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Dokument 2013 Erwachsen glauben

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<strong>Erwachsen</strong> <strong>glauben</strong>37überzogene Scham, die Abhängigkeit von der Anerkennung anderer (ich habe nicht genügendSelbststand) ebenso wie Überheblichkeit und Arroganz (ich stehe mit meinem Selbst ohnehin überden Anderen). Übungen zur Stärkung der Selbstannahme gibt es viele: ich kann mich konkret für diesund das selber loben, ich kann Buch führen über meine Erfolge, ich kann mir Feedbacks vonFreunden holen, ich kann negative Meinungen über mich schrittweise durch positive Ersetzen, undvor allem kann ich den Ursachen von mangelnder Selbstannahme auf den Grund gehen, um dorteinen Weg heraus zu finden. Diese Verantwortung für das eigene Selbst zu tragen, manchmal zuertragen und gelegentlich zu fördern ist bereits rein profan ein wichtiger Bestandteil des<strong>Erwachsen</strong>seins.Eine Anekdote zur Selbstannahme: Es war einmal ein junger Magier, der über Jahre hinweg voneinem rätselhaften Schatten verfolgt wurde, den er selbst heraufbeschworen hatte. Er verbrachteviel Zeit damit, vor diesem Schatten zu fliehen. Immer wieder wurde er eingeholt. Er schlugregelrechte Kämpfe aus mit diesem Schatten, er zog sich Narben zu und entkam immer wieder.Irgendwann in sich gereift, beschloss er nicht mehr zu fliehen. Als der Schatten ihn das nächste Maleinholte, ging er auf ihn zu, der Zauberer verschmolz mit dem Schatten - und wurde ganz. Denn derSchatten war sein eigenes dunkles Selbst gewesen, alles, das er nicht hatte annehmen können.4.2.2 Der Spiegel in der SpiritualitätUnsere Spiritualität lehrt uns sowohl den Schatten zu umarmen als auch das Licht stärker zumLeuchten zu bringen.GewissensspiegelWir kennen in der christlichen Spiritualität den Gewissensspiegel. Dabei handelt es sich um eineForm der Gewissenserforschung. Man kannte früher sogenannte Fürstenspiegel, in denen durchFragen oder Forderungen einem Fürsten dargelegt wurde, wie ein guter Fürst denkt und handelt. InAhnlehnung an die Fürstenspiegel entwickelten sich die Bussspiegel, die zur Vorbereitung auf dieBeichte mir einen Spiegel vorhielten. Diese sind üblicherweise an den Zehn Geboten des AltenTestamentes ausgerichtet beziehungsweise an den wesentlich Aussagen Jesu („Den Nächsten liebenwie sich selbst“) im Neuen Testament. In Fragen werden unterschiedlichste Aspekte des Lebensbedacht, als Beispiele seien genannt „Umgang mit den Mitmenschen“, „Umgang mit der SchöpfungGottes“, „Umgang mit sich selbst (Selbstpflege, Es-sich-gut-gehen-lassen, Sich-selbst-annehmenkönnen)“,„Umgang mit Gott“. Diese Form von Gewissenserforschung stellt eine geistige Übung dar,in deren Verlauf die Führung des eigenen Lebens überdacht und reflektiert werden soll. Diegrundlegende Frage, die man sich bei der Gewissenserforschung selbst stellt und bedenkt, lautet:„Wo ist etwas in meinem Leben nicht in Ordnung? Wo bin ich auf einem unguten Weg? Was sollteich an meinem Leben ändern, um eher Gottes Willen zu entsprechen?“ Ziel ist es, ein StückSelbsterkenntnis in Bezug auf seine Lebensweise und seine Verhaltensgewohnheiten zu gewinnenund sich wieder neu an Gott zu orientieren.Es gibt eine Tendenz bei den Bussspiegeln, dass mir die Fragen wie eine minutiöse Kontrollevorkommen, dass ich nur meine Fehler und Sünden sehe und mir konsequenterweise ziemlichschlecht dabei vorkomme. Das ist dann keine gesunde Fehlerkultur mehr, wo ich meine Fehler Gottentgegenhalte, um besser zu werden, sondern wo ich mir jede Selbstachtung und Motivation auchraube. Das Problem taucht in der Spiritualität häufiger auf. Teresa von Avila sagt einmal sinngemässmit Blick auf ihre vielen Sünden: „Ich bin bloss ein Misthaufen voller Sünden!“ Aber solche Aussagensind natürlich gemässen daran, dass fast alles, was ich als Mensch zustande bringe, vor Gott kleineMisthaufen sind. Es ist fatal, wenn ich bei diesem Blick auf die eigene Fehlerhaftigkeit stehenbleibeund nicht sehe, dass das barmherzige Erbarmen Gottes die andere Seite der Medaille ist. Aber eineTeresa von Avila konnte diesen Gedanken, sich als Misthaufen zu begreifen, gut annehmen, weil sie

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