Quatsch oder Aufklärung?
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Vorwort<br />
Vorwort<br />
Fröhliche Wissenschaft: Selten zuvor hat es so viel Spaß gemacht, eine Studie der<br />
Otto Brenner Stiftung zu erarbeiten. Egal, ob Details zu den einzelnen Sendungen zu<br />
erörtern, Politikerauftritte zu zählen <strong>oder</strong> Sketche zu vergleichen waren. Ob die Sekundärliteratur<br />
gesichtet werden musste <strong>oder</strong> Gespräche mit Machern und Interviews<br />
mit Kritikern zu führen waren – immer ging es um Witz, Pointen, Ironie und Satire. Für<br />
den Autor, das Lektorat und die Siftung war die Arbeit an der Studie ein Vergnügen. Wir<br />
hoffen, dass das auch für deren Lektüre gilt.<br />
Dieses Vergnügen scheint in schroffem Gegensatz zu stehen zum Ernst der politischen<br />
Lage. Dass nach den Zeiten der Blockkonfrontation nicht der ewige Frieden<br />
ausbrechen würde, war zu ahnen. Eine Illusion war auch die Hoffnung, nun beginne<br />
eine Ära der freien Entfaltung von Wohlstand und Demokratie <strong>oder</strong> gar das Ende der<br />
Geschichte sei gekommen. Aktuell spricht sogar der Papst davon, wir würden uns<br />
in einem „Weltkrieg“ gegen den Terror befinden. Das markiert eine neue Dimension<br />
der Konflikte. Das gemeinsame Europa droht auseinanderzufallen. Der Wunsch nach<br />
Abschottung und nationale Egoismen sind stärker zu spüren als der Wille der demokratischen<br />
Nationen zu einer gemeinsamen Vision. Dabei ist klar, dass es keine Inseln<br />
der Seligen jenseits der Globalisierung geben wird. Letztere aber muss gestaltet werden.<br />
Im Inneren der Gesellschaften führt sie zu neuen Widersprüchen und Konflikten.<br />
Sie fordert das Selbstverständnis aller demokratischen Gesellschaften heraus – und<br />
das Engagement der Bürgergesellschaft. Wie können sowohl Weltoffenheit als auch<br />
Sicherheit in Freiheit gewährleistet werden? Wie können zugleich Wohlstand, sozialer<br />
Ausgleich, Solidarität und Rechtsstaatlichkeit gefestigt werden?<br />
Hierzulande kulminieren all diese Fragen in der Flüchtlingspolitik. War die „Willkommenskultur“<br />
der Deutschen nur ein vorübergehender, unbesonnener Rausch? Oder<br />
wird sie stabilisiert durch einen entsprechenden Aufwand zur Integration der neuen<br />
Mitbürger? Kommt jetzt ein Schwenk hin zu geschlossenen Grenzen, Ideen eines<br />
ethnisch homogenen Volkes und scharfer sozialer Konkurrenz am unteren Ende der<br />
Wohlstandsgesellschaft? Die Deutschen stehen vor wegweisenden Entscheidungen<br />
darüber, wer und was sie zukünftig sein wollen. Die Zeiten sind also ernst.<br />
Ist das dann nicht das Ende aller Ironie? Ist es angemessen, auf diese großen politischen<br />
Fragen satirisch zu antworten? Auf jeden Fall boomen die Satireformate im<br />
Massenmedium Fernsehen. Für die Otto Brenner Stiftung ist schon dies Anlass genug,<br />
genauer hinzuschauen. Wie politisch sind diese Sendungen? Welche Themen nehmen<br />
sie sich vor? Wie sind Witze und Pointen konstruiert? Welche Haltung verkörpern diese<br />
Sendungen? Weil sie der Auslöser des Satirebooms war und die mit Abstand populärste<br />
Sendung ist, steht die heute show (ZDF) im Zentrum der Analyse; die Formate Die<br />
Anstalt (ZDF) und extra 3 (NDR/ARD) werden vergleichend hinzugezogen.<br />
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