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Dokument 2013 Erwachsen glauben

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<strong>Erwachsen</strong> <strong>glauben</strong>24Schweigen sangen. Gott ist hier nicht der Gott des hellen Tages, sondern derjenige, mit dem ichschweigend durch die Nacht gehe. Gott ist der Schatz, den ich in tiefen Nächten auszugraben michbemühe.<strong>Erwachsen</strong> sein im Glauben heisst auch, Gott in den Dunkelheiten zu erahnen. Die Dichter undbesonders Rilke weisen oft darauf hin, dass Gott mir nahe kommen mag, wenn ich auf mich selbstzurückgeworfen bin, und dass Gott mir oftmals verworren und obskur und tief versteckt vorkommenwird. Rilke sagt uns also, dass Gott weniger der ist, den wir uns vorstellen, sondern oftmals eher dasdunkle, wärmende Wurzelwerk, in dem die Tiefe meiner Seele ihre Nahrung bekommt.Der hypothetisch ausgeklammerte Gott bei BenediktWer heute auf die Gottesfrage eingeht, kommt eigentlich nicht darum herum, auf Papst Benedikteinzugehen, weil er wohl wie kein anderer in unserer Zeit die Wichtigkeit und die Bedeutung derGottesfrage vorangestellt hat. Und nochmals anders als Tolstoi und die Dichter hat er die Gottesfrageim Diskurs der Wissenschaften und auf dem Hof der Vernunft gestellt:„Und Gott? Die Frage nach ihm erscheint nie dringend. Unsere Zeit ist schon angefüllt. Aberdie Dinge gehen noch tiefer. Hat Gott eigentlich Platz in unserem Denken? Die Methodenunseres Denkens sind so angelegt, dass es ihn eigentlich nicht geben darf. Auch wenn eranzuklopfen scheint an die Tür unseres Denkens, muss er weg-erklärt werden. Das Denkenmuss, um als ernstlich zu gelten, so angelegt werden, dass die ‚Hypothese Gott‘ überflüssigwird. Es gibt keinen Platz für ihn. Auch in unserem Fühlen und Wollen ist kein Raum für ihnda. Wir wollen uns selbst. Wir wollen das Handgreifliche, das fassbare Glück, den Erfolgunserer eigenen Pläne und Absichten. Wir sind mit uns selbst vollgestellt, so dass kein Raumfür Gott bleibt. Und deshalb gibt es auch keinen Raum für die anderen, für die Kinder, für dieArmen und Fremden.“ 4Wir haben bei der Gottesfrage in unserer Gegenwart also einRaumproblem. Der Raum wird hier umrissen als ein Raum unseresDenkens, aber auch unseres Fühlens, ein Raum unseres Wollensund unserer Zeit. Verschiedene Dinge stellen uns diesen Raum vollund beanspruchen je ihren Platz:• Da ist die Suche nach unserem Glück, und erst recht, wenn nicht Gott der Schmid meinesGlückes sein kann oder sein soll, dann erscheint uns das Glück oft machbarer, weil ich selbstdafür Sorge trage, aber es erscheint mir auch als eine Art von Lebenssinn, als Lebenszielselbst.• Ich habe Pläne, ich will etwas erreichen in der Zukunft. Ich mache mir Vorstellungen, wie esmal werden soll, einige Pläne gestalte und entwickle ich, andere verwerfe ich wieder, weil dieRessourcen nicht ausreichen oder der Geschmack sich ändert.• Erfolg ist in unseren Tagen oft ein Wert an sich. Das spiegelt sich nicht nur in unserenBestrebungen wieder, sondern oft auch in unseren Bewertungen.• Absichten hegen wir und pflegen wir, mal weniger bewusst, mal sehr deutlich undausgesprochen. Ich habe in meinem Handeln, aber auch in meinem Denken oft bestimmteIntentionen, wo ich den Weg nach dem ausgewählten Ziel gestalte und entsprechendstrategisch vorgehe. Wenn ich die Absicht habe, durch meinen Besitz glücklich zu werden,dann habe ich wenig Platz für manche Absichten, die Jesus ausspricht.• Handgreifliches ist das, was ich mit der Hand ergreifen kann, was ich in der Hand haltenkann. Wir reagieren ja schnell so, dass wir sagen, etwas hätte weder Hand noch Fuss, wennich etwas nicht sofort verstehe, wenn etwas zu versponnen oder verworren daherkommt.4 Predigt von Papst Benedikt XVI. am 24. Dezember 2012, Christmette.

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