Quatsch oder Aufklärung?
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<strong>Quatsch</strong> <strong>oder</strong> <strong>Aufklärung</strong>?<br />
Olaf Schubert, der<br />
vertrottelte Träumer<br />
vorhersage“ (siehe Video [9]): Udo Lindenberg<br />
wird Bundespräsident, Deutschland verliert<br />
im EM-Achtelfinale gegen Albanien, und für<br />
die SPD sucht das schielende Murmeltier Hartmut<br />
aus dem Leipziger Zoo einen Kanzlerkandidaten.<br />
Wischmeyer hat ein attributreiches<br />
Starkdeutsch entwickelt, das ebenso heftige<br />
wie originelle Beschimpfungen zulässt: Ob<br />
Engländer <strong>oder</strong> von Storch – meist enden seine<br />
Solo-Vorträge in lakonisch vorgetragenen<br />
Absurditäten.<br />
Anders ist das bei Olaf Schubert, der die<br />
Attitüde eines leicht vertrottelten Träumers<br />
pflegt und gerne eigene Wortschöpfungen<br />
verwendet <strong>oder</strong> neue Redewendungen kreiert.<br />
Dabei läuft er auf Pointen zu, die er aber selten<br />
erwartungsgemäß verwandelt, sondern eher<br />
verstolpert <strong>oder</strong> beiläufig wegnuschelt. Sie<br />
„kannte Napoleon“ und „hat schon Saurier<br />
gestreichelt“, heißt es in einem Lob auf die<br />
Queen (22.4.). Sie habe „bessere Zähne als<br />
Gauck“ und „null Bock auf Hummus“, eher das<br />
Motto: „Turne in die Urne“. In diesem Brechen<br />
von Erwartungen, albernen Reimen und Verweigern<br />
von Pointen hat sein Witz ein wenig<br />
Verwandtschaft mit Helge Schneider (siehe<br />
Kap. 1). Er zündet besonders in einer kleinen<br />
Form wie dem Studio-Dialog mit Welke. Einmal<br />
(26.2.) taucht Schubert als vermeintlicher<br />
Passant in einer Außenreportage aus Sachsen<br />
auf – ein Stilbruch. Ernsten Themen wie<br />
der Integration (27.5.) <strong>oder</strong> dem NPD-Verbot<br />
(4.3.) – „Pandas gibt es auch nur noch sechstausend“<br />
– kann er wunderbar kuriose Seiten<br />
abgewinnen: „Da wäre ein Hirnschlag ein<br />
Schlag ins Leere.“<br />
Als Gegenpol zur Hektik wirkt die betont<br />
artikuliert sprechende Birte Schneider. Sicher<br />
ihr thematisch tiefgründigster Sketsch: Geduldig<br />
wie eine Erzieherin für Schwererziehbare<br />
erklärt sie in einer Geschichtsstunde dem begriffsstutzigen<br />
Olli, warum die Deutschen ihren<br />
Völkermord an den Herero lieber verleugnen<br />
(3.6; siehe Video [10]). Sehr gut kann sie Spießiges<br />
verkörpern und ohne platte Denunziation<br />
verspotten. Wie eine alte Jungfer himmelt sie<br />
den coolen Obama an (29.4.), erklärt, wie der<br />
IKEA-Konzern Steuern spart (8.4.), <strong>oder</strong> führt<br />
ein esoterisches Telekolleg zu Entspannungstechniken<br />
durch, damit sich niemand mehr darüber<br />
aufregt, von VW „verarscht“ zu werden<br />
(29.1.). Durch sie zieht ein didaktischer Gestus<br />
in die Sendung ein, der zugleich persifliert wird<br />
– diese Tonlage bewahrt die heute show vor<br />
Monotonie.<br />
Groß geworden in der heute show, führt<br />
Christian Ehring seit 2011 als Zentralfigur und<br />
Conferencier durch die NDR-Satiresendung<br />
extra 3. Dennoch bleibt er mit Gastauftritten<br />
der ZDF-Sendung erhalten. Als Moskau-Korrespondent<br />
mit Pelzkappe, der das Seehofer-<br />
Putin-Treffen vorbereitet und am Ende einen<br />
Schuhplattler aufführt (12.2.), <strong>oder</strong> als Leiter<br />
der „Beschwerdebriefstelle“ im Kanzleramt<br />
(29.1.) ist er dabei weniger stilprägend als in<br />
der Rolle des FDP-Nerds (29.4.) <strong>oder</strong> PR-Profis<br />
(15.4). Zur Darstellung solcher etwas stromlinienförmiger<br />
Charaktere, selbstbewusster<br />
Berater <strong>oder</strong> knallharter Unternehmer, passt<br />
sein markantes M<strong>oder</strong>atorengesicht. Das<br />
kann er gut: dem Laien auftrumpfend erklären,<br />
warum es gerade ein besonders raffinier-<br />
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