<strong>Erwachsen</strong> <strong>glauben</strong>18anwenden auf das eigene Glaubensleben: Was sind die Säulen, auf denen mein eigener Glaubeeigentlich ruht? Dem wollen wir weiter nachgehen. Was die Säulenheiligen an allgemeiner kirchlicherIdentität aufrufen, kann ich für mich in meiner individuellen religiösen Identität zu benennenversuchen. Was die Säulen nach Petzold für meine individuelle Identität beschreiben, kann ich aufden Bereich meiner individuellen Religiosität auf festen Grund zu stellen.2.2.3 Die Säulen meines individuellen GlaubensMit Blick auf die Säulen meines individuellen Glaubens möchte ich erst eine Begründung liefern,warum das für meinen Glauben so wichtig ist, dann nenne ich einen Haufen von Beispielen undschliesse mit der Betrachtung einer Bibelstelle.Christopherus und der MönchVielleicht müssen wir uns erst vergewissern, warum wir uns nachden Säulen meines eigenen Glaubens vergewissern wollen. Wirkönnten ja auch im Sinne der Säulenheiligen in der Lateranbasilikasagen, dass die Lehre der Apostel genügt. Aber ich meine, dabeiwird leicht Weg und Ziel verwechselt: ich muss schauen, wo ichjetzt im Moment stehe, und das ist der Beginn meines Weges, undvon dort mag ich mich fragen, wie ich weiterkomme, undwomöglich trägt mich der Glaube dann schliesslich so, wie er dieHeiligen und die Apostel trägt. Ich möchte darum lieber ein Beispiel aufgreifen, dass wir eigentlichalle kennen und wobei wir doch eins vergessen. Wir kennen alle in groben Zügen die Geschichte desheiligen Christopherus, der als grosser starker Mann nur dem Grössten dienen will, und der ersteinem König, dann dem Teufel, schliesslich Gott dienen will. Aber wie ich Gott dienen kann, ist ihm jaerst überhaupt nicht klar.Wenn wir uns die Geschichte vom Christopherus vergegenwärtigen, vergessen wir oft, was derMönch Christopherus rät. Der Mönch gibt ihm nämlich drei Ratschläge, von denen Christopherus erstden dritten annehmen kann. Der erste Rat des Mönches ist, wenn er Gott finden wolle, dann müsseer beten. Christopherus sagt: „Das kann ich nicht.“ Ich habe mich immer gewundert, warum derMönch ihm dazu nicht das ein oder andere sagt, aber Christopherus soll ja einen Weg beginnen mitetwas, das er bereits kann und so soll er seinen Weg zu Gott beginnen. Der zweite Rat des Mönchesist, wenn Christopherus Gott finden und dienen wolle, dann solle er fasten. Christopherus sagt: „Daskann ich nicht.“ Erst dann rät ihm der Mönch, er soll doch den Weg der Nächstenliebe beschreitenund dort am Fluss helfen, weil er dank seiner Grösse so gut durch den Fluss kommt und weil er dankseiner Kraft andere Menschen tragen kann.Das ist die besondere, persönliche, subjektive Seite meines Glaubens. Diese Individualisierung desGlaubens braucht es ja auch. Tue nur das, was du auch kannst! Manchmal tut es wohl gut, das einoder andere auch einmal auszuprobieren! Diese anfängliche Bestandsaufnahme tut ausgesprochengut. Worauf ruht mein Glaube hier und jetzt? Womöglich stelle ich fest, dass weder Beten und damitmeine Beziehung zu Gott mich sonderlich tragen noch Fasten mir etwas helfen. Aber welche Säulentragen mich dann.Dem Christopherus wünschen wir natürlich, dass sowohl Gebet und Fasten ihm auch irgendwann zueiner Säule im Glaubensleben werden. Auch hier gilt: Krisenfest werde ich durch mehrere Säulen! Beiihm hat allerdings dieses eine Fundament seines Glaubens auch schon genügt. Das hat ihn schongenügend getragen. Was aber ist hier die Basis, die ihn nach Gott suchen lässt? Der eigene Stolz aufseine Stärke, seine spirituelle Suche nach dem Grössten, sein Mitgefühl für Menschen in Not? Auch
