Quatsch oder Aufklärung?
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<strong>Quatsch</strong> <strong>oder</strong> <strong>Aufklärung</strong>?<br />
dem Fernsehen, eben weil er dort als gelernter<br />
Kirchenmusiker, im Düsseldorfer Kom (m)öd-<br />
chen geschulter Kabarettist und gebildeter<br />
Feuilletonist, der im Stile eines distinguierten<br />
Bildungsbürgers agierte, stets ein wenig<br />
als Fremdkörper wirkte. Er verstörte mit einem<br />
respektlosen Kurs gegen jede „politische Korrektheit“,<br />
der dem Irrwitz der Zeitläufte keine<br />
kabarettistische Moral <strong>oder</strong> gar Anklage entgegensetzte,<br />
sondern ihn durch Zuspitzung<br />
feierte <strong>oder</strong> schlicht für egal erklärte (Frank<br />
2012). Sein Repertoire war vielfältig, Parodie<br />
und Kalauer beherrschte er ebenso wie die<br />
Zote <strong>oder</strong> das Helge-Schneider-artige Verpuffenlassen<br />
von Pointen. Gelegentlich klatschte<br />
das Publikum auch aus Dankbarkeit darüber,<br />
dass es die Pointe kapiert hatte (Kluthe 2013).<br />
Bei Harald Schmidt haben Autoren und<br />
Nachwuchskräfte wie Jan Böhmermann und<br />
Pierre M. Krause ihr Handwerk gelernt und eine<br />
Gag- und Formensprache entwickelt, die heute<br />
in vielen komischen Fernsehformaten State of<br />
the Art ist.<br />
Auch die Late Shows in den USA haben<br />
sich zwischenzeitlich weiterentwickelt. Wenn<br />
John Oliver in seiner Show Last Week Tonight<br />
den bizarren US-Wahlkampf als „Clowntown-<br />
Fuck-the-World-Shitshow 2016“ (siehe Video<br />
[19]) tituliert, ist er damit durchaus ein Vorbild<br />
für viele Attributierungen, wie sie auch die heute<br />
show gerne vergibt.<br />
Seit Februar 2014 ist Jimmy Fallon der Nachfolger<br />
von Jay Leno in der NBC-Tonight-Show,<br />
und im September 2015 löste Stephan Colbert<br />
als Host der Late Show (CBS) den legendären<br />
David Letterman ab. Wie jener Donald Trump<br />
zerlegt (siehe Video [18]) ist auch für die heute<br />
show richtungweisend. Als deren eigentliches<br />
US-Vorbild aber benennen Kenner des US-<br />
Fernsehens Jon Stewarts The Daily Show, die<br />
dieser von 1999 bis 2015 m<strong>oder</strong>ierte und leitete.<br />
Er hat sie von der reinen Nachrichtensatire<br />
(„The most trusted name in fake news“) weiterentwickelt<br />
zu einer kommentierenden und<br />
immer wieder auch investigativen Korrektur<br />
der Leitmedien.<br />
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