Quatsch oder Aufklärung?
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Die heute show in der ersten Jahreshälfte 2016<br />
des Politischen in den Wahlkämpfen. Da setzt<br />
die heute show noch einen drauf und erklärt<br />
die Wahl in Baden-Württemberg, in der „die<br />
CDU gegen die andere, grüne CDU“ antrete,<br />
zur „Battle of the Opas“ (19.2.) und die in<br />
Rheinland-Pfalz mit den Spitzenkandidatinnen<br />
Malu Dreyer (SPD) und Julia Klöckner (CDU) zur<br />
„Battle of the Hosenanzüge“ (11.3.).<br />
Es ist eine Stärke der heute show, wie sie<br />
sich die Wahlspots und -plakate vornimmt.<br />
Beim CDU-Wahlspot mit dem baden-württembergischen<br />
Spitzenkandidaten Guido Wolf ist<br />
das leicht, denn der wenig medienerfahrene Regionalpolitiker<br />
agiert so ungelenk, dass Oliver<br />
Welke ihn in einer Parodie des Spots am 19. Februar<br />
nur kopieren muss, um Lacherfolge zu<br />
erzielen. Die Spots von Winfried Kretschmann<br />
(Grüne) und Julia Klöckner (CDU) dagegen sind<br />
hochprofessionell komponiert. Kretschmann<br />
zeigt sich als weiser Landesvater, der sich im<br />
heimischen Hobbykeller bedächtig an einem<br />
Werkstück handwerklich zu schaffen macht, um<br />
dann am Schluss mit Anzug und Schlips in seinen<br />
Dienst-Mercedes einzusteigen und sich als<br />
„Ihr Ministerpräsident“ vorzustellen (19.2.).<br />
Dieses entschleunigte Werkeln wird nun unter<br />
Hineinnahme des Pumuckl in den Spot, der<br />
sich mit frechen Sprüche über die schräge Bastelei<br />
seines „Meister Eder“ Kretschmann lustig<br />
macht, auf die eigentliche Absicht der Sympathiewerbung<br />
reduziert (siehe Video [6]). Dieses<br />
Verfahren der Dekonstruktion – also das Sichtbarmachen<br />
des Kon struktionsprinzips und der<br />
Inszenierungsabsicht des Spots – wird auch<br />
verfolgt, wenn die heute show den Werbespot<br />
für die rheinland-pfälzische CDU-Spitzenkandidatin<br />
Julia Klöckner zunächst in der Originalversion<br />
zeigt und ihn anschließend einfach neu<br />
vertont. Man sieht sie mal mit Sneakers, mal<br />
mit High Heels, mal auf einem Trecker und mit<br />
süßem kleinem Hund – zugleich bodenständig<br />
und weltläufig soll sie wirken. Spricht man die<br />
Wirkungs absicht im Spot aus, fällt die aufgeblasene<br />
Inszenierung in sich zusammen wie<br />
ein Soufflé.<br />
Ein ähnliches Prinzip verfolgt die heute<br />
show, wenn Oliver Welke im Dialog mit Carolin<br />
Kebekus eine Hitparade der misslungenen<br />
Wahlplakate durchgeht (26.2.). Alle Parteien<br />
wollen sich als trendy, unorthodox und jugendlich<br />
darstellen, was durch Kebekus geprüft<br />
wird, die in Slang und Gestus das Urbild einer<br />
Jugendlichen darstellt. Die CDU wollte wohl die<br />
allzeit lässige Gesprächsbereitschaft ihrer attraktiven<br />
Spitzenkandidatin Julia Klöckner visualisieren<br />
und zeigt sie deshalb, wie sie in das<br />
Seitenfenster eines stoppenden Autos hineinspricht.<br />
Daraus ragt ein Männerarm, der sie am<br />
Handgelenk packt. „Zuhören“ steht darüber.<br />
„Wie viel?“, blendet die heute show stattdessen<br />
boshaft ein. Später widmet sich auch die seriöse<br />
Presse diesem verunglückten Plakat (Jessen<br />
2016). In Sachsen-Anhalt ist Wulf Gallert Spitzenkandidat<br />
der Linkspartei. Der eher etwas<br />
bullige Mann trägt einen breiten Schnäuzer. Er<br />
hat ein Wahlplakat mit nur einem einzigen Begriff<br />
herausgebracht, der ihn charakterisieren<br />
soll: „Frauenversteher“. Kebekus braucht nur<br />
minimale Gesten, um diese Anbiederung als<br />
völlige Absurdität erscheinen zu lassen.<br />
Es geht für die politischen Protagonisten<br />
oft auch dann nach hinten los, wenn beson-<br />
Hitparade misslungener<br />
Wahlplakate<br />
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