BundespsychotherapeutenkammerMitteilungen der Bundespsychotherapeutenkammertung keinen Spielraum, rechtmäßig eineUmsetzung zu verzögern.In unserem Beispiel ist der Planungsbereichalso zukünftig erst gesperrt, wenndort tatsächlich 22 Psychotherapeuten arbeiten.Ab dem 1. Januar 2014 dürften sichdann noch fünf Psychotherapeuten niederlassen.Sind 22 Psychotherapeuten tätigund es gibt wider Erwarten psychotherapeutischtätige Ärzte, die sich dort niederlassenwollen, ist dies auch in Zukunftmöglich, da die Mindestquote weiterhingilt.KJ-Quote verbessert weiterhindie VersorgungDer Mindestversorgungsanteil für Leistungserbringer,die ausschließlich Kinderund Jugendliche psychotherapeutisch behandeln,dient nicht wie die Ärztequotedem Schutz einer bestimmten Berufsgruppe,sondern stellt die Versorgung einer bestimmtenPatientengruppe sicher. Alle Berufsgruppenkönnen die Quote für sich inAnspruch nehmen, wenn sie ausschließlichKinder und Jugendliche psychotherapeutischbehandeln: Ärzte, Psychologische Psychotherapeutenund Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten.Sie ist damit versorgungsbezogenund ihre Verlängerungaus Versorgungsgründen ein Erfolg. Die sichaus dem Mindestversorgungsanteil ergebendenZulassungsmöglichkeiten sind – imGegensatz zur berufsgruppenbezogenenÄrztequote – auch wahrgenommen wordenund die Versorgung von Kindern undJugendlichen wurde erheblich verbessert.Mit der Verlängerung der Quote, für derenEinführung und jetzige Verlängerung sichdie BPtK massiv eingesetzt hat, kann dieseVerbesserung dauerhaft gesichert werden.Gute Praxis psychotherapeutische Versorgung: Traumafokussierte Therapiebei Posttraumatischen BelastungsstörungenWie die Behandlung der PosttraumatischenBelastungsstörung (PTBS) nach aktuellemStand des medizinischen Wissensgestaltet und in der Versorgung umgesetztwerden sollte, war das Thema einer BPtK-Veranstaltung am 5. Juni <strong>2013</strong> aus der Reihe„Gute Praxis psychotherapeutische Versorgung“.In seiner Begrüßung wies Dr.Dietrich Munz, Vizepräsident der BPtK, daraufhin, dass das Leid von traumatisiertenPatienten von der Gesellschaft viele Jahrzehntenicht oder nur unzureichend anerkanntwurde. Notwendige Behandlungsangebotewürden den Patienten zum Teilnoch heute nicht in der erforderlichen Weisezugänglich gemacht.Psychotherapie ist die vorrangigeBehandlungsmethodeIn ihrem Vortrag zur S3-Leitlinie „PosttraumatischeBelastungsstörungen“ betonte Prof.Dr. Christine Knaevelsrud (Freie UniversitätBerlin), dass die Konzeptualisierung der DiagnosePTBS als relativ neues Störungsbildnoch immer gravierende Veränderungen erfahre.So werde zurzeit für die ICD-11 dieEinführung der neuen Diagnose „KomplexePTBS“ diskutiert, worunter PTBS-Krankheitsbildermit spezifischen Zusatzsymptomengefasst werden, die sich infolge lang andauernderbzw. wiederholter, schwerwiegenderTraumatisierung, wie z. B. sexueller Kindesmissbrauch,entwickelt haben.Prof. Dr. Christine KnaevelsrudBei den Therapieempfehlungen der aktuellenS3-Leitlinie habe jedoch die Diagnose„PTBS“ nach ICD-10 im Fokus gestanden.Hinsichtlich der Behandlung der PTBSempfiehlt die Leitlinie, dass jedem Patienteneine traumaadaptierte Psychotherapieangeboten werden soll. Psychopharmakotherapiesoll dagegen nicht als alleinigeTherapie der PTBS