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BuB | Lesesaal<br />

Schwerpunkt<br />

352 Bibliothekartag 2009<br />

Frank Eckardt<br />

Der lange Weg zum Lesen<br />

Stadtteilbibliotheken in benachteiligten Nachbarschaften<br />

Aus <strong>de</strong>n unterschiedlichen Studien über<br />

Benachteiligungen im Arbeitsleben ist bekannt,<br />

dass die Lesekompetenz bei <strong>de</strong>n bildungsfernen<br />

sozialen Gruppen beson<strong>de</strong>re<br />

Aufmerksamkeit und eine beson<strong>de</strong>re Hinführung<br />

zum Lesen erfor<strong>de</strong>rt. Die kulturelle<br />

Nähe zum Lesen ist dabei auch von attraktiven<br />

Angeboten in <strong>de</strong>r räumlichen Nähe<br />

abhängig. Wie und in welcher Weise sich<br />

Stadtteilbibliotheken mit dieser Herausfor<strong>de</strong>rung<br />

auseinan<strong>de</strong>rsetzen, ist das Thema<br />

einer Umfrage unter <strong>de</strong>n Stadtteilbibliotheken<br />

in neun Großstädten Deutschlands<br />

(Hamburg, Bremen, Berlin, Dres<strong>de</strong>n, Leipzig,<br />

Dortmund, Frankfurt, Stuttgart, München)<br />

gewesen, <strong>de</strong>ren Resultate beim 98.<br />

Deutschen Bibliothekartag in Erfurt dargestellt<br />

wer<strong>de</strong>n. Vorab sollen in diesem Artikel<br />

einige wichtige Einblicke in die noch<br />

laufen<strong>de</strong> Befragung gegeben wer<strong>de</strong>n, während<br />

<strong>de</strong>r Vortrag auch Beispiele referieren<br />

wird, die in positiver Weise Beispiel geben<br />

für die Arbeit von Stadtteilbibliotheken in<br />

benachteiligten Stadtteilen.<br />

Es scheint, dass in <strong>de</strong>n meisten Städten <strong>de</strong>r<br />

Bestand an Stadtteilbibliotheken weitgehend<br />

gesichert ist. Die finanziellen Engpässe<br />

<strong>de</strong>r letzten Jahre haben aber dazu geführt,<br />

dass zum Teil erheblich gespart wer<strong>de</strong>n<br />

musste und <strong>de</strong>mentsprechend auch<br />

viele Stadtteilbibliotheken geschlossen<br />

Die Ansiedlung von Stadtteilbibliotheken<br />

ist zum Teil hochgradig<br />

symbolisch und mit Kirchturmpolitik<br />

verbun<strong>de</strong>n.<br />

wur<strong>de</strong>n. Eine Diskussion um einen Ausbau<br />

<strong>de</strong>r bestehen<strong>de</strong>n Struktur gibt es allerdings<br />

