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Dokument 2013 Erwachsen glauben

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<strong>Erwachsen</strong> <strong>glauben</strong>39Im Spiegel mich dein Bild.Im Spiegel nur. — Doch wie ich schaut'Das hehre GotteslammIm Dornenkranz, blutübertautErhöht am Kreuzesstamm:Erbebt' in tiefster Seele ichVor Wonne und vor Schmerz,Die müde, dumpfe Schwere wichUnd Scham durchglüht' mein Herz.Wie dürft' ich zagen, zweifeln je,O Herr, daß deine Gnad'Durch bange Erdennacht und -wehMich führ' auf sichrem Pfad, —Wenn schon dein Kreuz, das ganzverstecktIm fernsten Winkel stand,Als ich im Spiegel es entdeckt,Mir ward zum Hoffnungspfand!Antonie JüngstDas Gedicht beschreibt nun wirklich eine Situation, wo jemand in einen wirklichen Spiegel schaut,also kein Buch, kein Fragenkatalog, keine Betrachtungshilfe, sondern ein echter Spiegel, der an derWand hängt und den Blick des Beters auf ein Kreuz in der Ecke des Zimmers lenkt. Der Beterbeschreibt erst die Gottessuche, die Sehnsucht nach Gott und die grosse Not um sich herum, die ihndenken lässt, Gott sei fern und hätte uns mit unserer Not alleine gelassen. Wie er aber das Kreuzsieht, erkennt er, dass all seine Not in der Not am Kreuz Jesu sich spiegelt, und so findet er wiederSicherheit und Hoffnung.Ich kann in einem Buch mich spiegeln, und erleuchte mein Gewissen, dass mir klarer wird, was ichtun kann. Ich kann mich in meiner Seele spiegeln, und richte mein Herz ganz auf Gott hin aus. Ichkann mich in Gott spiegeln, und das vermittelt mir eine Ahnung davon, wie nah Gott mir eigentlichist. In der christlichen Spiritualität kommen also vielerlei Spiegelungen zum Einsatz. Ich möchte diesnoch mit Blick auf sich selbst nochmals zuspitzen, zumal uns gerade die Mystiker nahelegen, dass ichim Spiegel meiner Seele Gott erkennen kann.4.2.3 Gott auf dem Grund meiner SeeleWarum funktioniert es gerade bei den Mystikern, dass sie Gott so nah erahnen können? Das ist soein Grundzug in christlicher Mystik, dass Gott erkannt wird oder vage gespürt wird eben nicht inBetrachtung der Sterne, von Sonne und Mond, nicht in der Betrachtung kirchlicher Errungenschaften,sondern in der Hinwendung zu sich selbst. Der Dichter Novalis sagt es einmal so: „Nach Innen gehtder geheimnisvolle Weg. In uns, und nirgends ist die Ewigkeit mit ihren Welten, die Vergangenheitund Zukunft.“ Und wenn wir statt Ewigkeit Gott nehmen, dann sind wir bei dieser Grunderkenntnis,dass der Weg zu Gott geheimnisvoller Weise in das eigene Selbst hineinführt. Die Spiegelung führteinen mystischen Weg nach innen an, die bei Gott enden wird. Darum spielt das Herz dort so einegrosse Rolle. Beispielhaft haben wir das bereits kurz erwähnt mit Hinweis auf die Begine MargarethaPorete.Ich mache noch einmal Anleihen wie einem Dichter, um diesen Punkt zu vertiefen. Angelus Silesius,Arzt, Priester, Dichter weist darauf hin, dass nicht nur Gott auf dem Grund der Seele eines jedenMenschen ruht, sondern dass es eine Übung, ein Training, eine Reinigung des Herzens braucht, umsich dieser Dimension zu öffnen:„Mensch, denkst du Gott zu schaun dort oder hier auf Erden;So muss dein Herz zuvor ein reiner Spiegel werden.“Die Suche nach Gott beginnt in der Seele, aber ich muss dafür mein Herz bereiten. DieseGlaubenserfahrung mag ein Gnadengeschenk bleiben, mag nichts für jedermann sein, aber um sichdieser Erfahrung zu öffnen, muss ich mein Herz einüben. Ich mag mich selbst spiegeln, ich mag mich

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