Quatsch oder Aufklärung?
AH88_Gaebler_WEB
AH88_Gaebler_WEB
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
<strong>Quatsch</strong> <strong>oder</strong> <strong>Aufklärung</strong>?<br />
Die Dekonstruktion von<br />
Werbespots<br />
Sendungen nehmen sich den sehr professionell<br />
gemachten persönlichen Werbespot Kretschmanns<br />
vor. extra 3 schneidet selbstgedrehte<br />
Spielszenen von Johannes Schlüter hinein (siehe<br />
Video [11]), die heute show konfrontiert den<br />
sich selbst als soliden Handwerker inszenierenden<br />
Kretschmann mit Pumuckl. Der freche Kobold<br />
fragt: „Wieso hast du überhaupt Zeit zum<br />
Hobeln“, nimmt verbal dessen Werkstück auseinander:<br />
„Na toll, ’ne Klobrille aus Sperrholz“,<br />
und damit auch das Konstruktionsprinzip des<br />
Films. Ein professionelles Werk wird professionell<br />
dekonstruiert.<br />
Die heute show verzichtet auf Politiker-<br />
Parodien, was ihr gut zu Gesicht steht. Denn<br />
solche Parodien gelingen selten so gut, dass<br />
alle Zuschauer spontan begeistert sind. Oft wird<br />
nur geschaut, wie gut der Politiker getroffen ist<br />
und was nicht so ganz stimmt. Obwohl Max<br />
Giermann einer der besten seines Fachs ist, gilt<br />
das für seine Gabriel-Darstellung in extra 3 leider<br />
auch.<br />
Wenig gelungen wirken auch durch die Bank<br />
die Nachsynchronisierungen von Politikern in<br />
der Rubrik „Neulich im Bundestag“. Im Beobachtungszeitraum<br />
hat die Redaktion Akteuren<br />
der Münchener Sicherheitskonferenz erfundenen<br />
Text in den Mund gelegt. Diese Grundform<br />
gab es früher in Rudis Tagesshow und sogar im<br />
Aktuellen Sportstudio. Das sprachliche und dialektale<br />
Niveau der witzigen Synchronisierung ist<br />
aber inzwischen insbesondere durch die Live-<br />
Synchronisierungen des österreichischen Trios<br />
Maschek so anspruchsvoll geworden, dass<br />
extra 3 da nicht mithalten kann.<br />
Vermutlich macht es allen Mitarbeitern<br />
von extra 3 riesigen Spaß, an dem Format mitzuwirken.<br />
Die Elemente und Rubriken sind so<br />
unterschiedlich und zahlreich, dass viele etwas<br />
beisteuern können. Aber für eine stimmige<br />
Sendung gibt es zu viele angeklebte Bärte und<br />
Verkleidungen, die an eine Theatergruppe erinnern.<br />
In Sketchen und Einspielfilmen kann das<br />
Selbstgemachte charmant sein. Aber die Sendung<br />
extra 3 erweckt den Eindruck, als dürfe da<br />
jeder Mitarbeiter auch einmal ins On. In Sketchen,<br />
die ja immer mit dem Typischen hantieren,<br />
ist es auch für sehr professionell dargestellte Figuren<br />
wie Tina Hausten <strong>oder</strong> Albrecht Humboldt<br />
in der heute show schwer, das „Overacting“ zu<br />
vermeiden. extra 3 wirkt zu oft wie die Laienspielschar<br />
Hamburg-Lokstedt.<br />
Mehr und mehr verwendet auch extra 3<br />
Elemente, die in der heute show gut funktionieren<br />
– „Kacheln“ und kurze Filmschnipsel.<br />
Manchmal ist das Basismaterial sogar identisch<br />
– etwa der Filmtitel „Die wunderbare<br />
Welt der Amelie“. Die heute show machte<br />
daraus „Amnesie“ und wandte den Titel auf<br />
Erdogan an; in extra 3 wurde aus der „Amelie“<br />
„Chemie“ samt Totenkopf.<br />
Stark dagegen und ein Alleinstellungsmerkmal<br />
der Sendung extra 3 sind die Songs –<br />
erst recht wenn dann auch noch live plötzlich<br />
„Revolverheld“ mit einem Lied gegen Alexander<br />
Gauland auf der Bühne auftauchen (siehe<br />
Video [13]).<br />
extra 3 mit vielen unterschiedlichen Elementen<br />
und Rubriken merkt man die Magazinherkunft<br />
ebenso an wie die regionale Verwurzelung.<br />
In der Sendung gibt es große Qualitätsunterschiede.<br />
Einige Sketche und Einspielfilme<br />
wirken wenig professionell. Eine Stärke aber<br />
sind, wie gesagt, in der Regel die Songs.<br />
70