Quatsch oder Aufklärung?
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<strong>Quatsch</strong> <strong>oder</strong> <strong>Aufklärung</strong>?<br />
Politiker als Gäste<br />
Interviewer ist, ohne allerdings unhöflich <strong>oder</strong><br />
unverschämt zu wirken und so die Gäste in eine<br />
Opferrolle zu drängen. Die Gäste wollen sich<br />
einerseits als humorvoll, selbstironisch und<br />
schlagfertig präsentieren, aber gleichwohl<br />
auch einige ernste Botschaften vermitteln und<br />
so demonstrieren, dass sie natürlich keine<br />
Witzfiguren sind.<br />
Liebend gerne würde Oliver Welke natürlich<br />
einmal die Bundeskanzlerin in seiner Sendung<br />
begrüßen, 5 das wäre der endgültige Ritterschlag<br />
für das Format. Bislang hat er es aber<br />
nur auf einen amtierenden Bundesminister<br />
gebracht: Peter Altmaier (CDU) kam am 3. Mai<br />
2013. Außerdem waren Regierungssprecher<br />
Steffen Seibert, ZDF-Talkerin Maybrit Illner,<br />
die Talkshow-Dauergäste Hans-Ulrich Jörges,<br />
Wolfgang Bosbach (CDU), Gregor Gysi (Linke),<br />
Wolfgang Kubicki (FDP) und Claudia Roth (Grüne)<br />
zum Dialog bereit sowie die Ministerpräsidentin<br />
Hannelore Kraft (SPD) und die Parteivertreter<br />
Peter Tauber (CDU-Generalsekretär) und<br />
Anton Hofreiter (Fraktionschef der Grünen).<br />
Besondere Aufmerksamkeit erregte der<br />
Studiobesuch des FDP-Fraktionsvorsitzenden<br />
Rainer Brüderle am 27. Januar 2012. Die heute<br />
show hatte keine andere Partei derart durch<br />
den Kakao gezogen wie die FDP und dabei in<br />
Brüderle eine bevorzugte Zielscheibe gefunden.<br />
„Wie kein Zweiter“, ironisierte Welke,<br />
habe dieser die heute show „inhaltlich bereichert“<br />
(Selbstbeschreibung der heute show auf<br />
zdf.de). Dabei war dessen Nuscheln in rheinhessischem<br />
Dialekt immer wieder thematisiert<br />
worden, schön absurd versehen mit erst recht<br />
unverständlichen lautmalerischen Untertiteln<br />
wie: „Da seigd, wänn ma fänüfdig midainanda<br />
susammmänabaeided, das dun wia, da griegän<br />
wia guddä Ähgäbnissä“ (Welke/Kühne 2011:<br />
36). Am Ende erwies sich Welke als hinreichend<br />
respektlos, und Brüderle konnte sich als ein zu<br />
Selbstironie fähiger Politiker zeigen.<br />
Sehr schnell nach dem Start der ersten Pilotsendungen<br />
sprach sich die heute show als<br />
Geheimtip für ambitionierte Fernsehzuschauer<br />
herum. Staunend wurde der Wagemut ausgerechnet<br />
des behäbigen ZDF zur Kenntnis genommen.<br />
Auch die jüngeren Comedy- Zuschauer<br />
schalteten ein. Bald mutierte sie vom Geheimtipp<br />
zu dem, was man gesehen haben musste,<br />
um mitreden zu können. Se riöse Medien<br />
bezogen sich auf gesendete Gags, nicht nur<br />
Comedy-Freunde, sondern auch die politisch<br />
interessierte Öffentlichkeit wurde hellhörig.<br />
Anfangs erreichte die Sendung gut 1,5 Millionen<br />
Zuschauer, in den Jahren 2012 und 2013 schon<br />
im Durchschnitt eine Million mehr, heute stabil<br />
über 3 Millionen. Im Zeitraum dieser Analyse<br />
erreichte das Format Top-Quoten: Am 15. April<br />
2016 schalteten 4,19 Mil lionen Zuschauer ein,<br />
was einen Marktanteil von 17 Prozent bedeutete<br />
(dpa 16.4.2016). Für das ZDF ist sie der Renner<br />
beim jüngeren Publikum und bei den Abrufen<br />
via Mediathek (siehe Kap. 2.4).<br />
In den Jahren 2009 bis 2012 bekam die Sendung<br />
viermal hintereinander den Deutschen<br />
5 Der Autor hatte die Möglichkeit, am 18.4.2016 ein Gespräch mit Oliver Welke zu führen; im Folgenden zitiert als<br />
Gespräch BG/OW.<br />
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