eingesetzt werden. DieDiskussion zur Rolle der Stabilisierungsphasein der Traumabehandlung bei komplexerPTBS sei in der Leitliniengruppesehr kontrovers geführt worden. Erste Therapiestudienbei dieser Patientengruppehätten allerdings zeigen können, dassauch bei der komplexen PTBS eine Traumakonfrontationfür eine Besserung erforderlichist, auch wenn dieser in vielen Fälleneine intensivere Vorbereitung vorangehenmüsse.Zweiphasige stationäreBehandlung bei komplexerTraumatisierungSabine Drebes, Psychotherapeutin imEvangelischen Krankenhaus Bielefeld,stellte in ihrem Beitrag das Konzept derstationären Behandlung von Traumafolgestörungen,insbesondere bei Patientinnenmit multipler Gewalterfahrung bzw. komplexerPTBS vor. Viele der behandelten Patientinnenlitten u. a. unter einer ausgeprägtendissoziativen Symptomatik, diespezifisch adressiert werden müsse. DieBehandlung orientiere sich an der PsychodynamischImaginativen Traumatherapie(PITT) nach Reddemann, die ein phasenorientiertesVorgehen aus Stabilisierung,Traumakonfrontation und Integration vorsehe.Sabine Drebes288 <strong>Psychotherapeutenjournal</strong> 3/<strong>2013</strong>
Insbesondere aufgrund begrenzter Kostenübernahmewürden derzeit jedoch nuretwa 30 Prozent der Patientinnen währendder stationären Behandlung auch diePhase der traumafokussierten Behandlungdurchlaufen. In der Konsequenz käme eszu teilweise vorab geplanten stationärenIntervallbehandlungen, in denen die Behandlungsphaseder Traumakonfrontationzu einem späteren Zeitpunkt nachgeholtwerde. Die Wiederaufnahmerate liege zurzeitbei circa 30 bis 40 Prozent.Traumafokussiertes Arbeiten inder ambulanten VersorgungDr. Anne Boos, niedergelassene Psychotherapeutin,betonte in ihrem Vortrag, dassletztlich alle evidenzbasierten Psychotherapiemethodenkonfrontative Behandlungselementebeinhalten würden und eine Integrationder traumafokussierten Methodenin die Psychotherapieverfahren erkennbarsei. In der ambulanten Versorgungkönnten zwei Untergruppen von traumatisiertenPatienten mit PTBS unterschiedenwerden:• Patienten mit „einfacher“ Traumatisierungund eingeschränkter Komorbidität,die i. d. R. im Rahmen einer Kurzzeittherapietraumafokussiert behandeltwerden könnten,• Patienten mit mehrfachen, schwerenund frühen (meist sexuellen) Traumatisierungenund erheblicher psychischerKomorbidität.Mitteilungen der BundespsychotherapeutenkammerDr. Anne BoosHier sei auch im ambulanten Bereich einZwei-Phasen-Modell sinnvoll. Jedoch solltedie Traumabehandlung frühzeitig zur Behandlungsoptiongemacht werden, in demVerständnis, dass Stabilisierung die Voraussetzung,aber nicht die Therapie der PTBSsei. Die zweiphasige Behandlung erfolgeidealerweise aus einer Hand, auch um dasVerschieben der als schwierig erlebtenKonfrontationsbehandlung in ein anderesSetting oder auf einen späteren Zeitpunktzu verhindern.BundespsychotherapeutenkammerPsychotherapie in Europa: The De-medicalising of primary mental health careAm 30. und 31. Mai <strong>2013</strong> kamen in Limerickrund 180 Fachleute unterschiedlicher Disziplinen,Gesundheitspolitiker und Stakeholderzur Europakonferenz „The De-medicalisationof primary mental health care“ zusammen.Sie erörterten die politischen, sozialen undwissenschaftlichen Herausforderungen einesbesseren Zugangs zur