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Dokument 2013 Erwachsen glauben

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<strong>Erwachsen</strong> <strong>glauben</strong>46entwicklungspsychologischen Systeme ein klassisch gewordenes Stufensystem entwickelt: Demnachkann sich Glaube in 6 Stufen entwickeln. Diese Stufen sind anders als bei derEntwicklungspsychologie nicht an das chronologische Alter oder die Stellung im Lebenslaufgebunden. Nur für die ersten Stufen gibt Fowler kindliche Altersstufen an. Danach, so Fowler, bleibebei einer überwiegenden Zahl die Entwicklung auf einer der Stufen 3 oder 4 stehen. Nur wenigeerreichen demnach Stufe 5 und ganz wenige Stufe 6. Zum Erreichen einer Stufe ist wie in derEntwicklungspsychologie das Durchlaufen der vorigen Stufen erforderlich. Von einer einmalerreichten Stufe geht es nach Fowler immer nur weiter, nicht zurück. Glaubensentwicklung erfolgtdemnach immer nach diesen Stufen unabhängig vom Glaubensinhalt, d.h. die Behauptung ist dabei,dass es egal ist, in welcher Religion ich dies untersuche, ich würde immer auf diese Stufen kommen.Fowler versucht einfach zu beschreiben, d.h. er sagt nicht, dass ich mich in diese Richtung jetztentwickeln sollte oder dass Stufe 6 mein spirituelles, pädagogisches oder therapeutisches Ziel seinsollte. Er beschreibt, er will nicht bewerten.Die erste Stufe im Glaubensleben nennt Fowler den „intuitiv – projektiven Glauben“, typisch für dasKind im Kindergartenalter. Das Kind nutzt seine Einbildungskraft, die Fähigkeit, Erfahrungen instarken Bildern als Gegenstand von Geschichten zusammenzuschliessen, eine Welt der magischenVerschiebungen und Verdichtungen. (Es donnert, weil der Himmel auf uns böse ist). D.h. Geist,Wahrheit und Welt sind noch nicht klar differenziert. Dieser Glaube kann in animistischer Religiosität(Beseeltheit aller Dinge) auch das erwachsene Leben prägen. Auf dieser Stufe wird die Tiefenstrukturdes Glaubens, das spirituelle Vertrauens- und Bindungsmuster geprägt. Es ist die elementare Weisedes Glaubens, so zu sagen der soziale Klebstoff, der eine Kultur zusammenhält. Es geht um einreligiöses Urvertrauen. Dieser entspricht individualpsychologisch der Zeit von etwa 2 bis 7 Jahren.Der Mensch der Stufe 2 - verbindender Glaube -, Kind oder <strong>Erwachsen</strong>er, denkt über die Vielfalt derDeutungen und Bedeutungen der Glaubensinhalte, der Lehren und Dogmen, Mythen und moralischeRegeln noch nicht nach, jedoch können Götter, bzw. höhere Wesen die Welt regeln und ordnen.Diese Regeln werden strikt wörtlich genommen und Symbole eindimensional wörtlich verstanden.Der Mensch glaubt sehr bildhaft: Gott ist oben, das Böse unten, Gott hat als alter Mann Hände undFüsse, Gott ist ein Gegenüber, ein Du, mit dem ich direkt reden und sprechen kann. Mythos wieMetaphern werden als wirklich genommen. Diese Stufe entspricht in der Regel dem Alter zwischen 7und 12 Jahren.Fowlers Stufe 3 - ein synthetisch-konventioneller Glaube - entfaltet sich normalerweise imJugendalter, für sehr viele <strong>Erwachsen</strong>e wird sie aber ein dauerhafter und lebenslanger Ort desGleichgewichts. Das System der prägenden Inhalte, Werte und Bilder, an die sich die Menschenbinden, ist in der Hauptsache ein „stillschweigend übereinstimmendes System“. Man kann dieauswendig gelernten und eingeübten Glaubensinhalte und religiösen Bilder benennen, vollzieht denGlauben mechanistisch im ständig wiederkehrenden Zeremonien und sich wiederholenden Liturgien,fühlt sich ihnen emotional tief verbunden. Man hält daran fest und auch an den Erwartungen undUrteile der Amtsträger und Autoritäten. Diese müssen es ja wissen, denn sie haben es schliesslichstudiert! Eines eigenständigen Urteils ist man sich mangels Wissen oder Erfahrung nicht sicher genug,um eine eigene, unabhängige Perspektive konstruieren zu können. Auf Stufe 3 hat der Mensch einkompaktes Bündel von Werten und religiösen Inhalten, aber es besteht eine Diskrepanz zwischenIdeologie und Glaubensvollzug in der Kirche einerseits, und der Anwendung des Glaubens im Alltagandererseits. Man lebt gläubig in der vertrauten Gruppe mit übereinstimmenden Werten: „Das istmein religiöser Stamm.“Auf Stufe 4 - individuierend-reflektierter Glaube - beginnt eine vertiefte Reflexion über den eigenenGlauben. Ich frage nicht länger bloss danach, was den Glauben meiner Gruppe ausmacht, dasBekenntnis meiner Kirche, sondern ich überlege, was ich selbst davon halte. In diesem Stadium bleibtdem Glaubenden die Einsicht, dass das Leben komplexer ist, als die Logik der klarenUnterscheidungen und abstrakten Begriffe, meist verschlossen. Wenn sich bei religiösen

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