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388 388 BuB | Magazin Lesesaal<br />
Fachliteratur<br />
Beson<strong>de</strong>rs begabt<br />
Zum Mediennutzungsverhalten<br />
<strong>de</strong>r nach 1980 Geborenen:<br />
Forschungsergebnisse und<br />
Konsequenzen<br />
Palfrey, John; Urs Gasser: Generation Internet.<br />
Die Digital Natives: Wie sie leben,<br />
was sie <strong>de</strong>nken, wie sie arbeiten. München:<br />
Hanser, 2008. VIII, 440 Seiten: grafi<br />
sche Darstellungen. – gebun<strong>de</strong>n 19,90<br />
Euro<br />
Anschrift <strong>de</strong>r Rezensentin: Prof. Susanne Krüger,<br />
Hochschule <strong>de</strong>r Medien, Fakultät Information<br />
und Kommunikation, Wolframstraße 32,<br />
70191 Stuttgart; kruegers@hdm-stuttgart.<strong>de</strong><br />
Die »Digital Natives« sind Menschen,<br />
die nach 1980 direkt in das<br />
digitale Zeitalter hineingeboren<br />
wur<strong>de</strong>n. Sie sind vernetzt und mit <strong>de</strong>n<br />
neuen digitalen Medien und Möglichkeiten<br />
vertraut. So lautet die Defi nition <strong>de</strong>r<br />
bei<strong>de</strong>n Autoren, die auf 350 Seiten die<br />
»Generation Internet« in einer Mischung<br />
aus soziologischer Analyse und einem Ratgeber<br />
für besorgte Eltern, Lehrer und auch<br />
Bibliothekare (!) beschreiben.<br />
Die sogenannten »Digital Immigrants«,<br />
also die Älteren, die sich noch an eine Zeit<br />
ohne Handy und Internet erinnern können<br />
und die sich mit <strong>de</strong>m rasanten Wechsel<br />
<strong>de</strong>r Technik und ihren pädagogischen<br />
Vorbehalten herumschlagen, sind die eigentlichen<br />
Adressaten für das Buch.<br />
Neue I<strong>de</strong>ntitäten<br />
Methodisch haben Palfrey und Gasser,<br />
Professoren in unterschiedlichen Disziplinen,<br />
für dieses Buch aktuelle Forschungsansätze<br />
referiert und kommentiert, dazu<br />
kommen Ergebnisse aus Befragungen mit<br />
jungen Leuten aus aller Welt und Interviews<br />
mit Multiplikatoren. Aka<strong>de</strong>misch<br />
korrekt, mit vielen Quellenangaben, ist<br />
das Buch in 13 Kapiteln leicht rezipierbar,<br />
»populärwissenschaftlich« im positiven<br />
Sinn.<br />
Ganz zu Anfang wird auf die »Partizipationslücke«<br />
hingewiesen: Von sechs<br />
Milliar<strong>de</strong>n Menschen verfügen lediglich<br />
eine Milliar<strong>de</strong> über Zugang zu digitalen<br />
Technologien! Diese Milliar<strong>de</strong> ist durch<br />
<strong>de</strong>n Umgang mit elektronischen Medien<br />
geprägt: Die Autoren diskutieren einen<br />
neuen »I<strong>de</strong>ntitätsbegriff«, da neben einer<br />
realen auch eine virtuelle persönliche<br />
I<strong>de</strong>ntität kreiert wer<strong>de</strong>, die dazu gewechselt<br />
wer<strong>de</strong>n kann und sich in ständiger<br />
Kommunikation mit an<strong>de</strong>ren befi n<strong>de</strong>t.<br />
Paradox sei dabei die Tatsache, dass<br />
durch das Hinterlassen von persönlichen<br />
Informationen im Netz, diese öffentlich<br />
fi xiert wer<strong>de</strong>n und sich <strong>de</strong>r Kontrolle oft<br />
Die sogenannten »Digital Immigrants«,<br />
also die Älteren, die sich noch<br />
an eine Zeit ohne Handy und Internet<br />
erinnern können, sind die eigentlichen<br />
Adressaten für das Buch.<br />
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entziehen. Die Befürchtung, dass sich in<br />
