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Quatsch oder Aufklärung?

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Die Anstalt<br />

4.3 Die Anstalt und heute show<br />

im Vergleich<br />

Im Vergleich mit der heute show zeigt sich,<br />

dass Die Anstalt eine völlig andere Art von Fernsehen<br />

ist. Beide Sendungen gehören zum Unterhaltungsprogramm,<br />

beide Sendungen sind<br />

politische Satire. Signalisiert die heute show<br />

jedem Zuschauer: „Jetzt darf gelacht werden!“,<br />

bedeutet Die Anstalt ihm, dass es jetzt ernst<br />

wird. Sie will zwar auch verblüffen, Widersprüche<br />

aufzeigen und mit vergessenen Fakten<br />

überzeugen, aber sie nimmt das Leben nicht<br />

leicht, sondern hat eine Mission. Welke kann<br />

über die Welt lachen, Uthoff und von Wagner<br />

verzweifeln an ihr.<br />

In der heute show gibt es viele Themen,<br />

Die Anstalt ist nahezu monothematisch. In der<br />

heute show geht es Schlag auf Schlag. Gags und<br />

Pointen kommen in hohem Tempo, ein bunter<br />

Reigen aus M<strong>oder</strong>ationen, O-Tönen, Einspielfilmen,<br />

Sketchen entsteht – dazwischen gibt es<br />

auch einmal ein „Erklär-Stück“, damit man den<br />

folgenden Witz versteht. Die heute show ist eine<br />

Nachrichten-Nachlese, Die Anstalt bietet Reflexionen<br />

zu Grundthemen der Gesellschaft an. Sie<br />

lässt sich Zeit. Sie strahlt aus, dass sie sich von<br />

der Oberfläche nicht täuschen lassen will, sondern<br />

Hintergründe ergründen und Verborgenes<br />

enthüllen möchte. Nicht Amüsement und Stilkritik<br />

sind ihr Ziel, sondern moralische Urteile.<br />

In der heute show kann man nebenbei auch<br />

etwas lernen, in der Anstalt wird man belehrt.<br />

Dass es in einem derartigen Kabarett eine Parallele<br />

zu den Politik-Magazinen gibt, ist keine<br />

schlechte Beobachtung des ehemaligen ZDF-<br />

Intendanten. Uthoff und von Wagner ziehen nicht<br />

nur bildlich die Tafel herein. Mit Whiteboard und<br />

Stift werden Zusammenhänge dargestellt und<br />

Verbindungen aufgemalt. In der heute show gibt<br />

es das auch, wenn etwa zum Völkermord der<br />

Deutschen an den Herero referiert wird, aber<br />

eben in der parodistischen Form einer „6. Stunde<br />

Geschi bei Dr. Birte Schneider“.<br />

In der heute show, die als parodistische<br />

Zweitverwertung der Nachrichten geboren<br />

wurde, wird bewusst eine Studioatmosphäre<br />

gepflegt, selbst wenn es zu den „Schalten“<br />

kommt, die erkennbar nicht an Schauplätzen<br />

in der Welt, sondern vor einer Greenscreen<br />

spielen. Die Anstalt dagegen zeigt, dass sie<br />

ein Bühnenprogramm ist. Es herrscht die Anmutung<br />

einer Kabarettaufführung auf einer<br />

Kleinkunstbühne, auf der aber ein relativ geschlossenes<br />

kleines Theaterstück dargeboten<br />

wird. Diese formale Geschlossenheit gelingt<br />

nicht immer. Manche Soli, die in der Regel doppelt<br />

so lang sind wie die Sketche in der heute<br />

show, passen kaum in die vorgegebene Rahmenhandlung.<br />

Im ersten Halbjahr 2016 wirkte<br />

es bei Hazel Brugger, Masud, Alfred Dorfer und<br />

auch bei Arnulf Rating nicht so, als sei es gelungen,<br />

ihren Auftritt einigermaßen ins Gesamtkonzept<br />

einzufügen. Die Anstalt hat einen hohen<br />

Anspruch, bietet aber zugleich viele flache<br />

Witze: Horst Seehofer muss Alimente zahlen<br />

und Angela Merkel ist nur „ein ferngesteuerter<br />

Hosenanzug“.<br />

Auch beim Theatralischen der Sendung ist<br />

Vorsicht geboten. In der heute show sind die<br />

Rollen relativ klar und nachvollziehbar verteilt.<br />

Wenn in der Anstalt zu viel Aufwand mit Pe-<br />

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