Psychotherapie.Die Tagung wurde von der Universität Limerickin Zusammenarbeit mit dem von derBPtK mitinitiierten „Network for PsychotherapeuticCare in Europe“ (NPCE) ausgerichtet.In ihrer Eröffnungsrede betonte Nessa Childers,EU-Abgeordnete und Schirmherrinder Veranstaltung, die Bedeutung des Themas.Abgesehen von den offensichtlichenVorteilen für den Einzelnen, werde eine gutepsychische Gesundheit immer wichtigerfür wirtschaftliches Wachstum und die sozialeEntwicklung in Europa. Dies seien zentraleZiele der Europäischen Union. Anschließendgaben Vorträge, Podiumsdiskussionenund Fragerunden Einblicke in die Unterschiedlichkeitder nationalen Versorgungsstrukturenund neuen Versorgungsansätze.Dr. Declan Aherne, Psychotherapeut an derUniversität Limerick, stellte zum Stellenwertvon Psychotherapie fest, dass diese für diemeisten psychischen Erkrankungen die geeignetsteBehandlung sei und bereits in der<strong>Psychotherapeutenjournal</strong> 3/<strong>2013</strong>Primärversorgung ohne zusätzliche Kostenverfügbar gemacht werden könnte. Dennocherhielten in Irland 90 Prozent aller Patientenmit einer depressiven Erkrankungeine pharmakologische Behandlung. Dagegenwürde nur 70 Prozent der Patienteneine Psychotherapie empfohlen. Dabeiwürden die Gesamtkosten für eine psychotherapeutischePrimärversorgung nach seinenBerechnungen 20 Prozent niedrigersein als die Ausgaben für Antidepressiva.Die Versorgungssituation in Deutschland erläuterteBPtK-Präsident Prof. Dr. Rainer Richter.In Deutschland gebe es gute Voraussetzungenfür die psychotherapeutische Primärversorgung.Die Psychotherapeuten seienhochqualifiziert, Patienten hätten Anspruchauf einen direkten Zugang zu Psychotherapeutenund Psychotherapie sei inzwischenein gut etablierter Bestandteil des Gesundheitswesens.Dennoch sei das Potenzial vonPsychotherapie in der Gesundheitsversorgungnoch lange nicht ausgeschöpft. Insbesonderefehle es in den Strukturen des Gesundheitswesensan Kooperation und Koordinationbei der Versorgung psychisch krankerMenschen. Die Hausärzte müsstenbesser qualifiziert werden, um den Bedarf füreine psychotherapeutische Behandlungrechtzeitig zu erkennen, und sie müsstenkünftig viel enger mit den Psychotherapeutenzusammenarbeiten. Bei der Versorgungvon Patienten mit komplexem Behandlungsbedarfmüsse darüber hinaus eine sektorenübergreifendeund interdisziplinäre Behandlungrealisiert werden können.Beispiele guter Praxis aus unterschiedlichenLändern Europas, die von freiem Zugang zuKurzzeitpsychotherapie in den Niederlandenbis hin zu aufsuchenden psychotherapeutischenHilfen in Schottland reichten,zeigten, dass psychische Erkrankungenganz Europa vor vergleichbare Herausforderungenstellen. Sie verdeutlichten zugleich,dass es nicht nur den Bedarf, sondern auchdie Möglichkeit zur Verbesserung der Versorgunggibt. Die Teilnehmer der Konferenzunterstrichen vor diesem Hintergrund denWillen zur verstärkten Zusammenarbeit undregten ein Projekt der EU-Kommission zurVerbesserung des Zugangs zur psychotherapeutischenVersorgung an. Das in denkommenden Jahren laufende EU-RahmenforschungsprogrammHORIZON biete dieMöglichkeit dazu. Ausführlichere Informationenfinden Sie unter: www.npce.eu.GeschäftsstelleKlosterstraße 6410179 BerlinTel. 030 278785-0Fax 030 278785-44info@bptk.de www.bptk.de289