nur in zwei <strong>de</strong>r befragten Städte.<br />

In lediglich zwei Städten wur<strong>de</strong> angegeben,<br />

dass die Grundausstattung kritisch<br />

sei und dass man dadurch auch weitergehen<strong>de</strong>n<br />

Ansprüchen nicht gerecht wer<strong>de</strong>n<br />

könne.<br />

Die Be<strong>de</strong>utung <strong>de</strong>r Stadtteilbibliotheken<br />

ist aber im Allgemeinen anerkannt, und<br />

auch die Bekanntheit <strong>de</strong>r Angebote scheint<br />

weitgehend zufrie<strong>de</strong>nstellend zu sein. Letzteres<br />

wird als eine Daueraufgabe gesehen.<br />

Die Besuchernutzung ist konstant und in <strong>de</strong>r<br />

Mehrheit auch steigend. Statistische Zahlen<br />

belegen in <strong>de</strong>r Regel eine Ausleihsteigerung.<br />

Bibliothek und Lage<br />

Alle beteiligten Stadtteilbibliotheken müssen<br />

wir als Akteure in einer Nachbarschaft<br />

o<strong>de</strong>r einem Stadtviertel betrachten. Manche<br />

Bibliotheken sind sehr in die Alltagswelt<br />

Programm-Tipp 2<br />

<strong>de</strong>r Bewohner integriert, etwa durch Anbindung<br />

an eine Einkaufspassage o<strong>de</strong>r durch<br />

Integration in ein Schulgebäu<strong>de</strong>. Allerdings<br />

gibt es durchaus auch benachteiligte Stadtteile,<br />

die keinen direkten Zugang zu einer<br />

Bibliothek haben und <strong>de</strong>r Weg wenig attraktiv,<br />

umständlich und durchaus zeitaufwendig<br />

ist, bis man vor einem Bücherregal<br />

steht.<br />

Die Ansiedlung von Stadtteilbibliotheken<br />

ist zum Teil hochgradig symbolisch und mit<br />

Kirchturmpolitik verbun<strong>de</strong>n. Die Zugänglichkeit<br />

ist daher oftmals ein Anliegen von<br />

Bibliothekaren, das sich gegen an<strong>de</strong>re erst<br />

durchzusetzen hat. Eine Ansiedlung nach<br />

Gesichtspunkten, bei <strong>de</strong>r eine Umsiedlung<br />

in einen benachteiligten Stadtteil vollzogen<br />

wird, wird nirgends geplant.<br />

Auf <strong>de</strong>m Hintergrund einer kulturellen<br />

Tradition wird die Stadtteilbibliothek nicht<br />

mehr instrumentell betrachtet, sie stellt vielmehr<br />

eine Ressource <strong>de</strong>r lokalen I<strong>de</strong>ntität<br />

dar. Viele Bürger i<strong>de</strong>ntifizieren sich mit ihr<br />

und engagieren sich <strong>de</strong>shalb für »ihre« Bibliothek<br />

vor Ort. Dies schafft aber das Problem,<br />

auf die aktuellen Bedürfnisse an<strong>de</strong>rnorts<br />

zu reagieren.<br />

Bibliothek und Stadtteil<br />

Bei allen geführten Gesprächen konnte eine<br />

hohe und zum Teil sehr hohe Sensibilität für<br />

die Beson<strong>de</strong>rheiten <strong>de</strong>r jeweiligen Stadtteile<br />

festgestellt wer<strong>de</strong>n. Die Wahrnehmung<br />

<strong>de</strong>s Stadtteils ergibt sich dabei sowohl aus<br />

<strong>de</strong>r Kommunikation mit <strong>de</strong>n Benutzern<br />

als auch durch die Vernetzung mit an<strong>de</strong>ren<br />

Institutionen und Akteuren im Stadtteil.<br />

Insbeson<strong>de</strong>re die Überrepräsentation<br />

von ethnischen Min<strong>de</strong>rheiten in <strong>de</strong>n betroffenen<br />

Gebieten ist <strong>de</strong>n Mitarbeitern von<br />

Stadtteilbibliotheken gegenwärtig und Teil<br />

<strong>de</strong>r internen Diskussionen und Aktivitäten.<br />

Dabei fällt allerdings die Herangehensweise<br />

durchaus unterschiedlich aus. Dies hat<br />

auch mit <strong>de</strong>r Spezifik je<strong>de</strong>s einzelnen Stadtviertels<br />

zu tun. Diese Unterschie<strong>de</strong> ergeben<br />

sich durch die Anzahl <strong>de</strong>r Menschen mit Migrationshintergrund<br />

und <strong>de</strong>ren kulturellen<br />

Hintergrün<strong>de</strong>n, die manchmal eher mit einer<br />

Einwan<strong>de</strong>rergruppe (Russlandstämmige,<br />

Türken) verbun<strong>de</strong>n sind o<strong>de</strong>r aber auch<br />

durch eine große Diversität gekennzeichnet<br />

ist.<br />

Stadtteile mit einer großen Verschie<strong>de</strong>nartigkeit<br />

<strong>de</strong>r Einwan<strong>de</strong>rer können dabei<br />

kaum auf die beson<strong>de</strong>ren Ansprüche einzelner<br />

Gruppen eingehen, während etwa bei<br />

<strong>de</strong>r Medienanschaffung ansonsten insbeson<strong>de</strong>re<br />

türkische und russische Angebote<br />

Es ist <strong>de</strong>r Eindruck entstan<strong>de</strong>n,<br />

dass <strong>de</strong>r erlaubte Spielraum<br />

für autonomes Han<strong>de</strong>ln gerne<br />

und mit viel Elan auch von <strong>de</strong>n<br />

Stadtteilbibliotheken wahrgenommen<br />

wird.<br />

wahrgenommen o<strong>de</strong>r erwogen wer<strong>de</strong>n. Es<br />

wur<strong>de</strong> aber fast einstimmig die Auffassung<br />

vertreten, dass <strong>de</strong>utschsprachigen Angeboten<br />

Priorität eingeräumt wer<strong>de</strong>n sollte.<br />

Auch an<strong>de</strong>ren Aspekten sozialer Benachteiligung<br />

wird von <strong>de</strong>n befragten Bibliothekaren<br />

Aufmerksamkeit geschenkt.<br />

Mit viel Sorge wer<strong>de</strong>n die Auswirkungen<br />

von Mitgliedschafts- und Nutzungskosten<br />

registriert. Jedoch sind nach wie vor auch<br />

Kin<strong>de</strong>r und <strong>de</strong>ren Familien, die unter Armutsbedingungen<br />

leben, Nutzer <strong>de</strong>r Bibliotheken.<br />

<strong>www</strong>.<strong>B–u–B</strong>.<strong>de</strong><br />

BuB | 61 (2009) 04 05

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