<br />
die Zugang zu all diesem stillen<br />
Wissen hat, das aber nur bedingt in<br />
Sprache zu fassen und sehr viel stärker<br />
von Emotionen beeinfl usst ist.<br />
Blockiert die Standardisierung, die<br />
einseitig linkshemisphärisches Denken