Zeitschrift - Kommunalverlag
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Energiehändlern drohen hohe Eigenkapitalanforderungen aus Brüssel<br />
BDEW: Unternehmen sollen in Zukunft den Handel mit Strom- und Gasmengen absichern /<br />
Wichtige Investitionen könnten aufgeschoben werden<br />
Die Europäische Kommission hat heute eine Überarbeitung<br />
des Regelwerks zur Eigenkapitalhinterlegung (Capital Requirements<br />
Directive - CRD) von Banken und Finanzinstituten<br />
vorgelegt. Die Brüsseler Behörde plant laut dieser Neufassung,<br />
die bisher geltenden Anforderungen an die Höhe des<br />
hinterlegten Eigenkapitals zu verschärfen. Von diesen Regeln<br />
werden möglicherweise in Zukunft auch Energiehändler betroffen<br />
sein, da mit der Reform der EU-Finanzmarktrichtlinie<br />
(Markets in Financial Instruments Directive - MiFID) Energiehandelsunternehmen<br />
zu aufsichtspflichtigen Finanzdienstleistern<br />
werden könnten. Somit würden Eigenkapitalvorschriften<br />
aus der CRD auch für sie gelten.<br />
"Würden die Vorstellungen der Kommission umgesetzt werden,<br />
dann müssten die Energieunternehmen sehr viel mehr<br />
Eigenkapital als bislang vorhalten, mit dem der Handel von<br />
Strom- oder Gasmengen sowie von CO2-Zertifikaten abgesichert<br />
werden müsste", sagte Hildegard Müller, Vorsitzende<br />
der Hauptgeschäftsführung des Bundesverbandes der<br />
Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW), anlässlich des Vorschlags<br />
der Kommission. Damit wäre unverhältnismäßig viel<br />
Kapital gebunden, was zu einer Einschränkung des sonstigen<br />
Geschäfts führen würde. Dies erschwere auch unnötig den<br />
Eintritt für neue Marktteilnehmer. Außerdem würde dann das<br />
Geld für wichtige Investitionsmaßnahmen fehlen. Industrieunternehmen<br />
unterschieden sich deutlich von Banken, da ihr<br />
Kapital in Anlagevermögen gebunden ist, so Müller.<br />
"Die Umsetzung dieser Richtlinie würde zu einschneidenden<br />
Veränderungen in der Energiebranche führen", fügte Müller<br />
hinzu. Gerade zum jetzigen Zeitpunkt seien die Unternehmen<br />
auf gute Investitionsbedingungen, Planungssicherheit und<br />
auf Wettbewerb angewiesen. "Wir brauchen Investitionen in<br />
Erneuerbare Energien, konventionelle Gas- und Kohlekraftwerke<br />
und neue Netze, um die Herausforderungen der Energiewende<br />
zu meistern", sagte die Vorsitzende der BDEW-<br />
Hauptgeschäftsführung. Diese Bemühungen würden durch<br />
die Vorstellungen der EU-Kommission konterkariert. Viele<br />
- gerade kleine und mittelständische - Energieunternehmen<br />
wären gezwungen, sich vom Energiehandel zurückzuziehen,<br />
BITKOM zum Aus für Elena<br />
Scharfe Kritik an der Hüh-Hott-Politik der Bundesregierung<br />
Der Hightech-Verband BITKOM kritisiert den Stopp des elektronischen<br />
Entgeltnachweises ELENA. BITKOM-Präsident<br />
Prof. Dieter Kempf kommentiert wie folgt:<br />
„Der Praxisbetrieb von Elena hat keinerlei Erkenntnisse zutage<br />
gefördert, die nicht vor dem Start dieses Systems bekannt<br />
gewesen wären. Es erstaunt uns, dass man mit großem Aufwand<br />
und nach langer Vorbereitungszeit ein modernes Verfahren<br />
einführt und dann handstreichartig wieder beendet.<br />
Anstatt das Rad zurückzudrehen, hätte man besser den<br />
Umfang der einzusammelnden Daten kritisch überprüft und<br />