<strong>de</strong>r Zukunft diese gesammelten Informationen<br />
für User schädlich auswirken<br />
können, wird breit diskutiert. Der Markt<br />
für personenbezogene Informationen entwickele<br />
sich schneller als <strong>de</strong>r Datenschutz.<br />
Keiner könne zurzeit die von ihm angelegten<br />
»digitalen Dossiers, sei es vom Arbeitgeber,<br />
von <strong>de</strong>r Krankenkasse o<strong>de</strong>r an<strong>de</strong>ren<br />
Institutionen, kontrollieren.<br />
Aufklärung und Vertrauen<br />
Die Themen Sicherheit, Pornografi e und<br />
Cyberbullying (Mobbing im Netz) behan<strong>de</strong>ln<br />
die Autoren ausführlich, in<strong>de</strong>m<br />
sie die Ängste von Eltern aufgreifen und<br />
nachweisen, dass auch im digitalen Zeitalter<br />
Strategien greifen, mit <strong>de</strong>nen Kin<strong>de</strong>r<br />
offl ine vor Gefahren geschützt wer<strong>de</strong>n<br />
können. Statt Verboten, die nicht viel<br />
nützten, setzen die Autoren auf Aufklärung<br />
und Vertrauen.<br />
Neue Formen <strong>de</strong>r kreativen Betätigung<br />
wie Fun-Synchro, Fan-Fiction o<strong>de</strong>r Sampling<br />
wer<strong>de</strong>n in ihrem Spannungsverhältnis<br />
zu <strong>de</strong>n gelten<strong>de</strong>n urheberrechtlichen<br />
Bestimmungen gesehen, wobei die Autoren<br />
für eine neue, <strong>de</strong>n Digital Natives entgegenkommen<strong>de</strong><br />
Rechtsprechung plädieren<br />
und dafür die Entwicklungen in <strong>de</strong>r<br />
Musikindustrie genauer unter die Lupe<br />
nehmen.<br />
Als Unternehmer seien die Digital Natives<br />
beson<strong>de</strong>rs darin begabt, Dienste und<br />
Produkte zu entwickeln, die an<strong>de</strong>re Digital<br />
Natives ansprechen sollen. Im Buch<br />
wird das Beispiel <strong>de</strong>r Facebook-Grün<strong>de</strong>r<br />
ausführlich dargestellt. Problematisiert<br />
wird <strong>de</strong>r fl apsige Umgangsstil, <strong>de</strong>n man,<br />
so die Autoren, nicht immer tolerieren<br />
müsse. Stressintensive Arbeitsfel<strong>de</strong>r wür<strong>de</strong>n<br />
dagegen nachweislich von multitasking-fähigen<br />
Digital Natives sehr viel besser<br />
bewältigt als von <strong>de</strong>n Immigrants.<br />
Mehr Kontakte – mehr Quellen<br />
Für <strong>de</strong>n bibliothekarischen Berufsstand ist<br />
die Auseinan<strong>de</strong>rsetzung um die »Qualität«<br />
<strong>de</strong>r Informationen interessant. Heute,<br />
so die Autoren, sei die Herausfor<strong>de</strong>rung<br />
nicht mehr länger, sicherzustellen, dass<br />
ausreichend Informationen vorhan<strong>de</strong>n<br />
sind. Als Problem zeige sich vielmehr, dass<br />
wir Zugang zu einem Überfl uss an Informationen<br />
haben: »Wir erleben etwas Außergewöhnliches:<br />
einen Echtzeittest <strong>de</strong>r<br />
Philosophie, dass mehr Information aus<br />
mehr Quellen für eine Gesellschaft letztlich<br />
›besser‹ ist.« (Seite 185). Doch was ist<br />
»Informationsqualität«? Je nach Vorwissen<br />
könne diese sehr unterschiedlich empfun<strong>de</strong>n<br />
wer<strong>de</strong>n, sei also sehr subjektiv.<br />
Die Autoren untersuchen die vier »Regulationsinstanzen«<br />
Märkte, Normen,<br />
Co<strong>de</strong>s und Recht um festzustellen, dass<br />
im Moment Aufklärung und Ausbildung<br />
<strong>de</strong>r beste Weg sind, Digital Natives da-<br />
BuB | 61 (2009) 05