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Quatsch oder Aufklärung?

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Die heute show in der ersten Jahreshälfte 2016<br />

Anfang Juni dann kippt die Große Koalition<br />

tatsächlich dieses Vorhaben (Eubel 2016).<br />

Die heute show hat in diesem Fall die existierende,<br />

aber wenig gehörte Kritik der Sozialverbände<br />

aufgenommen, visualisiert und ins<br />

Absurde überdreht, was zugleich witzig und<br />

kritisch war. Bei sozialen Themen zeigt sich<br />

aber auch die Schwäche der Sendung, nicht<br />

auf eigene Recherche bauen zu können, sondern<br />

stattdessen ungeprüft Beiträge aus laufenden<br />

Debatten zu übernehmen. Eine vom<br />

WDR in Umlauf gebrachte Studie zur Altersarmut<br />

kam mit fragwürdigen Methoden u. a. zu<br />

der absurden Schlussfolgerung, im Jahr 2030<br />

werde jeder zweite Neurentner in Altersarmut<br />

leben. Die heute show referierte dieses Ergebnis<br />

am 15. April als Tatsache, obwohl bereits<br />

seit Tagen nicht nur die Zweifel des Deutschen<br />

Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), sondern<br />

auch der Caritas bekannt waren (Cremer<br />

2016).<br />

Je zweimal macht die heute show Donald<br />

Trump, die Fifa und Österreich zum Thema,<br />

aber auch Einzelereignisse kommen vor, wie<br />

der Weltfrauentag (11.3.) <strong>oder</strong> der Besuch<br />

Barack Obamas in Hannover (29.4.).<br />

Im Kern und in der Hauptsache folgt die<br />

heute show also der Nachrichtenlage. Listet<br />

man allein die gewählten Themen auf, könnte<br />

genauso gut von einem wöchentlichen Magazin<br />

die Rede sein, das seiner Informationspflicht<br />

gewissenhaft nachgeht.<br />

Ab und an aber setzt die heute show nicht<br />

nur beim Umgang mit den wochenaktuellen<br />

Themen eigene Akzente, sondern auch in deren<br />

Auswahl.<br />

Dann nimmt sie sich z. B. die Fleischindustrie<br />

vor (6.5.) <strong>oder</strong> dreht die aktuelle Diskussion<br />

über den Einsatz von Glyphosat in der Landwirtschaft<br />

weiter, indem sie etwas genereller die Nitrat-Belastung<br />

der Böden unter die Lupe nimmt<br />

(20.5.). Dabei verschafft sie oft Filmschnipseln<br />

aus politischen Magazinen <strong>oder</strong> den Dritten Programmen<br />

nochmals höhere Aufmerksamkeit.<br />

In der Regel ist diese Art der Zweitverwertung<br />

journalistischer Arbeit für das Format typisch.<br />

Ganz selten gibt es auch eigene Recherchen<br />

<strong>oder</strong> das Bemühen, Themen vom Rand<br />

der politischen Berichterstattung ins Zentrum<br />

zu rücken. So war es, als die heute show sich<br />

am 8. April wieder einmal den „Nationalsozialistischen<br />

Untergrund“ (NSU) vorknöpfte.<br />

Problema tisch war, dass der von Welt/N24 und<br />

einer Dokumentation erhobene, aber keineswegs<br />

gesicherte Vorwurf, ein V-Mann habe die<br />

NSU-Mitglieder Böhnhardt und Mundlos in einem<br />

Baubetrieb beschäftigt, wie eine belegte<br />

Tatsache wiedergegeben wurde. Andererseits<br />

aber machte die heute show auf eine Zahl<br />

aufmerksam, die in der Regelberichterstattung<br />

fast untergegangen war: 372 verurteilte<br />

Rechtsextremisten sind untergetaucht und leben<br />

unerkannt im Untergrund. Eine derart erschreckende<br />

Zahl lässt sich die Redaktion dann<br />

auch schon einmal vom NSU-Untersuchungsausschuss<br />

bestätigen.<br />

Eine eigene, auch für den Politik-Journalismus<br />

vorbildliche Akzentsetzung gelang in der<br />

Sendung am 3. Juni 2016 vor der ausführlichen<br />

Sommerpause. Das Nachrichtenthema war die<br />

Armenien-Resolution des Deutschen Bundestages.<br />

Endlich wurde ausgesprochen, was die<br />

Didaktisches zur<br />

Armenien-Resolution<br />

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