<strong>Erwachsen</strong> <strong>glauben</strong>19bei Christopherus werden wir ein religiöses Wachstum ausmachen können, werden mehrere Säulensehen können, die sein Glaubensleben und seinen Weg der Nächstenliebe tragen.Beispiele für individuelle Säulen meines ChristentumsIch möchte nun eine ganz lange Liste anbieten von Sachverhalten, die mein Glaubensleben stützenkönnen:• die Tradition der Apostel• die Bibel• das Gebet• der Gottesdienst• Bilder, wie etwa das Bild vom Zachäus (Kees de Cort) für mich lange Zeit wichtig war• bestimmte Erlebnisse, wie etwa jene Osternacht, in der ich mich entschied die Theologie inAngriff zu nehmen• bestimmte Erinnerungen, wie zum Beispiel die dass ein Gross- oder Urgrossonkel einmalplötzlich gesund wurde, während seine Frau gerade wegen diesem Anliegen in einerWallfahrtskirche für ihn betete - das prägt Generationen!• Gott• Jesus Christus• Papst• Pilgern, zum Beispiel auf dem JakobswegBeachten wir auch, dass es manchmal Säulen gibt, die eigentlich tragen sollten, aber nichts aushalten(u.a. viele Enttäuschungen über die Kirche mit ihren Missbrauchsskandalen oder der Geldwäsche derVatikanbank). Dann ist das nach wie vor meine Säule für meinen Glauben, aber leider trägt sie imMoment nicht, und dann muss ich sehen, dass mein Gewicht trotzdem getragen wird.Das Haus auf dem FelsenIch habe jetzt eine Vielzahl von Beispielen genannt, was für mich persönlich zu den Säulen meinesindividuellen, religiösen Glaubens gehören kann. In der Bibel hören wir von Säulen eigentlich nur,wenn es heisst, Gott habe die Erde auf Säulen gestellt und ihr somit einen festen Grund gegeben,dass die Erde nicht wankt. Jesus hingegen benutzt weniger die Säulen, aber wohl das Fundament, aufdem Haus steht oder die Pflanze, aus der Gutes hervorgeht:„Es gibt keinen guten Baum, der schlechte Früchte hervorbringt, noch einen schlechtenBaum, der gute Früchte hervorbringt. Jeden Baum erkennt man an seinen Früchten: Von denDisteln pflückt man keine Feigen und vom Dornstrauch erntet man keine Trauben. Ein guterMensch bringt Gutes hervor, weil in seinem Herzen Gutes ist; und ein böser Mensch bringtBöses hervor, weil in seinem Herzen Böses ist. Wovon das Herz voll ist, davon spricht derMund. Was sagt ihr zu mir: Herr! Herr!, und tut nicht, was ich sage?Ich will euch zeigen, wem ein Mensch gleicht, der zu mir kommt und meine Worte hört unddanach handelt. Er ist wie ein Mann, der ein Haus baute und dabei die Erde tief aushob unddas Fundament auf einen Felsen stellte. Als nun ein Hochwasser kam und die Flutwelle gegendas Haus prallte, konnte sie es nicht erschüttern, weil es gut gebaut war. Wer aber hört undnicht danach handelt, ist wie ein Mann, der sein Haus ohne Fundament auf die Erde baute.Die Flutwelle prallte dagegen, das Haus stürzte sofort in sich zusammen und wurde völligzerstört.“ (Lk 6,43-49)Ich möchte anhand dieser Bibelstelle ein paar Punkte nennen, die dazugehören, wenn ich so sehr imGlauben wachsen möchte, dass ich auf guter und reifer Basis dastehe: Wie komme ich dahin,meinem Glauben ein erwachsenes Fundament zu geben?