www .B–u–B.de
www .B–u–B.de
www .B–u–B.de
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Bibliothekartag 2009<br />
BuB | 61 (2009) 04<br />
Schwerpunkt<br />
Christiane Heibach<br />
Herausragen<strong>de</strong> historische Bestän<strong>de</strong> mit<br />
umfassen<strong>de</strong>m Zugriff auf digitale Medien<br />
Universitäts- und Forschungsbibliothek Erfurt/Gotha ist Gastgeberin<br />
<strong>de</strong>s Deutschen Bibliothekartages 2009<br />
Neben <strong>de</strong>m straff geplanten wissenschaftlichen<br />
Programm mit zahlreichen<br />
Workshops, Podiumsdiskussionen und<br />
Vorträgen bietet <strong>de</strong>r diesjährige Bibliothekartag<br />
seinen Teilnehmern auch wie<strong>de</strong>r<br />
ein Rahmenprogramm. Von Dienstag<br />
bis einschließlich Samstag organisiert die<br />
Erfurt Tourismus und Marketing GmbH<br />
Ausfl üge in die Umgebung von Erfurt.<br />
Um zu entspannen, weitere I<strong>de</strong>en sowie<br />
Anregungen zu sammeln, empfi ehlt sich<br />
zum Beispiel ein Besuch <strong>de</strong>r zahlreichen<br />
Bibliotheken <strong>de</strong>r Gegend. Im BuB-Schwerpunkt<br />
wer<strong>de</strong>n drei dieser Ausfl ugsziele als<br />
kleiner »Appetithappen« vorgestellt: die<br />
Universitäts- und Forschungsbibliothek<br />
<strong>de</strong>r Universität Erfurt/Gotha, die Stadt-<br />
und Regionalbibliothek Erfurt sowie die<br />
Stadtbücherei Weimar.<br />
Im Jahr 1412 vermachte <strong>de</strong>r wohlhaben<strong>de</strong><br />
Gelehrte und Arzt Amplonius<br />
Rating <strong>de</strong> Bercka »alle myne buchere«<br />
<strong>de</strong>m von ihm gegrün<strong>de</strong>ten Collegium Porta<br />
Coeli, das zur damals gera<strong>de</strong> 20 Jahre<br />
alten Universität Erfurt gehörte. Er legte<br />
damit <strong>de</strong>n Grundstein einer wissenschaft-<br />
In <strong>de</strong>n ersten bei<strong>de</strong>n Jahrzehnten<br />
<strong>de</strong>s 16. Jahrhun<strong>de</strong>rts wur<strong>de</strong> die<br />
Erfurter Universität zu einem Zentrum<br />
<strong>de</strong>s Humanismus.<br />
lichen Bibliothek, die mit diesem ererbten<br />
Buchbestand von 633 Bän<strong>de</strong>n plötzlich<br />
eine <strong>de</strong>r bestausgestatteten ihrer Zeit in<br />
Europa war.<br />
Zum Vergleich: Die Artistenfakultät<br />
<strong>de</strong>r Universität Löwen verfügte 1440 über<br />
140 Bän<strong>de</strong>, die Medizinische Fakultät in<br />
Paris En<strong>de</strong> <strong>de</strong>s 14. Jahrhun<strong>de</strong>rts gera<strong>de</strong><br />
mal über einen Bestand von 13 Bän<strong>de</strong>n.<br />
Auch die eigentliche Bibliothek <strong>de</strong>r Universität<br />
Erfurt gehörte mit 800 bis 1 000<br />
Bän<strong>de</strong>n zum En<strong>de</strong> <strong>de</strong>s 15. Jahrhun<strong>de</strong>rts<br />
zu <strong>de</strong>n umfangreichsten ihrer Art und war<br />
<strong>www</strong>.<strong>B–u–B</strong>.<strong>de</strong><br />
Lesesaal | BuB 355<br />
sichtbarer Ausdruck <strong>de</strong>s exzellenten Rufes,<br />
<strong>de</strong>n die »Hierana« zu dieser Zeit hatte.<br />
Revolutionäre Denker<br />
Diese glanzvolle Epoche fand einen weiteren<br />
Höhepunkt in <strong>de</strong>n ersten bei<strong>de</strong>n<br />
Jahrzehnten <strong>de</strong>s 16. Jahrhun<strong>de</strong>rts, als die<br />
Erfurter Universität zu einem Zentrum<br />
<strong>de</strong>s Humanismus und damit zu einem<br />
Kristallisationspunkt für eine <strong>de</strong>r folgenreichsten<br />
geistigen Auseinan<strong>de</strong>rsetzungen<br />
auf <strong>de</strong>m Weg in die Mo<strong>de</strong>rne wur<strong>de</strong>: Mit<br />
Conrad Celtis und Eobanus Hessus, mit<br />
Crotus Rubeanus, einem <strong>de</strong>r Verfasser <strong>de</strong>r<br />
gegen die traditionelle kirchliche Scholastik<br />
gerichteten »Dunkelmännerbriefe«,<br />
und – allen voran – mit Martin Luther<br />
fand sich eine brisante Konstellation revolutionärer<br />
Denker in Erfurt, <strong>de</strong>ren Wirken<br />
die politische und religiöse Landschaft<br />
Europas nachhaltig verän<strong>de</strong>rte.<br />
Als 1816 die Universität im Zuge <strong>de</strong>r<br />
napoleonischen Kriege mangels Stu<strong>de</strong>nten<br />
geschlossen wer<strong>de</strong>n musste, war diese<br />
Glanzzeit nur noch eine verblassen<strong>de</strong> Spur<br />
in <strong>de</strong>n Geschichtsbüchern – <strong>de</strong>r Nie<strong>de</strong>rgang<br />
<strong>de</strong>r Universität setzte schon in <strong>de</strong>r<br />
Mitte <strong>de</strong>s 16. Jahrhun<strong>de</strong>rts ein. Christoph<br />
Martin Wieland, <strong>de</strong>r 1769 hoffnungsvoll<br />
seine Professur für Philosophie in Erfurt<br />
antrat, seufzte schon wenige Monate später<br />
resigniert auf, »daß man leichter einen<br />
Mohren weiß waschen, als die Erfurter<br />
Universität empor bringen könnte«.<br />
Während <strong>de</strong>r Bestand <strong>de</strong>r Universitätsbibliothek<br />
nach <strong>de</strong>r Aufl ösung <strong>de</strong>r<br />
Universität in alle Win<strong>de</strong> verstreut wur<strong>de</strong>,<br />
verblieb die inzwischen auf weit über<br />
Der Neubau <strong>de</strong>r Universitätsbibliothek auf <strong>de</strong>m Campus ist eine wichtige Anlaufstätte für Studieren<strong>de</strong><br />
und Wissenschaftler. Foto: Pressestelle Universität Erfurt/Gotha