Verbesserungen im laufenden Betrieb vorgenommen, wie das<br />
bei Technologieprojekten üblich ist. Die Wirtschaft hat im Vertrauen<br />
auf ein Bundesgesetz viel in ELENA investiert. Diese<br />
Investitionen der Wirtschaft, aber auch jene der Verwaltung<br />
was zu einer deutlichen Reduzierung des Wettbewerbs und<br />
sinkender Liquidität auf den Energiemärkten führen würde.<br />
Die Balance zwischen freiem Wettbewerb auf dem Energiemarkt<br />
und politischen Vorgaben und Zielen dürfe aber nicht<br />
aus der Balance geraten.<br />
Zum Hintergrund: Um das Risiko einer erneuten Finanzkrise<br />
zu verringern, bereitet die Europäische Kommission in Brüssel<br />
derzeit neue Regeln für den Finanzmarkt vor. Die Regeln<br />
für die Eigenkapitalhinterlegung galten dabei bislang nur für<br />
Akteure des Finanzmarkts.<br />
"Für den BDEW ist es vollkommen unverständlich, warum der<br />
Handel mit Strom und Gas genauso behandelt werden soll<br />
wie die sicher notwendigen Regelungen für Finanzmarktprodukte,<br />
die zum Teil ein hohes Ausfallrisiko aufweisen können.<br />
Der Energiehandel birgt - anders als Banken - kein systemisches<br />
Risiko in sich", erläuterte Müller. Weder hätten Energiehandelsunternehmen<br />
zur Finanzmarktkrise beigetragen,<br />
noch wäre bei Insolvenz einzelner Handelsfirmen die Energieversorgung<br />
gefährdet. Der Handel mit Finanzmarktprodukten<br />
sei etwas völlig anderes als der Handel mit physischen Produkten<br />
wie Strom- oder Gasmengen.<br />
Der BDEW hatte sich stets für ein maßgeschneidertes Regelwerk<br />
für den Energiebereich ausgesprochen. Ein solches<br />
Regelwerk steht nach der Einigung über die EU-Richtlinie für<br />
ein Markttransparenz- und Integritätsregime für den Energiehandel<br />
(REMIT - Regulation on Energy Market Integrity and<br />
Transparency) kurz vor der Verabschiedung. "Wir fordern die<br />
Europäische Kommission, das Europäische Parlament und<br />
den Rat der EU daher dringend auf, die bisher bestehenden<br />
Regelungen für den Energiehandel beizubehalten. Der BDEW<br />
hat dies in Brüssel bereits nachdrücklich gefordert. Wir werden<br />
uns in den kommenden Wochen intensiv für Regelungen<br />
einsetzen, die es auch kleinen und mittleren Unternehmen<br />
ermöglicht, weiter Handelsgeschäfte zu tätigen", so die Vorsitzende<br />
der BDEW-Hauptgeschäftsführung abschließend.<br />
Weitere Informationen unter: www.bdew.de.<br />
zum Aufbau der ELENA-Infrastruktur, werden damit obsolet.<br />
Noch schlimmer, die Wirtschaft trägt jetzt auch noch den Aufwand<br />
des Rückbaus! Mögliche Vorteile eines elektronischen<br />
Meldeverfahrens, wie z. B. der bessere Schutz der Privatsphäre<br />
der Arbeitsnehmer bleiben damit ungenutzt.<br />
Wir konnten in den letzten Jahren mehrfach beobachten,<br />
wie mit großem Aufwand Technologieprojekte eingeführt und<br />
dann plötzlich gestoppt wurden. Deutschland hinkt anderen<br />
Ländern im E-Government um Jahre hinterher und befindet<br />
sich im internationalen Vergleich auf einem beschämenden<br />
Platz im hinteren Mittelfeld. Die Verwaltung sollte schnellstmöglich<br />
und umfassend modernisiert werden. Dies würde<br />
Steuerzahler wie Unternehmen gleichermaßen entlasten. Die<br />
aktuelle Hüh-Hott-Politik muss beendet werden.“<br />
Kommunalwirtschaft 08/2011 525